Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
Staubwolken, die den Planeten einhüllten. Jetzt, wo sie die Operation beinahe beendet hatten, färbte die Atmosphäre sich immer dunkler. Tahn betrachtete das Schauspiel mit morbider Faszination.
»Captain?« meldete sich Macey. »Eine Nachricht von Bogomil.«
»Auf den Schirm.«
»Aye, Sir.«
Bogomils Gesicht erschien auf dem Frontschirm. »Wie laufen die Dinge, Cole?« Der Offizier zwang sich zu einem Lächeln.
»Ganz wundervoll, Brent«, knurrte Tahn.
»Es … es tut mir leid. Ich weiß, Sie hassen solche Aktionen. Ich wollte mich nur vergewissern, ob es in Ordnung ist, wenn wir den neuen Führer der Gamanten auf Ihr Schiff bringen. Es gefällt ihm hier nicht, und er will auch nichts essen. Vermutlich ist unser Schiff zu eng und überfüllt für einen Siebenjährigen. Er …«
»Sieben?«
»Ja, er heißt Mikael Calas. Offenbar ist er Zadoks Enkel. Ein hartnäckiger kleiner Halunke. Beruft sich ständig auf den Vertrag von Lysomia und besteht auf seinem Recht, eine Audienz bei Slothen zu bekommen.«
»Das ist auch sein Recht – ungeachtet seines Alters. In Ordnung, Brent, schicken Sie ihn zu uns. Wir werden uns um ihn kümmern.«
»Er ist schon unterwegs. Ach, noch etwas, Cole … danke, daß Sie so schnell gekommen sind. Sehr wahrscheinlich haben Sie damit mehr als tausend meiner Männer das Leben gerettet.«
»Nichts zu danken, Brent. Wir haben nur unsere Pflicht getan.«
»Trotzdem danke. Zuverlässigkeit gehört zu den traditionellen Tugenden, die in der Flotte langsam aussterben. Ich bin wirklich froh, daß es auf der Hoyer noch anders ist. Wenn Sie mich jemals brauchen, dann rufen Sie einfach – ich werde kommen.«
»Ich weiß das zu schätzen.« Tahn zögerte. »Wie geht es Garold?«
»Ist im Lazarett. Völliger Zusammenbruch. Er wird aber wieder, sobald wir ihn zur Korrektur ins nächstgelegene neurophysiologische Zentrum gebracht haben.«
Tahns Eingeweide verkrampften sich. »Sicher. Klar. Senden Sie ihm Grüße von mir. Und sagen Sie ihm, ich wüßte, wie er sich fühlt.«
Bogomil runzelte die Stirn. »Ich bin mir nicht sicher, ob das die richtige Art von Aufmunterung ist. Er …«
»Sagen Sie es ihm einfach, verdammt!«
Bogomil schaute ihn mißbilligend an, nickte aber. »Werde ich machen.«
Der Schirm erlosch.
»Sir?« meldete sich Macey zögernd.
»Was ist?«
»Während Sie mit Bogomil gesprochen haben, ist eine Nachricht von Talworth eingetroffen.«
»Und?«
»Auf Horeb ist ein Bürgerkrieg ausgebrochen.«
Tahn schlug mit der geballten Faust auf die Armlehne seines Sitzes.
Halloway stand von ihrem Pult auf, streckte sich wie eine Katze und ging dann zum Aufzug hinüber. Als sie an Tahns Platz vorbeikam, hielt sie an und sagte: »Ich gehe jetzt, um Mikael Calas zu empfangen. Warum kommen Sie nicht mit? Ich glaube, das wäre nur angemessen, wenn man bedenkt, was Sie gerade seinem Planeten angetan haben.«
Tahn erhob sich und folgte ihr in den Aufzug. Als die Tür sich hinter ihnen geschlossen hatte, befahl er: »Deck neunzehn.«
»Fühlen Sie sich jetzt besser?« fragte Halloway.
»Nein.«
»Zu schade. Ich hatte gehofft, wenn Sie erst von der Brücke …«
»Und was sollte dieser rebellische Blick, den Sie mir vorhin zugeworfen haben? Ich könnte Sie dafür vors Kriegsgerichtbringen!«
»Ich wußte nicht, daß dafür jetzt schon ›Blicke‹ ausreichen.«
»Vielleicht leite ich damit einen neuen Trend ein«, meinte er.
Sie unterdrückte ein Lächeln. »Manchmal konnte man Sie fast für menschlich halten. Normalerweise natürlich nicht, aber …«
»Gut.«
Als sich die Tür auf dem neunzehnten Deck öffnete, ließ er sie vorgehen und genoß den Anblick ihrer Bewegungen.
»Was werden Sie tun, wenn die Magistraten befehlen, auch Horeb abzufackeln?« erkundigte sie sich.
»Dann werde ich Horeb abfackeln.«
»Keine Diskussion? Kein Versuch, sie umzustimmen?«
»Ich bin Offizier der magistratischen Flotte, Lieutenant. Ich stelle Befehle nicht in Frage.«
Sie nickte knapp. »Ich verstehe.«
Als sie den Transporterraum betraten, wandte sich ein kleiner Junge mit dunklem Haar zu ihnen um. Sein Gesicht blickte ängstlich, und in seinem weiten braunen Gewand wirkte er erschreckend mager.
Tahn ging vor dem Jungen in die Knie. »Ich bin Captain Tahn«, sagte er leise und sah, wie die Augen des Jungen sich weiteten. Hatte er selbst genauso verängstigt ausgesehen, als Moreno ihn fand? »Du brauchst keine Angst zu haben. Hier wird dir niemand etwas tun, dafür werde ich
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