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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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persönlich erschienen, um ihn abzuholen? Hatte er Amirah dazu gebracht, die Standardprozedur zur Behandlung von Gefangenen durchzuführen?
    Tahn atmete tief ein und setzte eine finstere Miene auf, weil er sich damit besser fühlte. Woloc fuhr unter diesem Blick zusammen. Etwas Eigenartiges leuchtete hinter seinen Augen – Neugier und Angst.
    »Was soll das alles, Lieutenant?« verlangte Cole zu wissen.
    Der Offizier zog seine Pistole, richtete den Lauf auf Tahns breite Brust und entgegnete: »Setzen Sie sich in Bewegung, und gehen Sie voraus, Captain.«
    »Bin schon auf dem Weg.«
    Cole schritt zügig aus. Nur der Lieutenant folgte ihm. Alle Wachen blieben zurück. Tahn warf einen prüfenden Blick in jeden Korridor, an dem sie vorbeikamen, um dort die verborgenen Soldaten zu entdecken, die als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme die Gänge überwachten.
    Als sie den Aufzug erreichten und die Kabine betraten, drückte Woloc auf den Knopf für Deck 2 und schaute Tahn dann durchdringend an.
    Cole fragte im Plauderton: »Wie geht’s Ihrer Crew, Lieutenant? Sind schon Anzeichen von Postinvasions-Desorientierung aufgetreten?«
    Woloc lehnte sich mit den Schultern an die Wand. »Darf ich Sie mal was fragen, Tahn? Was wissen Sie über diese Anfälle? Hat Amirah Sie deswegen rufen lassen?«
    Coles Magen verkrampfte sich. Amirah … »Ja. Wo hält sie sich auf?«
    »In ihrer Kabine. Dorthin sind wir unterwegs.«
    »Und wie geht es ihr?«
    Der Lieutenant schüttelte den Kopf und atmete unglücklich aus. »Ich weiß es nicht. Wir bekommen sie nicht einmal vom Boden hoch.«
    Tahn blickte ihn eindringlich an. Der Mann zitterte am ganzen Körper. Sein Haar war so verschwitzt, daß es ihm am Kopf klebte. »Was hat den Anfall ausgelöst?«
    Ein Ruck ging durch Woloc. »Ich bin nicht befugt, Ihnen davon Mitteilung zu machen. Diese Information unterliegt der …«
    »Ach, Blödsinn, Lieutenant!« fuhr Cole ihn lautstark an. »Sie müssen mir schon etwas in die Hand geben, mit dem ich arbeiten kann. Ich vermag leider nicht …«
    Der Aufzug hielt mit einem federleichten Stoß, und die Tür glitt auf. Cole trat hinaus auf den Gang, und Woloc folgte ihm.
    »Zu welcher Kabine müssen wir?«
    »210.«
    Tahn fing übergangslos an zu laufen und scherte sich nicht länger darum, daß der Lieutenant immer noch die Waffe auf ihn richtete. Er hörte hinter sich die stampfenden Schritte Wolocs. Dann bog er um eine Ecke und rannte den langen weißen Korridor hinunter. Niemand sonst hielt sich hier auf. Hatte der Lieutenant die Umsicht besessen, die Gänge auf diesem Deck räumen zu lassen, damit niemand mitbekommen konnte, wie Captain Tahn Jossels Kabine betrat? Wirklich ein hervorragender junger Offizier. Cole hielt vor dem Raum an und drückte gleich auf den Türöffner.
    Er stürmte hinein und kniete sich sofort vor Amirah hin.
    Sie lag mitten im Zimmer auf dem Boden. Jemand hatte achtlos eine graue Decke über sie geworfen. Woloc kam hinter ihm herein, und die Tür schloß sich.
    Trotz des Halbdunkels konnte der Captain erkennen, daß Amirah unter der Decke nackt war. Er warf einen Blick auf Woloc und entdeckte, daß der junge Mann sich überhastet und nachlässig das Hemd in den Hosenbund geschoben hatte. Der Lieutenant setzte eine abwehrende Miene auf, als ahnte er, welche Gedanken dem Captain durch den Kopf gingen. Dabei dachte Cole an nichts Besonderes, außer vielleicht daran, warum Amirah ausgerechnet nach ihm verlangt hatte, wo sich doch hier ganz in der Nähe jemand befand, dem sie vertraute.
    Cole hockte sich auf den Boden, deckte die Frau richtig zu und hob dann sanft ihren Kopf, um sie in die Arme zu nehmen. Sie lag reglos und schweigend da, und ihr Kopf ruhte an seiner Schulter. Amirah schien am Rand der Erschöpfung zu stehen und ihre gesamte Lebenskraft aufgebraucht zu haben.
    »Amirah? Sprechen Sie zu mir. Sind Sie hier? Oder an einem anderen Ort?«
    So, als könne sie kaum die Energie zu sprechen aufbringen, murmelte Amirah: »Cole, sie haben mich gezwungen, sie zu töten … Slothen war es …«
    »Wen?«
    Ihr Körper zitterte unkontrolliert, und Cole hielt sie fester, preßte sie an seine Brust. »Wen, Amirah?«
    »Großmutter«, hauchte sie kaum vernehmlich.
    Tahn blickte in ihre gehetzten Augen. Sie schien ihn nicht zu erkennen, sondern zurück in die Vergangenheit zu dem schrecklichen Tag vor so vielen Jahren zu schauen, der jetzt für sie nur einen Moment zurücklag. Was mochte ihr heute abend widerfahren sein, daß sie

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