Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
Vom Netzwerk:
vorbei an seltsamen Stauten in unheimlichen Nischen. Sie stockte erst, als ein monströser schwarzer Wirbelwind aus dem Nichts erschien. Er wirkte wie eine gigantische ebenholzschwarze Wunde – wie der Wirbel einer nackten Singularität. Und vor ihr erstreckte sich endlos der weiße Schleier. Ein breiter Fluß aus Feuer zog sich über den Boden und hinderte Carey daran, den Schleier zu erreichen. Eine erstickende Hitze erfüllte den Raum.
    Carey blieb keuchend stehen. Bizarre Bilder schossen durch ihr Gehirn. Licht so hell, daß kein Auge es je schauen konnte; Liebe, die alles andere überragte; ein Abgrund von so trauriger Schwärze und Tiefe, daß nur der Geist Gottes ihn erschaffen konnte – und alles umgeben von einer Ewigkeit, die die Seelen zu einem Muster verwob, das Halloway nicht begreifen konnte.
    Eine freundliche Stimme ertönte aus dem Herz der Dunkelheit: »Hat er dich dazu gebracht, hierher zu gelangen?«
    »Aktariel? Nein, ich bin ehrlich und aus freiem Willen gekommen.«
    »Und zu welchem Zweck?«
    Sie blickte suchend in die Schwärze. »Was hast du meinen Freunden angetan?«
    »Du mußt Aktariel die Schuld daran geben. Seine Verschlagenheit liegt wie giftiger Mehltau über deinem Universum.«
    »Seine Verschlagenheit?« Sie machte sich jetzt noch mehr Sorgen um Cole und Jeremiel. Waren sie bereits tot? Oder mußten sie schreckliche Qualen erleiden? »Bist du der Schöpfer?«
    »Ich bin Alpha und Omega. Der Anfang und das Ende. Der Erschaffer und der Zerstörer.«
    Carey drehte sich ärgerlich um und deutete in den glitzernden, orangefarben leuchtenden Korridor auf den Abgrund Authades. »In diesem Moment sterben meine Freunde, dein Auserwähltes Volk, zu Tausenden, während sie dich um Hilfe anflehen. Tu endlich etwas, um sie zu retten! Wie steht es mit all deinen Versprechungen, ihnen beizustehen? Wer bist du überhaupt, Epagael? Und was bist du? Bist du am Ende Gott?«
    Grelle Funken erleuchteten die Tiefe und den schwarzen Wirbel, um von ihm verschluckt und hinabgesogen zu werden. »Ich bin Alpha und …«
    »Bist du Gott?« schrie Carey ihn an. »Oder irgendeine fremdartige Spezies? Ein Alien, von dem wir noch nichts gehört haben?«
    Epagael zögerte sehr, sehr lange. Halloway wollte schon losstürmen und ihre Fäuste in die amorphe Finsternis schlagen.
    Endlich fragte er: »Was ist ein Alien?«
    Carey erwiderte verdutzt: »Eine fremde Lebensform. Oder eine außerirdische Spezies.«
    »Beides schließt einander aber nicht zwingend aus, oder?«
    Sie legte den Kopf schief. »Was soll das denn nun schon wieder heißen? Bist du das einzige Wesen deiner Art? Oder bist du einer von vielen Göttern? Gibt es einen Schöpfer, der über dir steht – über allen Göttern steht? Hat jemand dich erschaffen?«
    »Ich bin der, der nicht geboren wurde.«
    »Währst du ewiglich?«
    »Nur der Schatz währt ewig.«
    Der Schatz?
    Carey schaute sich verwirrt um. Die Wände des siebenten Kristallpalastes überzogen sich mit wirbelnden schimmernden Farben, als wären sie plötzlich zum Leben erwacht und erwarteten ungeduldig die endgültige Antwort. »Was ist denn der Schatz?«
    »Die Grundlage von allem.«
    »Dich eingeschlossen?«
    Wieder eine längere Schweigepause, so als müsse er ernsthaft darüber nachdenken. »Ist reine Energie die Grundlage deiner Persönlichkeit, Carey Halloway?«
    »Ja, letztendlich schon.«
    »So verhält es sich mit allem.«
    Carey begriff jetzt, was er meinte, und sie setzte eine grüblerische Miene auf. Vor gut einem Dutzend Jahren hatte auf Horeb ein sonderbarer Prophet mit Namen Adom Kemar Tartarus etwas Ähnliches gepredigt. Sie erinnerte sich, oft und lange mit Jeremiel darüber diskutiert zu haben.
    Tartarus hatte die Ansicht vertreten, daß das Konzept einer ewigen Seele – im Sinne einer abgesonderten Persönlichkeit eines Lebewesens – eine ebenso drollige wie der reinen Phantasie entsprungene Vorstellung sei. Nur Energie könne ewig existieren. Er hatte weiterhin die Ansicht vertreten, das individuelle Bewußtsein habe eine epiphänomenale Grundlage, oder, anders ausgedrückt, es entstehe durch die Interaktion der chemophysikalischen Prozesse im Gehirn. Die alten gläubigen Gamanten hatten Tartarus stets beschuldigt, von Aktariel beeinflußt zu sein.
    Und vielleicht stimmte das ja.
    Carey blickte vorsichtig in den Wirbel. Möglicherweise war Gottes Seele auch nicht mehr als das makrokosmische Beispiel einer menschlichen Seele und genauso beschaffen wie diese.
    »Epagael!«

Weitere Kostenlose Bücher