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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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noch nie gesehen hatte. »Man nennt mich Caius Nathanaeus den Älteren. Und wer bist du?«
    »Nathanaeus …«, wiederholte der alte Mann langsam, und plötzlich leuchteten seine Augen auf. »Ich heiße Yosef Calas, und dies hier ist mein Freund, Ari Funk. Und diese beiden hier«, er drehte sich um und zeigte auf den Mann und die Frau, die die Menge hierher geführt hatten, »sind Mikael und Sybil Calas, meine Großnichte und mein Neffe.«
    Mikael trat vor und näherte sich zögernd Nathan. Seine Halsschlagadern pochten. Hatte der Fremde Angst? Aber wovor denn? fragte sich Nathan. Diese Wesen hatten nichts vom Volk Yisroel zu befürchten. Wahrscheinlich konnten ihnen nicht einmal die Römer etwas anhaben.
    Er verbeugte sich und sagte: »Mikael, ich fühle mich sehr geehrt …«
    Der junge Mann legte ihm eine Hand auf die Schulter und blickte ihm offen ins Gesicht.
    »Nathan …«, flüsterte er und umarmte ihn dann. Zuerst war Nathan diese Berührung unangenehm, dann aber spürte er so viel Wärme, daß er den jungen Mann ebenfalls in die Arme schloß. Er bemerkte Sybil, der Tränen in den Augen standen, und lächelte sie an.
    Sie kam zu ihm, und er drückte sie ebenfalls an sich. Nathan schaute die Engel fragend an, als erwarte er eine Erklärung von ihnen. Doch der Körperkontakt mit diesen beiden Fremden schien eine Lücke in seiner Seele zu füllen, die ihm schon seit langem schmerzlich bewußt gewesen war.
    So standen die drei da, doch als Sybil als erste ihre Sprache wiederzufinden schien, lief der männliche Engel los und rief etwas, das wie »Baruch! Carey!« klang.
    Nathan sah, wie er auf ein Paar zueilte, das den Hügel heraufkam, und ein Gefühl der Freude, das er sich nicht erklären konnte, breitete sich in ihm aus.
    Am dunkler werdenden Himmel bohrten sich silberne Dolche wie Feuerschweife durch die Wolken. Nathan keuchte. »Mikael, was ist das?«
    Die Engel stießen laute Freudenschreie aus, und alle rissen die Arme hoch und hüpften und sprangen. »Sie haben es geschafft! Baruch, das ist die Orphica!«

 
KAPITEL 62
     
     
    Der Archistrategos Michael stand neben Zadok und blickte über den kochenden Feuerstrom in die Dunkelheit Gottes. Ein bedrohliches Beben hatte die Himmel erschüttert, und Cherubim, Seraphim und all die anderen Engel strömten in den Siebenten Kristallpalast, um Trost und Führung zu erfahren.
    In dichten Trauben drängten sich die Himmelsbewohner an den Wänden und wagten kaum zu atmen. Michael warf Zadok einen vorsichtigen Blick zu. Der alte Patriarch stand erhobenen Hauptes da und hatte die Fäuste in die Seiten gestemmt.
    Michael bedauerte ihn. Die Menschen hatten es noch nie verstehen können.
    »Was geht hier vor?« flüsterte Zadok.
    Michael verzog das Gesicht. Von allen Engeln stand er Epagael am nächsten und konnte Gottes eigene Gedanken erahnen. »Schmerz. Sie bekämpfen einander. Es geht um die Herrschaft.«
    »Wer kämpft gegeneinander?«
    »Der Androgyne Aktariel, Rachel und Epagael.«
    Michael schrie vor Schmerz auf und keuchte. Epagaels eigentliche Essenz verkrampfte sich vor Pein. Michael fiel auf die Knie, als er es nicht länger ertragen konnte.
    »Was fühlst du?« drängte der Patriarch ihn und kniete neben ihm nieder.
    »Ungläubigkeit. Epagael hätte es nie für möglich gehalten, daß Aktariel ihn wirklich herausfordern würde … Und ich spüre Schuld für all das Leiden. Er kennt sie jetzt. Sie windet sich in ihm wie ungezählte giftige Schlangen.«
    Der Engel hielt sich den Leib und schaukelte vor und zurück. Ja, die Schuld sitzt so tief, daß sie die furchtbare Dunkle Seite der Schöpfung auf ihren Schwingen mit sich trägt.
    Plötzlich riß Michael die Augen auf und starrte in den Wirbel. Dort verbanden sich Sterne zu flammend hellen Punkten, um dann ein letztes Mal aufzuflackern und zu vergehen. Galaxien drehten sich in neuen verwirrenden Mustern, und Universen webten Träume, um sie einen Moment später zu zerreißen und alle Hoffnung zunichte zu machen. Glorie und Majestät waren dort zu erblicken, und darunter tiefste Bitternis.
    Der Engel wußte jetzt, was sich tat. Aktariel hatte Epagael gezwungen, Seine ewigen Augen zu öffnen und sich anzuschauen, was von den Universen geblieben war.
    Und Er sah sie zum erstenmal nackt und erkannte, was sie in Wahrheit waren:
    Idole.
    Hohl und leer.
    Epagael begriff unter unsäglichen Qualen, daß sein unsterbliches Bewußtsein auf diesen Bildern errichtet worden war. Genauso wie Aaron einst dem goldenen Kalb

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