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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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siehst du, das war doch gar nicht so schwer.« Er warf einen Blick über die Schulter. »Peron? Hark? Bitte bindet Ruth los. Bringt sie in meine Privatgemächer.«
    Entsetzen zeichnete sich auf dem Gesicht des Mädchens ab. Ornias strich ihr beruhigend über die Wange. »Mach dir keine Sorgen«, flüsterte er sanft. »Man wird sich gut um dich kümmern. Heute abend sehen wir uns wieder.«
    Das Mädchen fiel in Perons Arme, als dieser die Fesseln löste. Ihre Arme, die einen ganzen Tag lang hoch über ihrem Kopf angekettet gewesen waren, sanken wie leblos herab. Sie wimmerte leise, während Peron sie hinaustrug.
    »Nun?« wandte sich Ornias mit milder Stimme an die übrigen Gefangenen. »Wer von euch möchte denn gern weiterleben? Sicher gibt es doch einen unter euch, der eine Vermutung über die Identität eures kleinen Erlösers hegt. Welchen Namen könnt ihr mir nennen?«
    Keiner der Rebellen antwortete. Die einen starrten zur Decke empor, die anderen hatten die Augen geschlossen.
    »Den Namen?«
    Leiser Gesang setzte ein, ein altes, machtvolles Lied, dessen Worte Ornias unbekannt waren: Adoneinu Malkenu yarum hodo, Adoneinu Malkenu yarum hodo … Einer nach dem anderen nahmen die Rebellen den Gesang auf, und ihre Stimmen wurden immer kräftiger, bis das Lied von den Wänden widerhallte.
    »Wer ist dieses Kind?« brüllte Ornias mit aller Kraft, doch seine Stimme wurde vom Gesang der Rebellen übertönt. »Ich muß dieses Kind finden!«
    Wütend stapfte Ornias zum Ausgang. Als er nach der Tür griff, endete der Gesang, und eine bedrückende Stille senkte sich über den Raum. Die Rebellen beobachteten ihn mit teuflisch glitzernden Augen. Ornias hielt inne und schüttelte verärgert die Faust.
    Horner grinste wie ein Jagdhund.
    Ornias ließ seinen Blick abschätzig über die Gefangenen streichen. Dann machte er eine ungeduldige Handbewegung. »Tötet diese kleinen gamantischen Dreckskerle«, befahl er, während er durch die Tür schritt und auf den langen weißen Gang hinaustrat.

 
KAPITEL 7
     
     
    Sybil strich sich die braunen Locken über die Schulter zurück und legte den Kopf auf Mikaels nackte, schwarzbehaarte Brust. Er streichelte sie sanft, während er sie mit seinen braunen Augen betrachtete. Mikael hatte schwarzes Haar und einen Vollbart von gleicher Farbe, der ein Gesicht mit hohen Wangenknochen, vollen Lippen und einer gebogenen Nase umrahmte. Er war erschöpft und voller Trauer von seinem militärischen Einsatz zurückgekehrt – sie hatten die Hälfte seines Teams verloren, darunter auch Sira, die zu ihren engsten Freunden gehört hatte.
    Sybil hatte stundenlang zugehört, als er über das Debakel berichtete und davon, daß Ornias offenbar seine Anstrengungen verstärkt hatte, um sie aus den polaren Kammern zu vertreiben. Und schließlich war er verstummt, entmutigter, als Sybil ihn je erlebt hatte. Der Gouverneur hatte jeden einzelnen von den Hunderten von Ein- und Ausgängen des Bienenstocks ausgekundschaftet und ließ sie jetzt schwer bewachen. Zum erstenmal seit zehn Jahren war es ihm gelungen, sie in den unterirdischen Räumen festzunageln – zumindest glaubte er das. Zudem hatte Ornias keine Ahnung vom Umfang der hier gelagerten Lebensmittel und anderer Hilfsgüter, und vor allem besaß er nicht die geringste Vorstellung von den Ausmaßen des unterirdischen Labyrinths. Es gab noch andere Wege hinaus. Sie waren alt und verborgen, aber sie existierten und würden sich finden lassen. Und selbst wenn es Ornias gelingen sollte, den menschlichen Kordon zu durchdringen, der die Tiefen der polaren Kammern schützte, dürfte es ihm schwerfallen, die Bewohner ausfindig zu machen, die wie Ratten durch die engen Gänge huschten.
    Sybil betrachtete mit leerem Blick die flackernde Kerze auf dem Nachttisch, die einen goldenen Schimmer über den prächtig ausgestatteten Raum warf. Das sechseckige Zimmer war geräumig und mit herrlichen Teppichen geschmückt, die Boden und Wände bedeckten. Ein großer Schreibtisch und mehrere kleine Tische und Kommoden standen längs der Wände, und kleine Nischen boten Platz für Kristallvasen und alte, gebundene Bücher.
    Sie hatten diesen Raum auf Ebene vierzig erst vor einigen Monaten entdeckt. Als Mikael erfuhr, daß Sybil schwanger war, hatte er sich auf die Suche nach einem möglichst abgelegenen Zimmer gemacht, um sie dort sicher untergebracht zu wissen. An jenem Tag, an dem sie das Schloß aufgebrochen und den Raum 231 zum erstenmal betreten hatten, waren ihnen

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