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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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Immer schön geradeaus, bis Sie zu der Spalte auf der linken Seite kommen. Aber seien Sie vorsichtig. Dort ist es so eng, daß man kaum genug Platz zum Kriechen findet. Jetzt aber vorwärts! Ich vermute, Gouverneur Ornias oder einer seiner Gefolgsleute hat mittlerweile die Toten entdeckt, die wir zurücklassen mußten.«
    Amirah glitt in den Felsspalt wie eine Schlange ins Rattenloch und kroch weiter. Alle paar Minuten gab der Mann ihr einen Hinweis, wenn sie irgendwo abbiegen mußten. Die Felswände rückten immer näher und näher, bis Amirah kaum noch genug Platz zum Atmen hatte und klaustrophobische Ängste in ihr erwachten.
    »Wie weit müssen wir noch?« fragte sie. »Sehr lange halte ich das nicht mehr aus.«
    »Dann sind wir schon zu zweit. Orte wie dieser erinnern mich immer an Käfige – obwohl ich soliden Fels jederzeit einem Lichtgitter vorziehen würde. Aber wir sind schon fast da. Nur noch ein paar Minuten.«
    Amirah zwang ihren erschöpften Körper weiter. Lichtgitter? Der Mann war früher einmal gefangengenommen worden? Von wem? Und warum kam er ihr so bekannt vor? Selbst seine Stimme erschien ihr irgendwie vertraut.
    Nachdem sie weitere fünfzehn Minuten durch den Staub gekrochen und dabei einige Hustenkrämpfe erlitten hatte, weitete sich der Felsspalt, und ihr Kopf ragte plötzlich in einen rautenförmigen Gang hinaus. Augenblicklich erkannte Amirah ihre Chance. Sie trat mit aller Kraft nach hinten aus und traf ihren Bewacher an den Schultern. Er schrie wütend auf, als sie in den Korridor hechtete und blindlings in die Dunkelheit rannte. Plötzlich leuchtete die Taschenlampe des Mannes auf, und in ihrem Schein entdeckte Amirah einen weiteren Tunnel, der nach rechts führte. Ohne lange zu überlegen, huschte sie hinein.
    »Captain!« hallte die verärgerte Stimme des Mannes hinter Amirah her. Sie hörte deutlich das Geräusch seiner Stiefel, als er ihr folgte.
    Dann erlosch die Taschenlampe, und auch die Schritte verstummten. Eine betäubende Stille erfüllte die Gänge.
    Amirah tastete sich an der Wand entlang und spürte auf diese Weise eine weitere Abzweigung auf. Sie bog um die Ecke und mühte sich, ohne das geringste Geräusch weiterzugehen. Scheinbar eine Ewigkeit lang setzte sie einen Fuß vor den anderen und lauschte dabei angestrengt in die Dunkelheit. Einmal lief sie dabei in ein ekliges Spinnennetz, das sich ihr über Gesicht und Hals legte. Hastig wischte sie die Fäden ab. Offenbar führten von diesem Korridor keine weiteren Quergänge ab, und allmählich geriet sie in Panik. Er hat die erste Abbiegung gesehen, die du genommen hast. Und wahrscheinlich gehört, wie du kurz darauf abermals abgebogen bist. Wahrscheinlich befindet er sich jetzt auch in diesem Gang.
    Sie blieb stehen.
    Ein kühler Windhauch strich durch den Tunnel. Doch so sehr sie sich auch anstrengte, sie hörte nicht das leiseste Geräusch. Wo bist du? Was willst du von mir? Sie holte tief Luft. Nichts von alledem ergab einen Sinn! Weshalb wollte man sie gefangennehmen? Steckte irgendein obskurer gamantischer Plan dahinter, mit dem man Mikael Calas’ Sicherheit erkaufen wollte? War ein Tauschhandel vorgesehen?
    Amirah lehnte den Kopf gegen die Wand und atmete lautlos aus. Ihr Überleben hing davon ab, daß sie ihren Verfolger sah, bevor er sie entdeckte – oder, angesichts der Dunkelheit, hörte. Selbst jetzt, nach zwölf Jahren, hatte sie noch deutlich die Stimme ihres Akademiedozenten für Geheimoperationen im Ohr: »Gehen Sie immer davon aus, daß Ihre Gegner nur auf Ihren ersten Schritt lauern. Also halten Sie sich zurück. Entmutigen Sie den Feind. Machen Sie ihn ungeduldig. Bringen Sie ihn dazu, selbst zu agieren. Und dann …«
    Sie vernahm ein schwaches, fast unhörbares Atemgeräusch – oder war es nur der Wind, der unaufhörlich durch den Korridor strich? Es war ein leises Zischen, fast wie das einer …
    Schlange! Dunkel. Dunkel! Ein enger Gang. Rauch. Sie konnte ihn riechen!
    »Amirah«, jammerte ihre Großmutter. »Laß nicht zu, daß sie dir das antun! Erinnere dich daran, wer du bist! Du darfst nicht nur eine Schachfigur sein!«
    Bewegung. Vage, heimtückisch.
    Das allesverschlingende Ungeheuer der Finsternis kroch näher, wie ein gewaltiger schwarzer Schatten, dunkler als die Finsternis selbst.
    Amirah schrie heiser auf und stürmte wie eine Verrückte durch die steinernen Gänge. Wo war ihre Großmutter? Was ging hier vor? Großmutter war doch stets bei ihr, wenn die Schlange …
    »Captain!« rief

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