Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb
Ich bin sicher, wir werden uns in den nächsten Tagen eine Menge zu erzählen haben. Wir könnten beispielsweise mit der magistratischen Politik gegenüber den Gamanten beginnen.«
Amirah wischte sich den Schweiß aus der Stirn. »Davon bin ich noch keineswegs überzeugt.«
Tahn streckte die Hand aus, zog das Funkgerät aus Amirahs Gürtel und reichte es ihr. »Bevor wir mit unserer Plauderei beginnen, sollte Sie erst einmal Ihr Schiff anrufen. Teilen Sie Ihren Leute mit, daß Sie als Geisel festgehalten werden.«
Amirah beobachtete, wie Cole sein eigenes Funkgerät hervorzog und einen ungewöhnlichen Zerhackercode eingab. Zu welchem Zweck? Damit die Sargonid ihre Position nicht anpeilen konnte? Oder verzerrte er die Frequenzen derart, daß es so aussah, als käme die Sendung von einem anderen, weit entfernten Ort?
»Nein, das werde ich nicht machen, Tahn.«
Cole trat einen Schritt zurück, lehnte sich schwer gegen die Wand und atmete ein paarmal tief durch. Zweifellos hatte der Kampf im Stollen seiner Verletzung nicht gerade gut getan.
Amirah blickte ihn ein paar Sekunden lang schweigend an. Schließlich fragte sie: »Was kann ich Ihnen nützen, wenn der Untergrund Horeb angreifen will? Mein Schiff wird ohne mich genauso gut kämpfen.«
»Sogar besser, würde ich sagen. Schalten Sie jetzt Ihr Funkgerät ein, Captain. Was Sie durchgeben sollen, ist ganz simpel: Werde von terroristischen Streitkräften als Geisel festgehalten. Die Bedingungen für meine Freilassung werden zu einem späteren Zeitpunkt übermittelt. Haben Sie verstanden?«
Amirah machte keine Anstalten, das Gerät zu benutzen. »Ich bin der dickköpfige Typ. Sie werden mich wohl töten müssen.«
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich lieber darauf verzichten.« Tahn streckte die Hand aus und forderte das Funkgerät zurück. Amirah schleuderte es ihm entgegen in der Hoffnung, ihn dadurch lange genug abzulenken, um einen Angriff starten zu können, doch Tahn unternahm gar nicht erst den Versuch, es aufzufangen. Das Gerät flog an ihm vorbei und landete klappernd auf dem Boden.
»Sie sind wirklich nicht besonders umgänglich«, meinte Cole, ging die paar Schritte zum Funkgerät hinüber, hockte sich hin und tippte eine Amirah unbekannte Sequenz ein. »Es wäre mir lieber gewesen, man hätte an Bord Ihre Stimme gehört, aber das hier wird auch reichen.«
Amirah schaute zu, wie er die Nachricht sendete. Zorn und Wut stiegen in ihr auf. »Das ist doch lächerlich! Mein Stellvertreter wird den gesamten Planeten absuchen …«
»Jason Woloc, nicht wahr? Ich bin sicher, er würde notfalls den halben Sektor in die Luft jagen, um Sie zurückzuholen. Zumindest hoffe ich das.«
Amirah trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Tahn hatte so geklungen, als vermute er eine besondere Beziehung zwischen ihr und Jason. »Worauf wollen Sie hinaus, Tahn?«
»Woloc liebt Sie doch, oder nicht? In den vergangenen zwei Jahren hat er viermal um Versetzung gebeten. Ich bewundere die Formulierung seines letzten Versuchs: ›Captain Jossel ist eine Offizierin von überragenden Fähigkeiten; allerdings ist es mir unmöglich, mich in ihrer Gegenwart auf meine Arbeit zu konzentrieren.‹«
Amirah unterdrückte mühsam das Verlangen, wütend loszubrüllen. »Wie können Sie …«
»Sie sind eine sehr attraktive Frau, Captain. Ich wette, der Dienst auf der Sargonid beschert Woloc regelrechte Höllenqualen. Ihnen jeden Tag nahe zu sein und Sie doch nicht berühren zu können, muß für ihn unerträglich sein. Weshalb haben Sie seinem Versetzungsgesuch nicht stattgegeben?«
Amirah lehnte sich langsam gegen die Wand. Genau diese Frage hatte sie sich auch schon sehr, sehr oft gestellt.
KAPITEL 14
Sybil spürte, wie ihr Bewußtsein langsam zurückkehrte, und konzentrierte sich ganz auf die noch schwachen Sinneseindrücke, die sie wahrnahm. Es roch stechend nach antiseptischen Flüssigkeiten – vermischt mit dem kupferähnlichen Geruch frischen Blutes. Leise Stimmen waren zu hören. Über ihrem Kopf flackerte eine warme, golden schimmernde Flamme.
»Was ist passiert?« fragte eine vage vertraut klingende Stimme. Doktor Plutonius.
Mikaels Stimme antwortete. »Unser Angriff ist schiefgelaufen. Wir sind in einen Hinterhalt geraten und wurden bis in die Höhlen hinein verfolgt. Ausgerechnet heute hatten sie Truppenverstärkungen bekommen.«
Sybil versuchte, zu Mikael zu sprechen, doch ihre Stimme gehorchte ihr nicht. Das Skalpell des Arztes funkelte hell
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