Die Gang: Roman (German Edition)
Tanya derart über seinen Körper schob.
Tanya war nun fast draußen. Sie verharrte einen Moment, sank auf Samson nieder, küsste seine Lippen und flüsterte: »Danke, Samuel.«
Alle nannten ihn jetzt Samuel, hatte Jeremy bemerkt. Als wäre es jetzt nicht mehr richtig, seinen Spitznamen zu benutzen.
Tanya erhob sich. Sie kniete sich auf Samsons Brust, beinahe auf seine Schultern, und streckte die Arme aus. Jeremy stellte die Kerze auf den Boden. Er packte ihre Handgelenke und zog, als sie sprang.
Zusammen stolperten sie rückwärts vom Fass weg.
Dann hockten sie sich nieder, um das Fass für Liz festzuhalten. Es schaukelte wieder hin und her, trug Samsons Körper von einer Seite zur anderen. Aber trotz der Bewegung rutschte er nicht weg.
Robin drückte sich zitternd an die Sitzlehne und beobachtete, wie der Troll langsam auf dem Rahmen des Riesenrades entlangrutschte.
Er war fast nahe genug, um sie zu erreichen.
Sie betete darum, dass er fiel.
Aber obwohl er sich vorsichtig bewegte, schien er keine Angst vorm Fallen zu haben. Seine Beine umklammerten die Metallschiene, die Hände glitten vorwärts, zogen sich näher an sie heran. Er blickte nie auf seine Hände hinab, sein eines Auge starrte weiterhin nur Robin an. Sie hatte daran gedacht, zu fliehen. Sie hatte ihm sogar für Augenblicke den Rücken zugekehrt, vorne an der Gondel heruntergeblickt und versucht, ihre Chancen einzuschätzen, die Sicherheit der nächsten Gondel zu erreichen.
Sie war etwa zweieinhalb Meter unter ihr, aber nicht direkt, sondern schräg. Zu weit weg, um einen Sprung auf den Sitz zu riskieren. Höchstwahrscheinlich würde sie ihn verfehlen und daran vorbeifallen. Sie hätte vielleicht auch auf dem Rahmen des Rades hinunterklettern können, aber selbst das war ein zu großes Risiko.
Mach dir nichts vor, dachte sie, du bist ein Feigling. Sie hatte zu lange da draußen gehangen, nur von ihren Händen gehalten.
Außerdem wäre es nur eine kurzfristige Lösung gewesen, die tiefere Gondel zu erreichen.
Und sie wäre damit näher an den dritten Troll gekommen, der immer noch ziemlich weit unten herumkletterte.
Wenn sie nicht bereit war, den ganzen Weg nach unten zu klettern …
Auf keinen Fall.
Dann bleibe ich lieber hier.
Aber jetzt, wo der einäugige Troll auf Armlänge herangekommen war, fragte sie sich, ob sie die richtige Wahl getroffen hatte.
»Komm nicht näher«, sagte sie. »Ich werfe dich runter, verflucht noch mal.«
Er grinste.
Robin griff hinunter zum Sitz. Dort lagen die Handschellen, in Höhe ihrer Knie. Sie packte eines der Armbänder.
»Ich warne dich«, sagte sie.
»Ich zittere.«
Als die linke Hand des Trolls nach dem Gondelsitz griff, hielt sie sich an der Lehne fest und warf sich zur Seite. Er beugte sich zu ihr hin, und die Gondel begann, unter seinem Gewicht zu schaukeln. Bevor er nach vorn schnellen und neben sie springen konnte, griff sie nach seinem Handgelenk. Sie riss seine Finger von der Lehne los, hob ihre andere Hand und schlug nach ihm. Das lockere Handschellenarmband am Ende der kurzen Kette traf ihn ins Gesicht. Der Schlag riss seinen Kopf zur Seite. Er öffnete den Mund zu einem stummen Schmerzensschrei. Robin drehte sich kniend, zog sein Handgelenk an ihrem Körper vorbei, zerrte ihn von der Metallschiene des Rahmens weg und ließ los.
Der Troll kreischte voller Angst auf.
Seine rechte Hand griff nach der Lehne der Gondel. Die linke Hand griff in die Luft. Bevor sie Halt finden konnte, bog Robin seine Finger von der Kante der Lehne weg.
Er stürzte mit einem gellenden Schrei ab.
Joan war von dem Blutbad in dem dunklen Raum entsetzt und angeekelt gewesen, betäubt von der Sorge um Debbie, aber nur wenig verängstigt.
Aber das hier flößte ihr Angst ein.
Ein Mann, der an den Füßen mitten im Flur hing. Er wartete auf sie.
Eine eiskalte Schlange schien durch ihre Gedärme zu kriechen. Kälte kroch ihren Rücken hinauf, Gänsehaut über ihre Arme und Beine, ihr Gesicht und ihren Nacken. Ihre Brustwarzen zogen sich schmerzhaft zusammen. Unter der Strickmütze begann ihre Kopfhaut zu kribbeln.
Sie blieb stehen und starrte den Mann an.
Was macht er hier?
Er bewegte sich nicht.
Er wartete einfach nur, hing dort im Schatten, wurde nicht ganz vom Licht der wenigen Kerzen an den Wänden erreicht. Etwas an seinem Umriss ließ Joan erraten, dass er nackt war. Und irgendetwas an diesem Umriss stimmte nicht.
Sie hob den Revolver, zielte und ging näher heran.
»Wie sieht es da vorn aus?«,
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