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Die Gassen von Marseille

Die Gassen von Marseille

Titel: Die Gassen von Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilles Del Pappas
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drapiert ihre Serviette kokett wie einen Chiton und deklamiert:
    »Nichts ist schöner, nichts ist besser als ein solches Schwingenpaar!
    Denkt: es hätte einer Flügel unter eurer Hörerschar
    Und bekäme plötzlich Hunger, weil das Schauspiel gar zu lang:
    Nun, der flöge flugs nach Hause, frühstückt dorten ohne Zwang,
    und mit vollem Bauche käm’ er grade recht zum nächsten Akt. «
     
    Überrascht und bezaubert von ihrer Schlagfertigkeit und ihrer Bildung klatsche ich Beifall. Aber sie ist noch nicht fertig … Stocksteif zieht sie meinen Stuhl zurück und verbeugt sich tief zur Begrüßung.
    »Wenn Sie Platz nehmen wollen, Monsieur. Was darf ich Ihnen an diesem wunderbaren Tag servieren?«
    »Ach, da vertraue ich ganz auf den Koch … Was steht denn heute auf der Speisekarte?«
    »Nichts weniger als ein Meisterwerk … wie es die Handwerksmeister und wandernden Gesellen verstanden. Ein wahres Meisterwerk! Monsieur wird sicherlich zufrieden sein. Monsieur wird begeistert sein! Darauf kann sich Monsieur verlassen …«
    Sie bringt eine gläserne Salatschüssel mit grünem Salat, Fenchel und Sellerie nach draußen. Lecker! Das Essen ist köstlich, einfach perfekt.
    Als Hauptgang hat sie uns ein Cassoulet gezaubert, eine Leistung in dieser kurzen Zeit. Es ist sehr gut, irgendwie ungewöhnlich. Ich weiß nicht, warum, aber es schmeckt anders als sonst.
    »Das liegt am frischen Salbei«, erklärt sie, »und am Krokus, Familie der Iridaceae, gemeinhin Safran genannt … Jawohl, man gibt beim Kochen Safran zu den Bohnen.«
    Ausgezeichnet! Ich lehne ihr Angebot ab, mir noch einen Nachschlag zu geben.
    »Uff, wenn ich noch mehr esse, platze ich. Das Gericht ist ziemlich sättigend … Das muss am Safran liegen. Wie kommt es, dass eine so gute Köchin wie Sie nicht verheiratet ist?«
    Ein Schatten verdunkelt ihr Gesicht, aber er ist rasch wieder verflogen. Als sie sich gefangen hat, antwortet sie mit gespielter Heiterkeit: »Um die Wahrheit zu sagen, kann ich nur ein einziges Gericht, nämlich Cassoulet … Und das ist doch etwas wenig, um ein ganzes Leben in zärtlicher Liebe miteinander zu verbringen, finden Sie nicht? Davon abgesehen fühle ich mich noch zu jung dafür, ich habe noch nicht genug erlebt … Ich will im Moment andere schöne Dinge kennenlernen als die Freuden des Ehelebens …«
    Eheleben! Mit diesem Wirbelwind … klar, sie ist hinreißend, aber gleichzeitig auch eine Meisterin der Kampfkunst!
    Ich behalte meine Gedanken lieber für mich, denn nach diesem Essen habe ich keine Lust auf eine Runde Catchen … Der Käse ist so, wie er sein sollte. Kleine, trockene Ziegenkäsestücke, die ganz leicht nach Seife schmecken.
    Es läutet an der Tür. Claudia wird wieder zum Bullen. Sie nimmt eine vernickelte Kanone aus einer Schublade und erkundigt sich über die Gegensprechanlage, wer da ist … Es ist der Bote, der meine Sachen bringt, ein junger Polizist in Uniform. Sie macht auf. Die beiden kennen sich, und sie neckt ihn ein wenig.
    »Na, Justin, immer noch in meine Freundin verliebt …?«
    Der schüchterne Knabe läuft unter dem spöttischen Blick meiner Gastgeberin puterrot an.
    »Guten Tag. Hat Kommissar Mateis Sie geschickt?«, begrüße ich ihn.
    »Ja, ich bringe die Fotos. Hier sind schon mal zwei Kartons, die anderen habe ich noch im Transporter, zusammen mit Ihren Sachen.«
    »Soll ich Ihnen helfen?«
    Claudia legt eine Hand auf meinen Arm. Ich war schon halb aufgestanden.
    »Nein, Constantin, Sie rühren sich nicht vom Fleck. Das wäre zu gefährlich … Der hübsche Rotschopf hier wird Ihnen alles reinbringen!«
    Ich zucke mit den Schultern.
    »Tut mir leid, die Chefin hat gesprochen …«
    »Danke«, entgegnet der Junge freundlich, »aber das ist mein Job.«
    Fünf Minuten später ist er wieder da und trägt die Kartons ins Gartenhäuschen. Ich ordne sie in der richtigen Reihenfolge.
    »Brauchen Sie Hilfe, Constantin?«
    »Nein.«
    Justin verabschiedet sich. Er wird schon wieder rot, als er Claudias hübsche Hand ergreift.
    »Sind Sie sicher, dass er in Ihre Freundin verknallt ist?«
    Sie lacht fröhlich.
    »Sie haben es also gemerkt? Sobald ich mit ihm rede … puff … schon wird er feuerrot.«
    Die girelle ist auch noch stolz darauf.
    »Es zeugt aber nicht gerade von christlicher Nächstenliebe, ihn so auf Trab zu halten. Ich finde, es sollte auch mal umgekehrt sein. Dass die Mädchen hinter den Jungs herlaufen und dass sie knallrot werden, wenn ein Kerl auf sie zukommt.«
    »Stimmt, das

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