Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gassen von Marseille

Die Gassen von Marseille

Titel: Die Gassen von Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilles Del Pappas
Vom Netzwerk:
Und ich hab auch noch für Sie gekocht, bin ich denn total bescheuert? Monsieur hat kein Vertrauen zu Frauen. Monsieur ist ein Macho … Idiot … Mistkerl …«
    Während ihres Monologs betrachte ich den Topf, in dem das Essen vor sich hin köchelt, und ich weiß ganz genau … Wenn ich die Soße nicht gleich rette, ist sie innerhalb der nächsten Sekunden reif für die Tonne, und ich habe Pech gehabt. Ich finde es ja selbst ekelhaft, dass ich in diesem Moment an meinen Magen denke … Natürlich verstehe ich, was sie so ärgert. Ich habe Philippe zuerst erzählt, was Roger mir gesteckt hat. Sie ist beleidigt. Es war falsch, ich weiß, aber ich habe einfach nicht an sie gedacht! Und das stimmt! Dabei hat sie mir doch bewiesen, dass sie ein Profi ist …
    Ich bin ein ungehobelter Klotz!
    Vorsichtig greife ich nach ihrem Arm, um den fließenden, tosenden Sturzbach aufzuhalten.
    Und wupp!
    Ich glaube, das heißt Judo!
    Auf wundersame Weise fliege ich über ihre Schulter und finde mich auf der Matte wieder. Genauer gesagt, auf dem Sofa. Sie hat mich eiskalt erwischt, und ich bin groggy. Ich muss ein ziemlich lächerliches Bild abgeben, wie ich da liege, die Hände über den Hoden verkreuzt … Sie lacht, der reinste Lachkrampf. Ich verziehe das Gesicht.
    »Au, verdammt, Sie haben mir den Arm abgerissen.«
    Sie lacht so sehr, dass sie völlig entkräftet zu Boden sinkt. Brüllend vor Lachen rollt sie über den Teppich. Schließlich beruhigt sie sich wieder, und die Lachtränen verwandeln sich langsam in bitteres Weinen. Wie das Meer, wenn die Ebbe zu tosen beginnt. Ich bin total vor den Kopf gestoßen von dieser Wendung der Ereignisse. Sie bricht völlig zusammen und weint wie ein kleines Mädchen. Das sind sicher die Nachwirkungen … Ich verachte mich immer mehr, denn in meinem Gehirn, an der Stelle, wo die zahlreichen Geschmacksnerven versammelt sind, schrillt immer noch eine Alarmglocke.
    »Das Essen brennt an, das Essen brennt an, das Essen …«
    Ich gehe auf sie zu. Behutsam lege ich einen Arm um ihre Schultern. Sie erschauert. Wieder packt sie die Wut. Sie wirft sich auf mich und trommelt mit beiden Fäusten auf mich ein. Mittlerweile kenne ich sie ein wenig und beschließe daher, es mit Humor zu versuchen.
    »Claudia …«
    Das Getrommel hört abrupt auf. Schniefend hält sie inne, ohne mich dabei anzusehen. Ich setze eine verzweifelte Miene auf.
    »Claudia … Unser Essen brennt gleich an!«
    Einen Moment lang ist sie sprachlos, dann bricht es aus ihr heraus: »Oh, Sie … Mistkerl. Scheißmacho …«
    Wieder trommelt sie auf mich ein, fester als zuvor. Wir formen ein Knäuel auf dem Boden, und ich versuche, die Boxerin zu bändigen. Keine leichte Übung, aber sie schlägt zum Glück nicht mit aller Kraft zu. Ich werfe sie auf den Rücken und klemme sie zwischen meine Knie, sodass sie sich nicht mehr rühren kann.
    »Gibst du auf?«, frage ich wie ein Kind.
    Sie schüttelt den Kopf, aber ihre Wut verraucht allmählich. Ich lache, und bald erliegen ihre Vorsätze meiner ansteckenden Fröhlichkeit. Inzwischen klopfen wir uns gegenseitig auf den Bauch und lachen uns krumm. Dabei wird sie allmählich ruhiger. Sie rollt sich auf meiner leicht schmerzenden Brust zusammen und legt den Kopf an meine Schulter. Ihre Haare sind wie lebendige Seide, sie kitzeln an meinem Mund.
    Ein flüchtiger elektrischer Schlag, eine ferne Erinnerung an ein anderes Leben … An eine Zeit, als noch alles Empfindung war … Ihr runder Busen liegt an meiner Brust. Wenn das so weitergeht, kriege ich vielleicht sogar einen Ständer … »Ach, wirklich?«, kommentiert mein kleiner Freund. Anscheinend funktioniert das Ding noch. Zu irgendwas muss es ja gut sein, aber was war das noch mal?
    Dann wird ihr klar, dass wir Arm in Arm daliegen. Abrupt stößt sie mich von sich, diesmal jedoch ohne Gewalt.
    »Verdammt, meine Bohnen …«
    Wahnsinnig romantisch, die Kleine! Aber ich bin ja auch nicht besser! Sie steht auf, flitzt in die Küche und hebt den Deckel von einem Topf. Eilig rührt sie ein paarmal hin und her. Rechts, links, schön gleichmäßig über den ganzen gusseisernen Boden, damit auch ja nichts anbrennt.
    »Uff, alles in Ordnung, nichts passiert … Wenn es unten anbrennt, kann man alles wegschmeißen.«
    Sie dreht sich zu mir um.
    »Und das wäre wirklich schade.«
    Ich verziehe das Gesicht, stehe auf und mache ein paar Dehnungsübungen.
    »Autsch, ich bin fix und fertig. Zum Glück bin ich bis heute nie vom geraden Weg des Gesetzes

Weitere Kostenlose Bücher