Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
überall so. Allerdings haben wir gehofft, hier noch ein paar Tage bleiben zu dürfen, bis nach der Hinrichtung. Nachdem wir schon aus Konstanz fliehen mussten, sind unsere Mittel knapp. Doch jetzt hören wir, dass es auch bei Euch einen Toten gegeben hat.« Er zögerte. Sein Gesicht sah plötzlich verzagt aus.
»Ihr kommt aus Konstanz?«
»Ja.« Tankmar ließ sein Schwert tanzen. »Aber wir sind abgehauen, als es losging.«
»Als was losging?«
»Es gab Gerüchte von einem Anschlag auf das Leben des Königs. Schwaben und Sachsen haben sich gegenseitig beschuldigt, und wir haben das Feld geräumt, bevor jemand mit dem Finger auf uns zeigen konnte. Nachdem wir gehört hatten, dass in Buchhorn eine Hinrichtung ansteht, haben wir uns dorthin gewandt. Aber es scheint, als ob hier auch keine Festlaune herrscht.« Ansgar lächelte ein halb trauriges, halb ironisches Lächeln.
Gerald tauschte einen entsetzten Blick mit Rigbert. »Es hat einen Anschlag geben?«, fragte er. »Auf König Heinrich?«
»Und kaum seid ihr hier, wird mein Bruder ermordet!« Rigbert baute sich vor Ansgar auf und stieß ihm den Finger gegen die Brust. »Wo wart ihr heute Nacht?«
Ansgar machte keine Anstalten, der fleischigen Hand des Stallmeisters auszuweichen. »Hier«, sagte er müde. »Im Lager!«
»Wir sind keine Mörder!«, rief Tankmar. Er hielt sein Schwert so fest umklammert, dass die Knöchel weiß hervortraten.
»Zerbrich nicht dein Spielzeug!«, riet Rigbert ihm spöttisch. »Ruf lieber die anderen her. Ich will euch allen ins Gesicht sehen.«
Tankmar sah Ansgar hilfesuchend an, aber der nickte nur. Der junge Gaukler steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen lauten Pfiff aus. Augenblicklich wurde es zwischen den Büschen lebendig, und wenig später hatte sich die ganze Truppe um Rigbert, Gerald und Ansgar versammelt. Flüchtig nahm Gerald wahr, dass sich unter den Gauklern auch zwei Frauen befanden.
»Und das sind alle?«, fragte Rigbert und ließ seinen harten Blick über die Gesichter schweifen.
»Alle, die noch da sind«, antwortete Ansgar. »Einige waren schon vor uns hier, aber die sind weitergezogen, als der Mord bekannt wurde.«
»Und warum ihr nicht?«
»Wie gesagt, wir brauchen Geld. Außerdem seht Ihr ja selbst, dass meine Frau hochschwanger ist.« Er legte den Arm um eine der beiden Frauen. Überrascht stellte Gerald fest, dass sie fast noch ein Mädchen mit blassen blonden Haaren und schmalen Schultern war. Ein Lächeln kräuselte Ansgars Lippen. »Meine sehr junge Frau«, ergänzte er. »Es ist ihre erste Geburt.«
»Aha!« Gleichgültig setzte Rigbert seine Musterung fort. Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck. »Und die da?«
»Das ist Kunigunde. Sie spielt Flöte, und zu unser aller Erleichterung kennt sie sich mit Kräutern aus.« Er nickte der Frau, die mit ausdruckslosem Gesicht zu Boden sah, freundlich zu. Es schien, als ob Kunigunde den Blick gespürt hatte, denn sie hob den Kopf. Gerald schaute in ein fremdartiges Gesicht mit einer kleinen, aufwärts gebogenen Nase und dunklen Augen.
»Habt Ihr sonst noch Fragen?« Tankmars Stimme klang schrill.
Gerald errötete flüchtig, da ihm bewusst wurde, dass er die Frau angestarrt haben musste. »Sie ist nicht von hier, nicht wahr?«, fragte er.
Langsam drehte Kunigunde den Kopf und fixierte ihn. »Nein«, antwortete sie schließlich. Sie sprach mit starkem Akzent und hielt immer wieder inne, als müsse sie die richtigen Wörter suchen. »Ich bin nicht von hier. Ich bin aus Pannonien. Slawin«, fügte sie hinzu, als sie Geralds verwirrtes Stirnrunzeln sah. »Ich musste fliehen, weil die Ungarn kamen.«
»Das … das tut mir leid.« Gerald biss sich auf die Zunge und gab sich einen Ruck, als er Ansgars belustigten Gesichtsausdruck sah.
»Was wird nun?«, fragte der alte Spielmann. »Aus uns, meine ich?«
»Ihr bleibt!«, bestimmte Rigbert streng. »Möglicherweise gibt es noch Fragen im Zusammenhang mit dem Tod meines Bruders. Bis dahin genießt ihr den Schutz des Grafen von Buchhorn.«
Tankmar wollte auffahren, aber Ansgar legte ihm rasch die Hand auf den Arm. »Ich danke Euch, edle Herren. Der Verwalter hat uns gestattet, die herabgefallenen Zweige für unser Feuer aufzulesen. Gilt das noch?«
Gerald, der sich schon zum Gehen gewandt hatte, blieb stehen. »Demnach war Reinmar bei euch?«
»Ja, vielleicht zwei Stunden nach Sonnenuntergang.«
»Und wann ist er gegangen?«
»Er ist nicht lange geblieben, dann ist er
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