Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
sprach. Das Leben dieser Menschen drehte sich um Bodenseefelchen, günstigen Wind und zerrissene Netze.
Köpfe drehten sich, als die Tür geöffnet wurde und ein stämmiger Mann den Schankraum betrat. Er grüßte Hannes mit einem Nicken und ging zielstrebig auf Geralds Tisch zu. Der Schmied stöhnte innerlich auf, als er in Rigberts gerötete Augen blickte. »Was wollt Ihr? Es gibt doch nicht schon wieder Ärger?«
Rigbert ließ sich auf einen Hocker fallen und winkte Hannes, noch zwei Bier zu bringen. »Nicht direkt. Allerdings könnte es dazu kommen. Vorhin sind zwei der Spielleute aus dem Ort gejagt worden. Ich frage mich, warum sie nicht einfach ihr Lager abbrechen und verschwinden.«
»Wegen der verdammten Hinrichtung. So etwas bringt immer Geld.«
»Schon. Trotzdem sollten wir lieber zu ihrem Lager reiten und nach dem Rechten sehen. Egal, wer nun Fronbote wird, irgendjemand muss sich um alles kümmern.« Rigbert lachte kurz auf. »Ich hab die braune Stute gleich mitgebracht.«
Gerald ließ ein Ächzen hören. »Wir können ebenso gut zu Fuß gehen.«
»Macht aber nicht so viel Eindruck. Diesen Leuten muss man gleich zeigen, wer der Herr ist. Ich könnte Euch die Stute übrigens verkaufen, zu einem Freundschaftspreis.«
»Ich habe ein Pferd.«
Rigbert hob spöttisch die Augenbrauen. »Den alten Klepper? Der ist doch das Futter nicht wert, das Ihr ihm zu fressen gebt. Die Stute ist zwar auch nicht mehr ganz jung und taugt nicht mehr für den Stall des Grafen, aber es wäre schade, wenn sie geschlachtet würde.«
»Hör nicht auf ihn«, warnte Hannes, während er die Becher vor ihnen abstellte. »Keiner schlachtet so ein prächtiges Tier. Er will nur den Preis schönreden.«
Rigbert warf dem Wirt einen finsteren Blick zu. »Halt dich da raus! Ich red den Leuten ja auch nichts ins Bier, oder?«
Hannes zuckte die Achseln und kehrte zu seinem Schanktisch zurück, während Gerald seinen Krug leerte und aufstand.
»Gehen wir«, sagte er müde.
Ihr Ziel war der Uferwald zwischen Buchhorn und Argenau, an dessen Rand die Spielleute ihr Lager aufgeschlagen hatten. Geralds Augen wurden groß, als er zwischen den Bäumen zwei Männer sah, die sich Bälle und blitzende Messer zuwarfen und mühelos wieder auffingen. Ihre Hände bewegten sich so schnell, dass der Schmied den Bewegungen nicht folgen konnte. In einiger Entfernung lehnte ein blutjunger Bursche an einem Baum und wirbelte ein Schwert in den Händen, sodass es in der Sonne aufgleißte.
»Eine schöne Waffe hast du da. Sieht gefährlich aus!«
Der junge Mann fuhr auf, als er Geralds Stimme vernahm. Er stieß sich vom Baum ab und richtete das Schwert auf die Reiter, während er sein zottiges blondes Haar aus den Augen strich. »Ja, es ist eine gute Waffe!«, rief er. Seine Stimme war hell, aber es war nicht mehr die Stimme eines Knaben. »Und so wahr ich Tankmar heiße, ich weiß sie zu benutzen!«
Gerald stieg unbeholfen vom Pferd und ging auf den Gaukler zu. Die beiden anderen hatten ihre Bälle und Messer eingesammelt und sahen besorgt zu. »Wie gesagt, eine schöne Waffe. Nur ein bisschen leicht, oder? Was ist es? Holz mit etwas Metall? Wozu brauchst du das?«
Tankmar warf die Lippen auf und schwieg.
»Für einen Trick.« Alle drehten sich nach dem Mann um, der lautlos näher getreten war. Gerald schaute in ein Paar heller, grüner Augen, die auf den ersten Blick darüber hinwegtäuschten, dass dieser Mann für die Härten eines Lebens als Fahrender eigentlich zu alt war. Der Mann wartete mit einem leichten Lächeln, bis Gerald seine Musterung abgeschlossen hatte, dann verbeugte er sich schwungvoll und ein wenig spöttisch. »Ihr habt ein scharfes Auge. Ihr seid Schmied, nicht wahr?«
Gerald nickte. »Und Ihr seid?«
»Mein Name ist Ansgar, gebürtig aus Sachsen, und ich bin verantwortlich für diese kleine Schar.« Er hob eine feingliedrige Hand und machte eine Geste, die die drei Männer und die dahinter liegende Lichtung mit einschloss. »Und man könnte sagen, dass auch ich ein Schmied bin.«
Tankmar feixte, als er Geralds Verwirrung sah. »Ein Verseschmied!«
Ansgars Augen lächelten. »Na und? Auf die Kunst kommt es an, nicht auf den Stoff, den man schmiedet.«
Gerald schwieg. Er wusste nicht genau, wovon Ansgar sprach, und seine eigene Unbeholfenheit ärgerte ihn. Er fühlte die Belustigung der Gaukler und räusperte sich. »Ich habe gehört, es gab Streit?«
Ein Schatten huschte über Ansgars Gesicht. »Man misstraut uns. Das ist
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