Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
eintrat, zeigte sein Gesicht nur unbekümmerte Arroganz. Er beugte das Knie kurz vor dem König und erhob sich auf einen Wink hin wieder. Wulfhard musterte das scharf geschnittene, gut aussehende Gesicht verstohlen. Alter und Statur stimmten mit seiner Erinnerung überein, aber die Züge des Mannes hatte er nie gesehen. Er ballte die Hände noch fester.
»Ihr habt mich rufen lassen?«, rief Ottmar in die Stille hinein.
Heinrichs Blick wurde kühl. »Wir wissen, dass Ihr einen Rapphengst besitzt. Wie lange ist er in Eurem Besitz?«
Ehrliches Erstaunen zuckte um Ottmars geschwungene Lippen. »Seit zwei Jahren, Herr. Wieso?«
»Beschreibt mir das Tier.«
»Wie Ihr sagtet, ein Rapphengst.« Der Welfe spreizte die Hände. »Er hat einen weißen Fleck an der Hinterhand. Darf ich wissen, warum Ihr das fragt?«
»Später. Kennt Ihr diesen Mann?« Heinrich zeigte auf Wulfhard.
Ottmar drehte nicht einmal den Kopf. »Gewiss nicht, Herr.«
»Seht ihn Euch an!«
Der junge Edelmann rümpfte die Nase und drehte sich demonstrativ zu Wulfhard um. »Nein, Herr, wieso sollte ich einen Stallburschen kennen?« Sein Gesicht verfinsterte sich plötzlich. »Oder ist er etwa ein Dieb?«
Udalrich knetete seine Hände so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. »Nein, aber ein Verräter, wie du …«
»Graf!«
Udalrich biss sich auf die Lippen, während Heinrich sich wieder an Ottmar wandte. Der Welfe schien eine Spur blasser geworden zu sein. »Dieser Mann behauptet, Ihr hättet Euch mit dem Junker Ludowig von Bregenz gegen den Grafen von Buchhorn verschworen. Identifiziert hat er Euch an Eurem Ross, das er versorgt haben will, wenn Ihr bei dem Junker zu Gast wart. Was habt Ihr dazu zu sagen?«
Ottmar warf den Kopf zurück. Sein Lachen klang hell durch den hohen Raum. »Muss ich dazu wirklich etwas sagen?«
»Ja.« Die Stimme des Königs klang unerbittlich.
Ottmars Lachen erstarb jäh. »Nun denn, ich kannte Junker Ludowig von Bregenz. Eine unselige Freundschaft, aber das konnte ich nicht wissen. Wenn die Bekanntschaft mit einem Verräter einen Mann verurteilt, dann frage ich mich, was das über die Gräfin aussagt, die bekanntermaßen …«
Udalrich sprang auf und brüllte: »Lass meine Frau aus dem Spiel!«
»Setzt Euch!«
Aber diesmal hörte Udalrich nicht auf den Befehl. »Ihr seid ein Verräter, schlimmer als der da, und Ihr wolltet mich töten und mein Land stehlen!«
»Und Ihr seid ein törichter alter Mann, dem die Gefangenschaft den Geist verwirrt hat!«
»Ruhe!«, brüllte Heinrich. »Beherrscht Euch, Graf! Und Ihr, Ottmar, wagt nicht noch einmal, meine Nichte zu beleidigen!«
Ottmar wurde blass. »Verzeiht, Herr, ich habe mich hinreißen lassen. Aber es verletzt mich, dass der Graf von Buchhorn mich so verkennen sollte. Wir waren doch immer die besten Nachbarn.«
»Dann soll es auch so bleiben!« Mit einer einzigen Geste brachte der König Udalrich zum Schweigen. »Ich werde in der Tat einen Mann nicht für den Besitz eines Pferdes bestrafen. Und ich möchte auch keine weiteren Verdächtigungen in dieser Richtung hören.«
Ottmar verneigte sich tief, während Burchard offen grinste.
»Aber …« Blitzschnell legte Salomo seine Hand auf die Udalrichs und schüttelte warnend den Kopf.
Heinrich fuhr mit erhobener Stimme fort: »Ich treffe diese Entscheidung, weil ich Frieden unter meinen Grafen will, nicht weil ich von Eurer Unschuld überzeugt bin, Ottmar von Altdorf.«
Das Gesicht des Welfen gefror. »Aber, Herr, wer glaubt einem verurteilten Verräter?«
»Niemand, da habt Ihr recht. Doch anders sieht es aus, wenn es sich um das Zeugnis eines freien Mannes handelt, nicht wahr?« Er legte die Fingerspitzen aneinander und machte eine Pause. »Aus diesem Grund begnadige ich diesen Mann. Er wird mein Faustpfand für den Frieden sein, denn, Ottmar, solltet Ihr oder Eure Familie jemals wieder die Finger nach Buchhorner Ländereien ausstrecken, werde ich seinem Zeugnis sicher mehr Gehör schenken. Mehr habe ich in dieser Angelegenheit nicht zu sagen.«
»Dann soll dieser … dieser Mensch als freier Mann hier herausspazieren und überall seine Lügen verbreiten dürfen?«, keuchte Ottmar mit verzerrtem Gesicht.
»Was aus ihm wird, überlasse ich seinem Herrn, dem Grafen Udalrich.«
»Ich nehme ihn mit nach Buchhorn! Ihr werdet sicher Verständnis haben, dass ich sofort dahin aufbrechen möchte, um nach dem Rechten zu sehen. Immerhin ist mein Verwalter und alter Waffengefährte ermordet
Weitere Kostenlose Bücher