Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
worden.«
»Verständnis schon.« Heinrich lächelte dünn. »Dennoch werde ich Euch meine Erlaubnis nicht geben. In drei Tagen werde ich abreisen, bis dahin wird keiner von Euch Konstanz verlassen. Ich gebe Euren Gemütern Zeit, sich zu beruhigen.«
Udalrichs Kiefer spannten sich, aber ehe er erneut protestieren konnte, ergriff Salomo das Wort. »Konstanz wird Euch mit Freuden beherbergen. Und damit Graf Udalrich nicht das Gefühl hat, seine Grafschaft im Stich zu lassen, schlage ich vor, meinen Sekretär vorauszuschicken. Ihr kennt aus eigener Erfahrung seine Fähigkeiten, nicht wahr?«
Udalrich nickte mürrisch.
»Wulfhard mag ihn begleiten.« Salomo lächelte Ottmar gütig zu, und nur wer ihn gut kannte, bemerkte die leise Bosheit in diesem Lächeln. »Ihr kennt ja die Worte: Und führe uns nicht in Versuchung …«
»Amen«, sagte der König laut. »Ich gestatte allen, zu gehen.«
Die Anwesenden erhoben sich.
Udalrich fasste Wulfhard ins Auge. »Du!«
Wulfhard schluckte. Er war überzeugt, dass Udalrich die Begnadigung des Königs wieder aufheben würde. Da war kein Funken Milde in den harten Augen des Grafen. »Ja, Herr?«
»Geh in die Kapelle und danke deinem Schöpfer für die unverdiente Gnade. Der Sekretär des Fürstbischofs wird dich dort abholen. In Buchhorn wirst du dich bei Gerald melden. Ich bin sicher …«, zum ersten Mal gestattete Udalrich sich ein dünnes Lächeln, »dass er eine angemessene Aufgabe für dich findet.«
»Ja, Herr. Und was immer es wert sein mag, ich schwöre Euch Treue.«
»Was die wert ist, werden wir in der Tat sehen.«
Langsam verließ Wulfhard den Saal. Er fühlte sich immer noch wie betäubt, doch allmählich wurden seine Schritte schneller. Die Sonne, die Luft, alles schmeckte, roch und fühlte sich anders an als noch vor Minuten. Er war frei. Wulfhard ballte die Faust und stieß einen Triumphschrei aus. Ein paar Soldaten wandten die Köpfe und musterten ihn neugierig. Wulfhard sah die Würfel in ihren Händen und trat näher. »Habt ihr noch Platz in der Runde?«
»Hast du Geld?«
Ein Grinsen blitzte in Wulfhards abgezehrtem Gesicht auf. Er reckte die Arme. »Gib mir ein paar Minuten, danach beantworte ich deine Frage«, sagte er und streckte die Hand nach den Würfeln aus. »Zu einem Schluck aus deiner Flasche würde ich auch nicht nein sagen.«
Wulfhard wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, da fiel über ihn ein Schatten. Er hob den Kopf und blickte in die strengen Züge eines Mönchs, der aus dunklen Augen auf ihn herabsah. »Oh … Ihr seid … Eckhard?« Seine Zunge war schwerer, als er gedacht hatte.
Der Mönch nickte.
»Habt Ihr mich in der Kapelle gesucht?«, fragte Wulfhard mit einem Anflug von Verlegenheit, während er den Haufen Münzen einsammelte, der sich vor ihm angehäuft hatte.
Ein Lächeln streifte die asketischen Zügen des Mönchs und verriet Wulfhard, dass Eckhard jünger war, als er zunächst angenommen hatte. »Wenn ich ehrlich bin, nein. Es gibt verschiedene Arten, die Freiheit zu feiern. Manche Männer beten, andere betrinken sich. Ich hegte wenig Zweifel, zu welcher Sorte du gehörst. Jetzt aber los! Der Graf hat uns Pferde zur Verfügung gestellt, damit wir so schnell wie möglich nach Buchhorn kommen. Die Frage stellt sich nur, kannst du in diesem Zustand reiten?«
»Reiten?« Ein Ausdruck echter Freude verwandelte Wulfhards Gesicht. Er sprang auf. »So besoffen kann ich gar nicht sein, dass ich mich nicht auf einem Pferd halten könnte. Mönch, ich glaube, wir werden gut miteinander auskommen!«
VI
Eckhard war sich der Blicke der Menschen, die Missfallen, Verwunderung oder Belustigung ausdrückten, durchaus bewusst. Sie bekamen nicht oft einen berittenen Mönch zu sehen, dessen Beine bis zu den Knien entblößt waren. Aber vielleicht lag es gar nicht an ihm, sondern an seinen Begleitern, dass die Leute die Köpfe zusammensteckten. Neben ihm ritt ein Verbrecher, der am Morgen noch in Ketten seiner Hinrichtung entgegengeblickt hatte, und hinter ihm, mit mürrischem Gesicht, der junge Kriegsknecht aus Buchhorn. Nachdem sie das Stadttor hinter sich gelassen hatten, drückte er dem Pferd die Fersen in die Flanken. Leichtfüßig stob der Rappe davon.
»He!«, rief Wulfhard. »Nicht so hastig! Gebt einem Mann Gelegenheit, seine Freiheit zu genießen!«
Eberhard ritt so dicht an ihm vorbei, dass er sein Pferd vom Weg abdrängte. »Er will, dass wir schneller reiten, deshalb reitest du schneller. Dass der König dich
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