Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Pflicht als Graf gehört Buchhorn. Selbst wenn dir Reinmars Tod nicht nahegeht, was ist mit dem Schicksal der jungen Frau?«
»Welcher Frau?«
»Der Magd, die ebenfalls ermordet worden ist.«
Wendelgard rückte ihren Schleier zurecht. »Davon hat Udalrich mir gar nichts erzählt.« Sie schien eine bittere Bemerkung machen zu wollen, besann sich aber. »War sie …« Sie errötete leicht. »Sind sie zusammen ermordet worden?«
Salomo musterte Wendelgard überrascht. »Ich weiß es nicht. Das ist ein interessanter Gedanke. Ich werde mit Eckhard darüber sprechen. Und was wirst du tun?«
Wendelgard fasste die Hand des alten Mannes und betrachtete mit einem Ausdruck von überströmender Zärtlichkeit die dünne Haut, die sich über den Knochen spannte. »Ich werde tun, was ein weiser Freund mir geraten hat. Ich werde zu meinem Mann gehen und ihm eine gute Frau sein.«
»Und was bedeutet das?«
In ihren blauen Augen erschienen goldene Pünktchen. »Ich werde ihn nicht mehr bestürmen zu bleiben. Ich werde ihn bitten, mich und die Kinder mitzunehmen.«
Salomo lachte leise. »Das ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung, mein Kind. Und nun lauf, bevor du deine guten Vorsätze wieder vergisst.«
Diesmal fiel ihre Verbeugung spielerisch aus. »Ich danke Euch, mein Abt!«, rief sie und verließ das Zimmer durch die Tür, die zum Gang führte.
Salomo wartete, bis alles wieder still war, dann drehte er den Kopf nach der anderen Tür und sagte ruhig: »Eckhard!«
Lautlos betrat der Sekretär das Zimmer und verneigte sich. Sein Gesichtsausdruck war herb.
»Nun, was denkst du?«
»Dass die Gräfin eine gedankenlose, gottlose Frau ist. Sie kennt keine Demut! Und sie erschöpft Euch!«
»Ich denke, das macht ihren Liebreiz aus«, bemerkte Salomo gütig. »Und wenn jemand Udalrich aus seiner Finsternis locken kann, ist sie es. Aber was hältst du von ihrer Idee hinsichtlich Reinmar und dieser Frau?«
»Das wird leicht herauszufinden sein.« Eckhards Nasenflügel blähten sich. »Es ist eine Spur, die ich in jedem Fall verfolgt hätte.«
»Eckhard, auch du musst dich vor dem Teufel hüten.« Diesmal lächelte der Fürstbischof nicht. »Du nennst Wendelgard gottlos, aber Stolz ist die schlimmste Todsünde. Und du bist stolz!«
»Herr!« Die Kutte des Mönchs raschelte leise, als er vor Salomo auf die Knie fiel. »Ihr habt recht.«
»Natürlich habe ich recht. Ich kenne dich gut genug. Sag mir, was hältst du von Frauen?«
Ein überraschtes Zucken lief über das schmale Gesicht des Mönchs. »Sie sind Sünderinnen, die den Mann versuchen.«
Salomo schnaubte. »Ich wollte nicht wissen, was Augustin von ihnen hält, sondern du. Also? Was macht das Leben einer Frau aus?«
Einen Herzschlag lang wanderte Eckhards Blick am Gesicht des Bischofs vorbei aus dem Fenster. »Liebe«, sagte er langsam. »Und Verlust.«
»Und dieser Widerstreit macht sie gleichzeitig stark und schwach«, sagte Salomo mit einem Nicken. »Ein göttliches Paradox …«
»Ja, Herr.« Eckhard zögerte und erhob sich. »Warum fragt Ihr?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe das Gefühl, dass es wichtig ist, aber ich weiß nicht, warum. Ich werde um Erleuchtung beten.« Er wedelte mit der Hand. »Bring mir meinen Becher und dann geh!«
H
Wulfhard lauschte atemlos in die Stille des Kerkers hinein. Das Warten, die Bewegungslosigkeit, zu der er verdammt war, war ihm nie so quälend vorgekommen. Dass der Graf selbst zu ihm gekommen war, übertraf alles, was er sich je erhofft hatte. Aber er war gegangen, ohne mehr als einen vagen Hoffnungsschimmer zurückzulassen. Hunger, Durst, und dieser elende Fetzen Hoffnung vereinigten sich zu etwas, das ihm einen Vorgeschmack auf die Hölle geben zu wollen schien. Wütend drehte er die Gelenke in den eisernen Schellen und brüllte einen Fluch gegen die nackten Wände. Sogar das Echo schien ihn zu verhöhnen. Er schloss die Augen. Und wartete.
Geräusche auf der Treppe ließen ihn erneut auffahren. Er glaubte, die Schritte von zwei Männern zu unterscheiden. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Zwei Gestalten lösten sich aus der Dunkelheit. Wulfhard erkannte ihre Gesichter und heulte auf vor Wut und Enttäuschung.
Bernulf grinste ihm seinen schlechten Atem ins Gesicht. »Na, bereit für deine Hinrichtung? Hast du dir von den Ratten die letzte Ölung geben lassen?«
Wulfhards Gedanken rasten. Er konnte nicht begreifen, dass der Graf ihn so schnell hinrichten lassen wollte. Es sei denn, es war nicht
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