Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
stehen.
Wulfhard schaute hinüber zum Nordufer, das immer näher kam. »Ich stehe auf einer Stufe mit dem König?« Er lachte in sich hinein, warf einen verstohlenen Blick über die Schulter und bekreuzigte sich.
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»Auch im Galopp werden wir den Sonnenuntergang nicht überholen«, bemerkte Wulfhard, während sie die Pferde über die Rampe aufs Ufer führten.
»Halt dein gottloses Maul!«, fuhr Eberhard ihn an. Er wollte noch mehr sagen, aber ein Gähnen unterbrach ihn.
Eckhard raffte kopfschüttelnd seine Kutte und zog sich auf sein Pferd. »Ich denke, es wird Zeit, dass ihr Abstand voneinander gewinnt. Eberhard, du reitest voraus. Sag Gerald, dass der Graf in Konstanz aufgehalten wird.«
Eberhard nickte. »Und was sag ich über ihn?«
»Über Wulfhard? Nichts. Ich glaube, diese Nachricht sollte ich Gerald besser selbst beibringen.«
»Wie Ihr meint. Aber ich lasse Euch ungern mit dem da allein.«
Eckhard lachte leise. »Ach, ich denke, unser Freund ist ganz handzahm. Er hat eine Aufgabe, nicht wahr, Wulfhard?«
»Ich werde nicht abhauen, wenn Ihr das meint«, knurrte Wulfhard und saß auf. »Handzahm!«, grummelte er. »Pah!«
Eckhard lächelte milde, während er wartete, bis Eberhard im Zwielicht der anbrechenden Nacht verschwunden war, ehe er sich wieder an seinen Begleiter wandte. In seiner schwarz-weißen Kutte, mit dem blassen Gesicht und dem dichten schwarzen Haarkranz wirkte er einen Moment lang wie eine Statue. Seine Augen waren klug und sehr dunkel. »So, jetzt sind wir ganz unter uns. Was schlägst du vor?«
»Ich?«
Eckhard wartete ab und schwieg.
Wulfhard dachte nicht lange nach. »Ich würde den Spielleuten einen Besuch abstatten. Fahrendes Volk weiß immer mehr, als die braven Bauern sich das träumen lassen.«
»Ganz meine Meinung. Gehen wir.«
Sie ritten die Uferstraße entlang, bis sich die Umrisse der Häuser Buchhorns aus der sternenklaren Nacht lösten. Da sie von Westen kamen, die Spielleute aber am Ostrand lagerten, saßen sie am Hafen ab und führten die Pferde unbemerkt am Dorf vorbei. Aus der Entfernung konnten sie Überreste des Lagerhauses sehen. Das Dach war niedergebrochen, und einzelne Balken ragten wie dürre Finger in den Himmel.
»Da wäre ich krepiert, wenn es nach den guten Buchhornern gegangen wäre.«
Eckhard hielt sein Pferd an und zwang Wulfhard, im Schatten der Ruine stehen zu bleiben. In seiner Stimme schwang eine deutliche Warnung mit, als er sagte: »Ich hoffe, du denkst nicht an Rache.«
Die letzten Strahlen der Abendsonne verfingen sich in Wulfhards rotem Haar. »Ich werde schon niemandem das Haus über dem Kopf anzünden, wenn Ihr das befürchtet. Wenn mir allerdings der ein oder andere vor die Fäuste kommt, weiß ich nicht, was passiert.«
»Wulfhard! Du dienst Gott!«
Wulfhard zog ein mürrisches Gesicht. »Schon gut. Können wir endlich weitergehen?«
Schweigend umrundeten sie das Dorf, und bald sahen sie den Schein von Lagerfeuern zwischen den Bäumen flackern. Leise Stimmen und hin und wieder aufbrandendes Gelächter schollen ihnen entgegen.
Eckhard gab Wulfhard ein Zeichen und warf ihm die Zügel seines Pferdes zu. »Gott zum Gruß!«, sagte er laut, indem er ins Licht der Lagerfeuer trat.
Die Gespräche verstummten schlagartig. Einige der Männer sprangen auf die Füße.
»Wer seid Ihr?«
Eckhard trat noch einen Schritt näher. Seine vorgestreckten Handflächen signalisierten seine friedliche Absicht. »Mein Name ist Eckhard. Mein Begleiter und ich suchen ein Nachtlager. Ist an Eurem Feuer Platz für zwei Reisende?«
Der junge Bursche, der das Wort ergriffen hatte, hob einen brennenden Kienspan hoch. »Wer ist er?«, fragte er, indem er mit zusammengekniffenen Augen versuchte, die Schatten zu durchdringen.
»Tankmar, nennst du das Gastfreundschaft?« Ein älterer Mann schob sich zwischen die beiden. »Seid uns willkommen, Eckhard, Ihr und Euer Begleiter, und nehmt Platz. Wir teilen gern mit Euch.« Er machte eine einladende Handbewegung zum Feuer hin.
Tankmar warf die Lippen auf. Wie aus dem Nichts zauberte er ein Schwert hervor, das er mühelos um seine Hände kreisen ließ. Plötzlich nahm er Anlauf und vollführte einen perfekten Salto über das Lagerfeuer. Im Schein der Flammen wurde sein herausforderndes Lächeln sichtbar. »Warum geht Ihr nicht ins Dorf und nehmt Euch ein Zimmer für die Nacht? Mönche haben doch immer Geld, und Eure Pferde sehen auch nicht aus wie Klepper. Was wollt ihr von unseresgleichen?«
Eckhard
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