Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
mit einem Lachen in den Augen. »Dieses Lied habe ich vor meiner Weihe gelernt.« Er wurde ernst. »Es zählt nicht, was du früher warst, nur, wer du bist und was du sein willst.« Unvermittelt wandte er sich an den Mann, der die Reste der Fackeln ins Feuer warf. »Wie heißt du?«
»Guntram.«
»Du verstehst deine Kunst. Sag, jonglierst du auch mit Messern?«
»Ich kann alles springen lassen. Warum?«
»Vielleicht kannst du mir etwas hierzu sagen?« Mit einem raschen Griff öffnete Eckhard den Beutel an seinem Gürtel. Ein Messer blitzte im Feuerschein auf.
Wulfhard unterdrückte mit Mühe ein Keuchen.
»Eine vorzügliche Arbeit«, lobte Guntram, indem er das Messer in der Hand wog und von allen Seiten betrachtete. »Die Klinge ist aus reinem Eisen. Aber der Griff … so einen habe ich noch nie gesehen.« Er hob die Waffe und visierte einen Baumstamm an. Mit einer blitzschnellen Bewegung schleuderte er sie, sodass sie direkt neben einem Astloch stecken blieb. »Für so eine Waffe könnte ein Mann schon ein Verbrechen begehen. Woher habt Ihr sie?«
Eckhard schwieg.
Wulfhard sprang auf und zog die Waffe aus dem Holz. »Ein Messer zum Töten!«, rief er und drehte sich um. »Du hast einen Nachtfalter aufgespießt.«
Die Spielleute lachten, aber Eckhard blieb ernst. »Eine tödliche Waffe, für die ein Mann morden würde. Das ist interessant.« Er streckte die Hand aus und ließ das Messer in seinem Beutel verschwinden. »Wir sollten uns hinlegen. Morgen früh erwartet uns viel Arbeit.« Er nickte Wulfhard zu, der sich zögernd erhob. Auch die Spielleute begaben sich nach und nach zur Ruhe, und bald waren nur noch tiefe Atemzüge und das Knistern des kleinen Feuers zu hören.
»Eckhard?« Wulfhards Stimme war kaum mehr als ein Wispern.
Der Mönch regte sich nicht. Lautlos kroch Wulfhard zu ihm und tastete nach Eckhards Gürteltasche. Vorsichtig zog er das Messer heraus und schob es unter sein Wams. In den Beutel legte er einen Stein. Eckhard bewegte sich. Wulfhard erstarrte, aber der Mönch wachte nicht auf. Mit einem zufriedenen Lächeln streckte Wulfhard sich unter den Sternen aus und schloss die Augen.
H
Der Morgen begrüßte Gerald mit herbstlicher Frische. Über ihm verblassten die Sterne allmählich im ersten Morgenlicht. Fröhlich vor sich hin pfeifend ging er zum Wasserzuber, um sich Gesicht und Hände zu waschen. Als seine Haut mit dem eisigen Wasser in Berührung kam, brach das Pfeifen ab. Bald würde der Herbst das letzte Aufbäumen des Sommers vertrieben haben. Fröstelnd streifte er sein Hemd über und ging in die Schmiede, um dort die Arbeit für den Tag zurechtzulegen. Bis zum Markt in Aeschach musste er seinen Warenvorrat wieder aufgefüllt haben. Auch die Holzkohle wurde knapp. Zum ersten Mal an diesem Morgen verfinsterte sich sein Gesicht, als er an seinen Karren dachte, der immer noch in Konstanz stand. »Verdammter Wulfhard«, murrte er und versetzte dem Amboss einen Tritt, ehe er Hammer und Werkstücke bereitlegte und den angrenzenden Wohnraum betrat.
Fridrun lächelte ihm entgegen. »Guten Morgen, mein Liebster. Ich habe dich pfeifen hören.« Sie legte den Kopf schief. »Hast du an etwas Bestimmtes gedacht?«
Ihr Anblick verschlug Gerald die Sprache. Immer noch in ihrem weißen Leinenhemd, mit aufgelösten Haaren und barfuß stand sie im Schein der kleinen Lampe wie eine fleischgewordene Verführung. Gerald wusste, dass es seine Aufgabe war, seine Frau zu mehr Tugend anzuhalten, aber Tugend war in diesem Moment das Letzte, wonach ihm der Sinn stand. Er zog sie an sich und küsste sie leidenschaftlich. »Ich habe daran gedacht, wie gut Gott es mit mir meint«, flüsterte er. »Ich habe ein Weib, ein Heim, und wenn Eckhard erst da ist, werden auch die Morde bald aufgeklärt sein. Und das Beste: Wulfhard wird seine gerechte Strafe erhalten.«
Sie bog den Kopf zurück und löste sich aus seiner Umarmung. »Möglich. Gesagt hat er aber nichts.«
»Warum sollte er? Dass wir keinen Fronboten brauchen, sagt doch alles.«
»Frühstücken wir erst einmal.«
Sie nahmen gegenüber an dem kleinen Holztisch Platz und senkten die Köpfe. Gerald sprach das Gebet, bevor sie das Brot teilten.
Mit gerunzelter Stirn schaute Fridrun auf die spärlichen Speisen. »Ich könnte heute für dich ein Huhn schlachten. Würde dir das gefallen?«
Er schüttelte den Kopf. »Hirsebrei genügt. Wir haben nur die paar Hühner. Schlag ein Ei auf, aber lass die Hennen leben.«
Fridrun legte das
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