Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Säulen, die das Gewölbe stützten. »Mir wurde berichtet, dass du hier betest, und ich wollte die Gelegenheit nutzen, mit dir allein zu reden. Es ist gut, dass du den König in deine Gebete einbeziehst.«
»Er wird ein großer Herrscher werden. Er denkt über sein eigenes Herzogtum hinaus.«
»Ja, ich setze große Hoffnungen in Heinrich. Umso unzufriedener bin ich mit dir, Udalrich!«
»Mit mir unzufrieden? Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Oh, ich glaube, das verstehst du sehr gut. Ich weiß, dass du Schlimmes durchgemacht hast, aber du bist ein Edelmann, ein Krieger, und deine von Gott gewollte Aufgabe ist es, dass du Schwierigkeiten überwindest und deine Kraft in den Dienst des Reiches stellst. Du aber weichst berechtigten Fragen aus wie ein Feigling!«
»Salomo!«
Das Gesicht des Fürstbischofs verlor seinen strengen Ausdruck nicht. »Ich finde kein anderes Wort für dein Verhalten. Dies ist nicht das erste Attentat, das auf Heinrichs Leben verübt worden ist, und statt ihm zu helfen, verkriechst du dich in deinen selbstsüchtigen Schmerz. Udalrich, von welcher Schuld hast du eben gesprochen?«
»Verzeih, aber du bist nicht mein Beichtvater«, presste Udalrich mühsam hervor.
»Nein, das bin ich nicht. Allerdings ist jetzt der Augenblick gekommen, dich daran zu erinnern, dass du in meiner Schuld stehst. Nicht zuletzt verdankst du mir dein jetziges Leben an der Seite deiner Frau. Ich dringe nicht zu Heinrich durch, er misstraut der Kirche. Es ist an dir, deine Pflicht zu tun. Sprich mit ihm!«
Udalrich schüttelte heftig den Kopf. »Nicht über die Ungarn!«
»Du wirst mit ihm über alles sprechen, was er verlangt! Udalrich, du riskierst die Ungnade des Königs.« Salomo sah ihn durchdringend an. »Noch schützt dich deine Ehe mit Wendelgard. Willst du dir das auch noch nachsagen lassen, dass du dich hinter einem Weiberrock verkriechst?« Seine Härte verflog so plötzlich, wie sie gekommen war. »Sie leidet, Udalrich. Sie leidet unter deinem Schweigen. Um deinetwillen stellt sie Nachforschungen über den Attentäter an.« Udalrich wurde blass, und Salomo nickte. »Wenn du sie wirklich liebst, musst du deine Haltung überdenken.«
Der Graf nagte an der Unterlippe. »Du weißt nicht, was du verlangst.«
»Ich verlange, dass du dich wie ein Mann verhältst. Überwinde dich!« Salomo deutete auf den Schrein des Märtyrers. »Auch er hat sich überwunden, wie so viele, die die Wahrheit höher hielten als das Leben.«
»Wie du befiehlst.« Udalrich drehte sich schroff um und verließ die Krypta.
Nachdem seine Schritte verhallt waren, ließ Salomo sich gegen die Säule sinken. Die Härte in seinen Zügen machte tiefer Erschöpfung Platz. Mit einem Blick auf den Heiligen Pelagius ließ er sich auf die Knie nieder und faltete die Hände. »Gott gebe, dass dies der richtige Weg ist«, flüsterte er. »Und gib, dass ich nicht in meinen letzten Abendstunden einen alten Freund verliere.«
Udalrich hörte noch, wie Salomo ächzend niederkniete, aber er drehte sich nicht um. Am liebsten hätte er die nackte Faust gegen die Wand gedroschen. Mit langen Schritten verließ er die Krypta über die steinernen Stufen, die in den Altarraum führten. Erst dort beruhigte er sich, um die Gläubigen nicht zu stören, die dort in stummem Gebet knieten.
Plötzlich erhob sich einer der Betenden und stellte sich ihm in den Weg. Ein verirrter Sonnenstrahl schimmerte auf blondem Haar. »Dankt der Heimkehrer für seine sichere Rückkehr? Wieder einmal?«
»Geht mir aus dem Weg, Ottmar!«, knirschte Udalrich.
»So unhöflich, noch dazu im Haus des Herrn? Zorn ist eine Todsünde! Außerdem wird Burchard das gar nicht gefallen. Unserem neuen Herzog ist sehr daran gelegen, dass wir uns verstehen, ich meine, alle Grafen seines Landes.«
Udalrich sah sich um. Einige der Gläubigen musterten sie neugierig. Er packte Ottmar am Ellenbogen und zerrte ihn mit sich. »Reden wir im Kreuzgang.«
Als sie im Kreuzgang, der sich an den Durchgang zur Krypta anschloss, angelangt waren, befreite Ottmar seinen Arm aus Udalrichs Griff. »Ich rate Euch wirklich, Euch zu mäßigen«, sagte er kalt. »Ihr denkt wohl, mit diesem miesen Rotfuchs, den Heinrich aus der Falle gelassen hat, hättet Ihr ein Faustpfand gegen mich. Euch schützt ein begnadigter Mörder, mich ein Herzog. Was glaubt Ihr wohl, wer dieses Spiel gewinnen wird?«
»Das ist kein Spiel!«
Ottmar lehnte sich an die Wand und hakte die Daumen in den Gürtel. »Seid dankbar,
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