Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
feucht. »Ich kümmere mich um das Pferd.«
In Geralds Gesicht arbeitete es. »Bereust du?«, stieß er plötzlich hervor.
Wulfhard hob den Kopf. »Ja«, sagte er und hielt Geralds Blick stand. »Von ganzem Herzen.«
Ganz langsam ließ der Schmied den Atem entweichen und wandte sich ab.
Wulfhard packte die Zügel. Die Dunkelheit verbarg das leichte Kopfschütteln und das Grinsen, das wie ein Hauch über sein Gesicht huschte. Plötzlich schoss der Streuner über den Hof und sprang überschwänglich an ihm empor. Er stieß ein hohes Kläffen aus und wedelte mit dem Schwanz.
Gerald musste unwillkürlich lachen. »Du hast tatsächlich einen Freund gefunden!«
»Hau ab, du Flohschleuder!«, fluchte Wulfhard, während er vergeblich versuchte, den Hund abzuwehren.
Auch der Knecht grinste. Gerald winkte ihn näher. »Ich will mit den Spielleuten reden. Wo sind sie?«
Das Gesicht des Mannes verschloss sich. »Zu denen kann ich Euch nicht lassen. Sprecht das mit dem Verwalter ab.«
»Dem Verwalter?« Geralds Augenbrauen rutschten nach oben. »Du meinst doch nicht etwa Rigbert? Meines Wissens nach hat der Graf Reinmars Nachfolger noch nicht bestimmt. Mich hingegen unterstützt der engste Vertraute des Fürstbischofs.«
»Trotzdem …«
Plötzlich ließ Wulfhard die Zügel der Stute los, trat zu dem Mann und gab ihm einen Stoß. Er zeigte auf sein Wams. »Siehst du das Blut?«, zischte er. »Das war der Mörder, der hätte mich gestern beinahe erwischt. Dieser Mann da will die Spielleute sehen, oder hast du sie entkommen lassen?«
Der Knecht wurde bleich. »Natürlich nicht!«, sagte er zu Gerald. »Ich werde Rigbert …« Er drehte sich um und rannte zum Gesindehaus.
Zum zweiten Mal lachte Gerald hell auf. »Das hat ihm Beine gemacht! Weißt du, wo die Spielleute festgehalten werden?«
»In dem Schuppen da. Kommt Ihr allein zurecht?«
Statt einer Antwort ging Gerald zu dem Verschlag und schob den Riegel zurück. Er gab sich keine Mühe, die Stimme zu dämpfen, als er rief: »Kommt raus, Leute! Ich habe gute Nachrichten für Euch.«
Zuerst antwortete nur Stille, dann schoben sich zögernd drei Gestalten ins Freie. Gerald musterte die jungen Männer, die ihm halb trotzig, halb ängstlich entgegenblickten. Ihre Gesichter trugen noch die Spuren von Dietgers Schlägen. Plötzlich wusste Gerald nicht, was er sagen sollte. »Ihr seid frei«, stieß er hervor.
»Frei?«
Gerald nickte.
»Wir können gehen, wohin wir wollen?«
»Das nicht.« Er sah den finsteren Spott, der in den verschlossenen Gesichtern aufblitzte, und sprach hastig weiter: »Geht zu Ansgar. Ihr findet ihn im Haus des Pfaffen. Es hat gestern einen weiteren Mordanschlag gegeben. Das spricht für euch. Dennoch werdet ihr euch zur Verfügung halten, bis der Graf über euer Schicksal entschieden hat.«
»Und wenn nicht?« Der Jüngste der drei schüttelte die verfilzten Haare zurück und starrte Gerald vorwurfsvoll an.
Einer seiner Gefährten stieß ihn in die Seite. »Lass gut sein. Hast du nicht am eigenen Leib zu spüren bekommen, was die mit uns machen?«
»Und das ist nicht das Schlimmste. Schläge kann man aushalten, aber ich will nicht auf irgendeinem Marktplatz totgeprügelt werden.«
Gerald sah den Mann an, dessen Platzwunden das grelle Morgenlicht unbarmherzig beleuchtete. »Ihr seid in Buchhorn, hier wird niemand totgeschlagen. Ihr steht unter dem Schutz des Grafen, wenn ihr meine Anordnungen befolgt.«
»Königsfrieden«, höhnte einer der Männer und lachte bitter auf. »Das kennen wir!«
»Dann ist es ja gut.«
»So wie damals, als der Mord in Köln passiert ist. Fünf von uns haben sie hingerichtet, einfach weil sie Sündenböcke gebraucht haben. Tankmar kann ein Lied davon singen. Er ist ohne Eltern aufgewachsen.« Er senkte den Kopf, aber um seinen Mund zuckte Hohn. »Nichts für ungut, Herr.«
Gerald wusste nicht, was er sagen sollte. Er fragte sich, wie Eckhard an seiner Stelle reagiert hätte. Endlich zwang er sich zu einem Lächeln. »Sagt Tankmar, dass er beruhigt schlafen kann. Ihr seid frei! Nehmt den Handkarren mit, der gehört Ansgar.«
Die Männer verneigten sich. Gerald sah ihnen nach, wie sie mühsam und mit erkennbarem Hinken den Hof überquerten. Sein Herzklopfen verebbte, und er beruhigte sich. Er fragte sich, was Rigbert aufgehalten haben mochte. Als er am Stall vorbeikam, blieb er stehen, aber Wulfhards roter Haarschopf war nirgends zu entdecken. Gleichzeitig hörte er schwere Schritte vom Gesindehaus
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