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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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verschaffen, und auch die Damen schienen nicht zimper lich damit. Sich gegenseitig von der Brüstung verdrängend tausch ten sie sich vernehmlich über die körperlichen Vorzüge der Ritter aus:
    »Der Graf von Dießen macht eine gute Figur.«
    »Nein, der junge Rohrbacher ist der Eleganteste. Wie der Rit ter aus Tristan und Isolde !«
    Scherzhafte Rufe zwischen den Kämpfern auf dem Platz und der Königstribüne flogen hin und her.
    »Bringt mir vier besiegte Gegner!«
    »Lasst Ihr mich dann an Euren Gral heran?«
    Lautes Lachen kam von der Tribüne, einige Damen bewarfen den vorlauten Kämpfer mit Tüchern und Blumen.
    Fanfaren und Trommeln übertönten die Flöten, und alle knieten nieder. Die Ritter auf dem Platz senkten die Lanzen. König Ludwigs rotblonder Kopf mit dem metallenen Schapel erschien. Er war allein, Raoul hatte schon gehört, dass die Königin sich unwohl fühlte und auf der Burg bleiben würde. Ludwig nahm auf dem Faltstuhl Platz, den man unter dem Wappen der Wittels bacheraufgestellt hatte. Raoul bemerkte, wie er eine Dame seiner Gemahlin ansprach, offenbar sorgte er sich um sie. Während Herolde die Waffen prüften und das Scheingefecht, den Buhurt, ankündigten, tastete er unwillkürlich neben sich, als fühlte er sich ohne sie mitten in all dem Trubel allein. Raoul lächelte unter seinem Helm.
    Als Anna sich gewandt wie eine Maus durch die Leute schlängelte, hatte das Turnier schon begonnen. Die einfachen Leute, die auf der Tribüne keinen Platz fanden, drängten sich überall seitlich der Reitbahn. Sie musste Händler mit Spielzeug, Waffen und Brot zur Seite schieben, um überhaupt etwas zu sehen. Aus Landsberg wa ren sie gekommen, aus Augsburg und den umliegenden Dörfern, selbst aus Bruck bei Fürstenfeld, wie getuschelt wurde. Offenbar hatte man mit dem Ringelstechen begonnen: mit der Lanze den Ring zu treffen, den ein Knappe hochhielt. Sie hörte, wie das Pu blikum johlend einen Kämpfer verspottete. Selbst seine eigenen Anhänger, die seine Farben schwenkten, brüllten enttäuscht Ver wünschungen. Lachend spottete der Turniervogt, er müsste noch viel lernen, wenn er seine Ehre und seine Untergebenen derart verteidigen wolle.
    »Ich hatte gehofft, dass dich die Ratten fressen. Du schaust ja aus wie eine Hübschlerin!«
    Die Stimme kam Anna bekannt vor. Tatsächlich – es war Gertraut. Das mittlerweile schlohweiße Haar hatte sie zu einem lächerlich dünnen Knoten gewunden, und die ganze Frau war um eine Schuhgröße kleiner. Nur das Mundwerk war unverändert: »Die Haare offen, als tätst du gerad aus dem Bett steigen. Und das rote Kleid – pfui Deifel!«
    Damals auf der Burg hatte sie ihr oft das Leben schwerge macht, aber jetzt freute sich Anna wie ein Kind, sie zu sehen. »Und dich lässt die Bosheit nicht sterben, du alte Zwiderwurzn«, lachte sie.
    DieAlte versetzte ihr einen Klaps auf den Hinterkopf. Aber als sie weiterging, sah Anna, wie sie sich mit einem verstohlenen Grinsen nach ihr umdrehte. Lachend schob sie ein paar geflickte Kittel zur Seite, um besser sehen zu können.
    Gerade ritt Raoul in die Bahn. Verstohlen genoss sie die Erre gung, als sie ihren Geliebten betrachtete. Obwohl er nicht bunt gekleidet war wie die anderen, hoben ihn seine sicheren Bewegun gen von ihnen ab. Das matt glänzende Kettenhemd schmiegte sich an ihn und schimmerte wie der Metallbeschlag des Pferdegeschirrs. Der geschlitzte schwarze Waffenrock betonte seinen schlanken Körper, den sie noch vor wenigen Stunden in den Armen gehal ten hatte. Er brauchte keine prachtvollen Farben, um aufzufallen, dachte Anna zärtlich. Er bot den eindrucksvollsten Anblick von allen.
    Raoul gab seinem Rappen die Sporen. Fest und unbeirrt richte ten sich seine Augen auf das Ziel. Er hob die locker über den Sat tel gelegte Lanze und hielt sie nun nur noch mit der Kraft seines Arms. Ein leichter Stoß, und der Ring rollte über seine Hand.
    Anna lachte und klatschte Beifall. Sie war so stolz, als würde er für sie kämpfen, als könnte sie seine Dame sein, deren Farben er trug. Triumphierend hob er die Lanze und sah nach den Rängen. Die Zuschauer waren johlend aufgesprungen. Er galoppierte zu rück und brachte den Rappen zum Stehen.
    Ulrich rief ihm etwas zu. Raoul senkte die bereits senkrecht auf gestellte Lanze wieder und versetzte ihm einen Stoß. Die Entfer nung war zu gering, um ihn aus dem Sattel zu heben. Aber er traf das Kettenhemd auf Höhe der Leber. Die Aufmerksamkeit des Turniermarschalls war auf die

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