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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Spielleuten, mit den Frauen und Kindern hatte Schutz im Dorf gesucht, die Trossbuben und ein paar von Tillys Söldnern waren zu ihrer Verteidigung abgestellt.
    «Dreitausend Mann hat Tilly in diesem Gemetzel verloren. Doch was folgte, war noch schlimmer.» Kaspar räusperte sich. «Die Mansfeldischen sind ins Dorf gestürmt, sie haben alle in die Wälder gejagt wie wilde Tiere, und wen sie erwischten, der wurde niedergehauen oder eingesperrt. Dann haben sie die Häuser in Schutt und Asche gelegt. Bis auf die Kirche und ein paar Kellergewölbe war alles niedergebrannt, verbrannt mit samt den Menschen drin. Auch mein Freund Lienhard. Ich habe ihn nur an seinem Amulett erkannt.»
    Kaspar blieb stehen und zog sich den Umhang enger um die Schultern.
    Nach einem Moment des Schweigens fragte Matthes: «Und du?»
    «Ich war in einem Keller versteckt. Ich hatte Glück, zunächst jedenfalls.» Kaspar stieß ein bitteres Lachen aus. «Viel zu früh bin ich aus meinem Versteck gekrochen, weil ich Lienhard suchen wollte. Da bin ich auf einen Trupp Söldner gestoßen, die bei der Nachlese waren. Sie haben mich gestellt und wollten Rock und Schuhe von mir, nagelneue Lederschuhe. Ich war so dumm, mich zu wehren.»
    Der Sänger starrte zu Boden. Da erst entdeckte Matthes zu seinem Entsetzen, dass aus Kaspars linkem Beinkleid ein Holzstumpf ragte. Und er Schafskopf hatte die ganze Zeit geglaubt, Kaspar hinke wegen des Schlags, den er ihm versetzt hatte.
    «Sie haben dir – den Fuß abgehackt?»
    Kaspar nickte. «Weil ich sie einfach nicht hergeben wollte,meine neuen Schuhe. Ich war sofort bewusstlos. Eine junge Frau hat mich gefunden, mir das Bein abgebunden und mich mit Hilfe eines Bauern und dessen Esel nach Wiesloch geschleppt. Aufgewacht bin ich erst wieder im Spital.»
    «War das die Frau, die eben bei dir stand?»
    «Ja. Elisabeth. Sie hat mich gesund gepflegt. Dabei habe ich erfahren, dass sie in dieser Schlacht ihren Mann verloren hatte. Seither sind wir zusammen.»
    «Dann sind das deine beiden Kinder?»
    «Nur das Kleine. Sie war schon schwanger, damals.» Er sah Matthes ins Gesicht. Der Schein der Fackeln ließ seinen Blick unruhig flackern. «Meine Schuld gegenüber Agnes werde ich niemals tilgen können. Aber vielleicht verstehst du jetzt, warum ich nicht zurückkehren konnte.»
    Dann, als Matthes nichts erwiderte, fragte er: «Wie geht es ihr?»
    Matthes zuckte die Schultern. «Sie schafft es auch ohne dich. Außerdem – ich hab sie nie wieder gesehen. Im Frühjahr hatte sie nach Ravensburg zurückkehren wollen, doch sie ist nicht gekommen. Ich wünsche mir von Herzen, dass sie einen anständigen Mann gefunden hat, einen Mann von Ehre.» Sofort spürte er wieder den Zorn in sich aufsteigen. «Und du? Wirst du in Wallensteins Tross mitziehen?»
    «Ja.»
    «Dann rate ich dir, mir aus dem Weg zu gehen.»
    Mit diesen Worten wandte er sich um und wollte gehen. Doch Kaspar hielt ihn am Arm.
    «Warte noch. Das Kind – ist es gesund?» Kaspars Stimme war nur mehr ein Flüstern.
    «Das Kind heißt David und wird mit dem Fluch aufwachsen, niemals einen Vater gehabt zu haben. Besser wäre es, sein Vater wäre tot!»
     
    Draußen tobte der erste Herbststurm, doch im Kamin flackerte ein Feuer und strahlte behagliche Wärme aus. Agnes legte ihren Stickrahmen in den Schoß und sah zum Fenster. Sie musste an Matthes denken, dem sein erster Kriegswinter bevorstand.
    «Ich habe gehört, das Heer des Friedländers umfasse inzwischen siebzigtausend Mann», sagte Prinzessin Antonia, als hätte sie Agnes’ Gedanken gelesen. Auch sie war mit einer Stickerei beschäftigt, wobei ihre Ranken und Rosen ungleich zierlicher ausfielen als die von Agnes. «Wo sollen nur all die Leute Platz finden bei ihrer Quartiersuche? Allein die Marschkolonne – die wird wohl zwanzig deutsche Meilen lang sein.»
    Agnes unterdrückte ein Seufzen. «Ich musste eben an meinen Bruder Matthes denken. Dass er jetzt in Wallensteins Regimentern kämpft.»
    «Bestimmt sind sie gerade auf der Suche nach einem Winterquartier.» Es war deutlich, dass die Prinzessin tröstlich klingen wollte: «Es tut mir Leid, dass du dir so große Sorgen um deine Familie machen musst. Und dass deine Mutter nicht mit dir nach Stuttgart kommen wollte. Ich überlege oft, wie ich dir helfen könnte.»
    «Ihr habt schon so viel für mich und David getan, Prinzessin.» Antonia hatte lange drängen müssen, bis Agnes sich die honorable Anrede in der dritten Person und das Durchlaucht

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