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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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gegenüber Antonia und Rudolf, man möge doch die Klöster in den Händen der Katholischen belassen, solange dies den Frieden im Land erhalte. Die einzig gute Nachricht in diesen Wochen war der knappe Brief von Matthes gewesen, den sie wie einen Schatz in ihrer Kleidertruhe aufbewahrte. Er wenigstens war zur Vernunft gekommen und hatte vom Kriegsdienst Abschied genommen.
    Dann erschütterte die schreckliche Nachricht vom Fall Magdeburgs die Bewohner der Residenz. Agnes war gerade dabei, einen Riss im Bettlaken der Prinzessin zu stopfen, als Antonia in das Schlafgemach stürmte. Unter dem Arm hielt sie eine Ausgabe der «Wochen-Zeitung», die neuerdings in Stuttgart erschien.
    «Rasch!» Sie zog Agnes neben sich auf den Fußboden, wo sie die Blätter auseinandergefaltet hatte. «Ich muss sie zurückbringen, bevor mein Onkel aus der Kanzlei zurück ist.»
    Zum ersten Mal hatte Agnes eine der modernen Gazetten vor Augen. Eng bedruckt waren die Blätter, und anders als in den «Neuen Zeitungen» der Flugschriften lenkten weder reißerische Bildnisse noch Riesenlettern von den Nachrichten ab.
    «Hier ist es.» Antonia deutete auf die Überschrift
Die Zerstörung Magdeburgs   – Was sich in der ehrwürdigen lutherischen Stadt am mächtigen Elbstrom begeben und zugetragen hat
.
    Über eine ganze Seite hinweg beklagte der Novellant, dasses seit der Zerstörung Jerusalems kein solches Unglück mehr gegeben habe. Die feste und starke Stadt,
unseres Herrn Gottes Kanzlei
, sei am 10.   Mai des alten Kalenders zu Asche verbrannt, das Flammenmeer habe man über Hunderte von Meilen hin sehen können. Außer Dom und Liebfrauenkirche stünden nur noch eine Handvoll Fischerhütten, von 30   000   Bewohnern hätten wohl kaum 5000 überlebt. Auf der blutroten Elbe trieben Knäuel von verkohlten Leibern, die Leichen in den Gassen würden von streunenden Hunden zernagt. Was noch irgend übrig blieb, sei von der Soldateska geplündert und zerschlagen.
Tillys Völker wüteten grauenhaft: Kleine Kinder wurden ins Feuer getrieben, Frauen auf Spieße gesteckt und gebraten, Männer auf der Gasse mit siedend Wasser überbrüht, kurz: schlimmer als die Türken und Barbaren   …
    Agnes vermochte nicht weiterzulesen.
    «Dieser Kaiser verkündet nicht Gottes Wort», sagte sie leise. «Er rottet es aus.»
    Mit versteinertem Gesicht las die Prinzessin den Bericht zu Ende. Als sie aufsah, war sie blass, in ihrem dunklen Blick spiegelte sich Angst. «Warum hat der Schwedenkönig nicht eingegriffen? Hier steht geschrieben, er sei nur einen Tagesmarsch entfernt gewesen. Den Geschützdonner habe er hören können! Was, wenn so etwas uns geschieht?»
     
    Dank Antonia wusste Agnes recht gut Bescheid um die Ereignisse im Reich. Jetzt, wo Gustav Adolf seine Verbündeten um sich scharte, deutete weniger denn je auf einen baldigen Frieden hin. Als schließlich ihr Regent sich anschickte, mit seinem neuen Heer die Klostergüter zurückzuholen, da er keinen nennenswerten Widerstand erwartete, befahl Kaiser Ferdinand seine Obristen Aldringen, Gallas und Piccolomini mit ihren Regimentern ins Württembergische. Sie kamen geradewegs von ihrem Italienfeldzug, gemächlich, satt und zufrieden. Beim Sturm auf die FestungMantua hatten sie ungehemmt ihrer Gier nach Reichtümern frönen dürfen und aus dem Feenpalast der Herzöge geschleppt, was auf ihre Packwagen ging: Gemälde und Statuen, Teppiche, Silberzeug, Juwelen. So ganz schien Seine Kaiserliche Hoheit ihrem Kampfeswillen aber nicht zu trauen, denn er setzte ihnen als General seinen getreuen Vasallen Graf Egon von Fürstenberg vor die Nase.
    Und tatsächlich: Was Wallenstein, was dessen Oberst von Ossa nicht erreicht hatte, schaffte Fürstenberg mit seinen Völkern im Handumdrehen: Binnen zweier warmer, sonniger Sommerwochen des Jahres 1631 waren die württembergischen Truppen vernichtet, der Herzog-Administrator in einer letzten Schlacht bei Tübingen geschlagen, die Landstriche rundum verheert. Julius Friedrich musste sich dem Habsburger beugen und seine Truppen auflösen, musste sich bereit erklären, Einquartierungen hinzunehmen und Kontributionen zu zahlen. Sämtliche Klosterländereien gingen endgültig und auf ewig in Besitz der katholischen Ordensleute über, die ihre neuen Untertanen sogleich mit Eifer drangsalierten und zum Glaubenswechsel zwangen. Der Aufstand der Württemberger war zu Ende, bevor er richtig begonnen hatte, und wurde alsbald spöttisch als «Kirschenkrieg» verhöhnt, weil er

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