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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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geschrieben.»
    Agnes erkannte, dass bereits alles beschlossen war. Auch, dass ihre Mutter schon viele Tränen deswegen vergossen hatte. Sie ergriff Jakobs Handgelenk.
    «Versprichst du mir etwas?»
    Jakob nickte.
    «Halte Ausschau nach Kaspar. Wenn er noch ein bisschen Anstand im Leibe hat, soll er ein Lebenszeichen geben. Nicht meinetwegen, sondern um seines Sohnes willen.»
    Wieder nickte Jakob. Er wirkte mit einem Mal kreuzunglücklich, doch Agnes fühlte kein Mitleid. Sie zog ihre Mutter fest an sich. Wie schmächtig sie geworden war. Sie würde sie umsorgen, würde ihr die Geborgenheit geben, die sie verdient hatte. Dann dachte sie an Matthes. Dem Himmel sei Dank, dass Wallenstein aus dem Spiel war und damit auch Matthes. Gebe Gott, dass ihr Bruder auf den friedländischen Gütern eine neue Erfüllung gefunden hatte.
     
    Drei Wochen später nur wurden Tillys Truppen auf dem Breiten Feld bei Leipzig vom Schwedenkönig und den mit ihm verbündeten Sachsen vernichtend geschlagen. Nachdem das Kriegsglück zunächst ganz auf Seiten der Kaiserlichen gestanden und ein Großteil der sächsischen Verbände bereits Reißaus genommen hatte, war Gustav Adolf in seiner neuartigen Schlachtordnung wie ein Sturmwind in Tillys schwerfällige Haufen gefegt, hatte dessen Reihen von allen Seiten aufgewirbelt und niedergemetzelt. Der alte Tilly musste sich, am Kopf schwer verwundet, nach Halle retten, zwölftausend seiner Männer blieben tot auf dem Schlachtfeld. Kriegskasse, sämtliche Geschütze sowie Tillys kunstvolle Standarten mit der Muttergottes von Altötting auf weiß-blauem Grund gingen an die Schweden, die Kaiserlichen flohen in versprengten Scharen.
    Die Schweden hatten ihr Ziel erreicht: Die Kaiserlichen waren vernichtend geschlagen, die Ostseeküste gänzlich in schwedischer Hand. Jetzt hätte zu einem Frieden gefunden werden können, doch der Schwelbrand des Krieges fraß sich weiter nach Süden. Gustav Adolf bot dem württembergischen Regenten ein Bündnisan, in das Julius Friedrich nach anfänglichem Zögern einwilligte, während Oberst von Arnim mit seinem sächsischen Heer Prag befreite und die gebleichten Schädel der böhmischen Rebellen vom Brückenturm abhängen und endlich bestatten ließ.

20
    Zu Prag, den 22.   November
    anno Domini 1631
     
    Mein erster Tagebucheintrag: Habe in der Stadt zwölf Bogen Papier erstanden, sie zu Lagen gefaltet und mit Fäden zu einem Diarium gebunden. Künftig will ich hierin meine Gedanken sammeln.
    Endlich kommt die protestantische Sache voran. Unser sächsisches Heer ist zwar nicht groß, dafür hat sich Oberst von Arnim in der Tat als genialischer Feldherr erwiesen. Der Anfang ist vollbracht: Vor drei Wochen erst hatten wir die Nordgrenze Böhmens überschritten, um das Land vom Joch der Katholischen zu befreien, zwei Wochen später schon haben wir Prag eingenommen und den kaiserlichen Kommandanten samt seiner Garnison in die böhmischen Wälder gejagt – das Ganze war fast eine Läpperei zu nennen. Inzwischen sind auch, nach elf langen Jahren, die böhmischen Exilanten in ihre Heimat zurückgekehrt und die Jesuiten vertrieben. Dabei ging der Generalfeldmarschall bei diesem Feldzug äußerst umsichtig vor. Unnütze Schlachten hat er stets vermieden. So waren es weniger die Verletzten auf den Schlachtfeldern, denen ich zu helfen hatte, denn zu offenen Gefechten kam es nur selten. Für mich und unsere Soldaten kann ich nun nachträglich sagen: zu unserem Glück. Die Schlacht auf dem Breiten Feld war grausam genug.
    Übler sind inzwischen die vielen ansteckenden Krankheiten im Heerlager, die die Söldner aus den Dörfern und über ihre Dirnen einschleppen, namentlich die rote Ruhr und die ungarische Krankheit. Dieser rücke ich statt mit Aderlass mit Gewürzwein und Confortancia zu Leibe und erziele damit große Erfolge. Auch gegen den Scharbock hab ich ein probates Mittel gefunden. Da er offenbar mit dem Mangel an frischem Obst und Feldfrüchten einhergeht, lasse ich an die Betroffenen Kresse, Sauerampfer und wilde Beeren verteilen. Das findet sich an jedem Wegesrand.
    Ebenso bin ich auf dem Gebiet der Wundbehandlung erheblich weitergekommen. So hatte mich Majolis noch gelehrt, tiefe Verletzungen mit kochendem Holunderöl auszubrennen. Dabei sterben die Armen schier an den Schmerzen. Eine vorherige Betäubung mit Alrauneaufguss macht es auch nicht besser: Nur ein Quäntchen zuviel davon, und der Patient ist tot! Ich habe nun herausgefunden, dass eine Salbe aus Rosenöl,

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