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Die Gebeine von Zora

Die Gebeine von Zora

Titel: Die Gebeine von Zora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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neuerworbenen Nähzeug. »Jetzt zieh mal deine Sachen aus, und ich nähe dir schnell die Risse und geplatzten Nähte wieder zu.« Behände schlüpfte sie aus ihrem eigenen zerfetzten Khakianzug und ihrem durchlöcherten Unterzeug. »Aristide würde jetzt wahrscheinlich rot werden, aber er liegt ja auf seiner Koje und schläft. Nähen ist mein einziges hausfrauliches Talent – obwohl ich zu behaupten wage, dass ich auch noch andere entwickeln könnte.«
    Reith zog sich aus und reichte ihr seine Kleider. Dann holte er sein Schwert aus der Kajüte, stellte sich an die Reling und machte sich an die knifflige Fummelarbeit, die Drähte aufzudröseln, die den Griff mit der Scheide verbanden. Dabei drehte er Alicia geflissentlich den Rücken zu. Er wusste genau, wenn er sich jetzt dazu hinreißen ließ, ihren prachtvollen Körper anzustarren, würde seine unterdrückte Leidenschaft nur allzu deutlich sichtbar werden.
     
    Alicia arbeitete den ganzen langen Nachmittag durch. Als sie Reith schließlich seine Sachen überreichte, konnte er nicht anders als verblüfft ausrufen: »Aber das hast du ja ganz toll hingekriegt, Alicia! Die Sachen sehen ja wie neu aus! Vielen, vielen Dank auch!«
    »Gern geschehen, Fergus. Schade, dass ich nicht alles so leicht flicken kann.« Sie stand auf und schlüpfte in ihre Shorts. »Jetzt gehe ich mal zum Kapitän und versuche, ihm ein paar soziologische Daten aus der Nase zu ziehen. Wir sehen uns dann beim Abendessen.« Mit der Grazie einer Primaballerina ging sie nach achtern, wo der bärbeißige, wortkarge Gendu an der Reling lehnte, ein Auge auf dem Segel, das andere auf dem Steuermann, und zwischen den Zähnen eine seiner stinkenden Zigarren.
    Eine Stunde später, als Roqir hinter den Hügeln von Kap Dirkash erlosch, kam Alicia zurück und stellte sich an die Reling zu Reith, der düster auf das Meer hinaus starrte. Ein leises, kaum merkbares Lächeln spielte um ihre Lippen.
    »Was ist denn los?« fragte Reith, für einen Moment vergessend, dass er ihr eigentlich die kalte Schulter zeigen wollte. »Ich sehe doch, dass irgendwas passiert ist.«
    »Nicht viel. Bloß, dass der Kapitän mich gefragt hat, ob ich nicht Lust hätte, heute Nacht mit ihm seine Koje zu teilen – genau wie Sarf neulich auf der Morkerád. «
    »Diese krishnanischen Kapitäne und Präsidenten haben offenbar einen guten Geschmack, was terranische Frauen angeht das muss man ihnen lassen. Und, wie hast du dich entschieden?«
    »Wie? Würde es dir etwa etwas ausmachen? Vorgestern hast du mich noch regelrecht gedrängt, ich solle mir den Kapitän reinziehen.«
    Reiths Lippen strafften sich, das Blut schoss ihm in den Kopf, und seine Kinnbacken begannen zu arbeiten. Er sog tief Luft ein und zwang sich, in ruhigem Ton zu sagen: »Entschuldige, dass ich so grob zu dir war; ich hatte schlechte Laune. Was das anbetrifft, was du tust: Es ist allein deine Sache. Wenn du noch einen krishnanischen Liebhaber ausprobieren willst, bitte. Ich kann dir dazu nichts sagen.«
    Sie zuckte zusammen, zwang sich aber zu einem Lächeln. Sie rückte ein Stück näher an ihn heran und schaute mit einem fast flehenden Blick zu ihm auf. »Bist du sicher? Weil, wenn es dir wirklich egal ist, kann ich noch immer zu ihm gehen und ihm sagen, ich hätte es mir anders überlegt – ich würde doch mit ihm schlafen wollen.«
    »Heißt das, du hast ihn abblitzen lassen?« Trotz seiner Bemühungen, ein Pokerface zur Schau zu stellen, spürte er, wie sich seine Miene aufhellte.
    »Ja. Aber was für einen Unterschied macht das für dich?«
    »Natürlich macht es für mich …«, begann er erregt. Er hielt inne, schloss für einen Moment die Augen und holte tief Luft. Dann sagte er in ruhigem Ton: »Hör zu, Alicia, lass uns eins klarstellen. Es gibt viele Dinge, die zu tun du das Recht hast und die mich absolut nichts angehen. Was aber nicht heißt, dass sie mich nicht innerlich berühren. Manchmal tun sie mir weh, oder sie machen mich wütend oder eifersüchtig. Und manchmal erfüllen sie mich einfach mit Traurigkeit. Du erinnerst dich vielleicht, wie ich dir in Jazmurian gesagt habe, dass ich, wie viele andere Leute, Besitzansprüche gegenüber denen entwickle, die mir viel bedeuten.« Reith ärgerte sich, als er merkte, dass seine Unterlippe zitterte und seine Augen feucht wurden, aber er fuhr fort:
    »Wenn du dich leichtsinnig in eine lebensgefährliche Situation begibst, sollte ich mir eigentlich nicht mehr Sorgen machen als um jede x-beliebige andere

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