Die Gebrüder Kip
dann in der Strafanstalt von Port-Arthur, immer von einander getrennt gewesen wären. Was für sie freilich außer Zweifel stand, da sie ja die Urheber des Verbrechens nicht waren, das konnte für jeden anderen nur den Wert einer Vermutung haben. Wie hätten sie denn unwiderlegbare Beweise dafür beibringen können, daß der Kriß von einem der Matrosen des »James-Cook« weggenommen und dann von diesem zur Ermordung des Kapitäns Gibson benutzt worden wäre?… Sie sahen recht wohl ein, daß der Schein gar zu sehr gegen sie sprach. Zugegeben auch, daß die Annahmen Pieter Kips ganz logisch waren, konnten sie doch entscheidend nur für die sein, die sich unschuldig fühlten. Gerade das aber trieb sie – und vor allem Karl Kip – zur Verzweiflung… zu einer Verzweiflung, wogegen Pieter mit seinem unerschütterten Glauben an die göttliche Gerechtigkeit doch nur mit Mühe ankämpfte.
Auf die vom Kapitän Skirtle unternommenen Schritte hin hatten der Gouverneur und die Strafanstaltsverwaltung des Vereinigten Königreiches inzwischen die Genehmigung erteilt, die Gebrüder Kip. in den Bureaux von Port-Arthur zu beschäftigen. Das war gegenüber der Lage, in der sie sich bisher befanden, eine große Erleichterung, sie gehörten damit ja nicht mehr zu einer der Rotten, die Wege bauen oder Kanäle ausheben mußten, sondern wurden jetzt mit einem Teile der Buchführung der Anstalt oder auch, unter der Aufsicht anderer Beamter, mit der Entwerfung von Arbeiten an verschiedenen Punkten der Halbinsel beschäftigt.
Dabei blieb für sie aber noch immer der schlimme Übelstand bestehen, daß sie mit einbrechender Nacht in einen gemeinschaftlichen Schlafsaal zurückkehren mußten, und sich also von den Sträflingen des Bagnos kaum absondern konnten.
Die ihnen gewährte Vergünstigung erregte bei vielen von diesen auch die tollste Eifersucht. Zwei erst zum Tode verurteilte Mörder, deren Strafe nur umgewandelt worden war, erfreuten sich einer solchen Bevorzugung! War denn der Dienst, den Karl Kip der Familie des Kapitän-Kommandanten geleistet hatte, wirklich so viel wert?… Sich auf die Gefahr hin, ein wenig gebissen zu werden, auf einen Hund zu stürzen, das hätte wohl auch jeder andere fertig gebracht. Die beiden Brüder hatten sich also oft genug gegen rohe Gesellen zu verteidigen, und es bedurfte nicht selten der überlegenen Körperkraft Karl Kips, diese einigermaßen im Zaume zu halten.
Mitten unter der wilden Rotte von Galeerensträflingen, mit denen sie in den gemeinsamen Sälen zusammentrafen, gab es jedoch zwei Verurteilte, die ihre Partei nahmen und sie gegen die Roheiten der anderen verteidigen halfen.
Das waren zwei Männer von fünfunddreißig und von vierzig Jahren, zwei Irländer, namens O’Brien und Macarthy. Wegen welchen Verbrechens sie verurteilt waren, darüber hatten sie nie etwas verlauten lassen. Auch sie hielten sich so viel wie möglich beiseite und hatten sich infolge ihrer außergewöhnlichen Körperkraft einen gewissen Respekt zu schaffen gewußt. Offenbar waren es keine gewöhnlichen Verurteilten, und sie hatten gewiß eine bessere Ausbildung genossen als die gewöhnlichen Insassen des Bagnos. Ohne Zweifel empört, manchmal etwa zwanzig Taugenichtse gegen die Gebrüder Kip vorgehen zu sehen, waren sie den beiden Holländern beigesprungen, die rohen Gesellen abzuwehren.
Es lag hiermit ziemlich nahe, daß sich zwischen ihnen und den Gebrüdern Kip eine gewisse Vertraulichkeit entwickelte, obgleich die Irländer sehr düster und heftiger, wenig mitteilsamer Natur waren. Da raubte den Holländern aber eine weitere Verfügung der Verwaltung die Gelegenheit, mit jenen wie bisher öfters zusammenzutreffen.
Dem Kapitän Skirtle, der sich auch weiter für die Gebrüder Kip interessierte, war das Verhalten einiger, und gerade der unlenksamsten Sträflinge nicht verborgen geblieben. Er wußte, daß Karl und Pieter rohen, persönlichen Angriffen ausgesetzt waren. sobald sie in der Nacht die Gesellschaft anderer Sträflinge teilen mußten.
Andererseits hatte Frau Skirtle alles ihr mögliche getan, ihr Los zu mildern. Nachdem sie Herrn und Frau Hawkins wiederholt in Hobart-Town besucht und mit ihnen über die beiden Brüder gesprochen hatte, stiegen ihr bezüglich dieser doch gewisse Zweifel auf, und wenn sie auch noch nicht zugeben wollte, daß sie an dem Verbrechen von Kerawara ganz unbeteiligt wären, so erschienen ihr die Beweise für ihre Schuld doch nicht mehr so durchschlagend wie früher. Daneben
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