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Die Gedichte

Die Gedichte

Titel: Die Gedichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Maria Rilke
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du vermehrst
dich in mir, Großheit, damals schon zu viel! )
Ist Reisen – Suchen? Nun, dies war ein Ziel.
Der Wächter an dem Eingang gab uns erst

    des Maßes Schreck. Wie stand er niedrig neben
dem unaufhörlichen Sich-überheben
des Tors. Und jetzt, für unser ganzes Leben,
die Säule – : jene! War es nicht genug?

    Zerstörung gab ihr recht: dem höchsten Dache
war sie zu hoch. Sie überstand und trug
Ägyptens Nacht.
Der folgende Fellache

    blieb nun zurück. Wir brauchten eine Zeit,
dies auszuhalten, weil es fast zerstörte,
daß solches Stehn dem Dasein angehörte,
in dem wir starben. – Hätt ich einen Sohn,
ich schickt ihn hin, in jenem Wendejahre,
da einer sich entringt ums einzig Wahre.
»Dort ist es, Charles, – geh durch den Pilon
und steh und schau … «
Uns half es nicht mehr, wie?

    Daß wirs ertrugen, war schon viel. Wir Beide:
du Leidende, in deinem Reisekleide,
und ich, Hermit in meiner Theorie.

    Und doch, die Gnade! Weißt du noch den See,
um den granitne Katzen-Bilder saßen,
Marksteine – wessen? Und man war dermaßen
gebannt ins eingezauberte Carré,

    daß, wären fünf an einer Seite nicht
gestürzt gewesen (du auch sahst dich um),
sie, wie sie waren, katzig, steinern, stumm,
Gericht gehalten hätten. Voll Gericht

    war dieses alles. Hier der Bann am Teich
und dort am Rand die Riesen-Skarabäe
und an den Wänden längs die Epopäe
der Könige: Gericht. Und doch zugleich

    ein Freispruch, ungeheuer. Wie Figur
sich nach Figur mit reinem Mondschein füllte,
war das im klarsten Umriß ausgedüllte
Relief, in seiner muldigen Natur,

    so sehr Gefäß – – : und hier war das gefaßt,
was nie verborgen war und nie gelesen:
der Welt Geheimnis, so geheim im Wesen ,
daß es in kein Verheimlicht-Werden paßt!

    Bücher verblätterns alle: keiner las
so Offenbares je in einem Buche – ,
(was hülfts, daß ich nach einem Namen suche):
das Unermeßliche kam in das Maß

    der Opferung. – Oh sieh, was ist Besitz,
solang er nicht versteht, sich darzubringen?
Die Dinge gehn vorüber. Hülf den Dingen
in ihrem Gang. Daß nicht aus einem Ritz

    dein Leben rinne. Sondern immerzu
sei du der Geber. Maultier drängt und Kuh
zur Stelle, wo des Königs Ebenbild,
der Gott, wie ein gestilltes Kind, gestillt

    hinnimmt und lächelt. Seinem Heiligtume
geht nie der Atem aus. Er nimmt und nimmt,
und doch ist solche Milderung bestimmt,
daß die Prinzessin die Papyros-Blume
oft nur umfaßt, statt sie zu brechen. –

    Hier
    sind alle Opfer-Gänge unterbrochen,
der Sonntag rafft sich auf, die langen Wochen
verstehn ihn nicht. Da schleppen Mensch und Tier

    abseits Gewinne, die der Gott nicht weiß.
Geschäft, mags schwierig sein, es ist bezwinglich;
man übts und übts, die Erde wird erschwinglich, –
wer aber nur den Preis giebt, der giebt preis.

    Manchmal noch empfind ich völlig jenen
Kinder-Jubel, ihn :
da ein Laufen von den Hügellehnen
schon wie Neigung schien.

    Da Geliebt-Sein noch nicht band und mühte,
und beim Nachtlicht-Schein
sich das Aug schloß wie die blaue Blüte
von dem blauen Lein.

    Und da Lieben noch ein blindes Breiten
halber Arme war – ,
nie so ganz um Einen, um den Zweiten:
offen, arm und klar.

    Was nun wieder aus den reinen Scheiten
im Kamine leidenschaftlich flammt,
das war Juli, war August vor Zeiten – ,
oh, wie war es innig ein-gestammt

    in das Holz, aus dem es lodernd bricht!
Wär auch uns der Sommer eingeflößter,
unser Sommer, wenn er als ein größter
Tag entwölkte unser Angesicht.

    Auferstehung, nannten sie’s, vom Tode –
Ja, das mag ein solches Flammen sein;
denn der Tod war nie der Antipode
dessen, was sich hier dem Schein

    dieser Sonne gab und ihn begehrte – .
Das zum Troste reife Herz erkennts:
Totsein ist: das in uns umgekehrte
Brennen unsres Tempraments. *

    Wunderliches Wort: die Zeit vertreiben!
Sie zu halten , wäre das Problem.
Denn, wen ängstigts nicht: wo ist ein Bleiben,
wo ein endlich Sein in alledem? –

    Sieh, der Tag verlangsamt sich, entgegen
jenem Raum, der ihn nach Abend nimmt:
Aufstehn wurde Stehn, und Stehn wird Legen,
und das willig Liegende verschwimmt –

    Berge ruhn, von Sternen überprächtigt; –
aber auch in ihnen flimmert Zeit.
Ach, in meinem wilden Herzen nächtigt
obdachlos die Unvergänglichkeit.

    Wie vor dem Einzug, wie in leeren Gemächern,
hämmert der Specht an dem Stamme der kahlen
Ulme. Von Zukunftsplänen strahlen
die Winde über den Dächern.

    Dies wird einmal der Sommer sein.
Eine vollendete Wohnung.
    Welches

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