Die Gedichte
unbeschreiblich
die immer unentschiedene Gestalt.
Die Welt bleibt Kind; nur wir erwachsen leider.
Blume und Stern sind still, uns zuzusehn.
Und manchmal scheinen wir die Prüfung beider
und dürfen fühlen, wie sie uns bestehn.
Wege des Lebens. Plötzlich sind es die Flüge,
die uns erheben über das mühsame Land;
da wir noch weinen um die zerschlagenen Krüge,
springt uns der Quell in die eben noch leereste Hand.
Schlichtestes Trinken aus der vertrautesten Mulde
drinnen sich Schicksal, heimlich gezeichnet, verzweigt.
Sag dir: Ich bins. Und weil ich es nirgends verschulde
blieb es so hell, wenn ich mich drüber geneigt.
Siehe ich scheine in meine willigen Hände
und mein Schatten fällt tiefer vorbei.
Nicht, daß er mir, die ihn leichthin vergäße, verschwände,
nur, daß er eins mit der Erde sei!
– Vergaßest du’s von einem Jahr zum neuen,
wie Rosen duften? Wirst du’s jetzt behalten?
– Ach wer hält Düfte, wo doch selbst Gestalten
an uns verfließen, während sie uns freuen.
Ich bin! So rufts vom Willigen und Nahen.
Ich bin! antwortet ihm aus uns ein Schrein,
doch als wir dann an uns vorbeigeschahen
wo war der Seiende? Wo war das Sein?
Nur Götter sind. Durch ihre Spiegel ziehn
wir vor dem Hintergrund von Tier und Pflanze
Wieviel Weite, wieviel Wandlung,
andre Haltung, andre Handlung
von Muzot bis zur Fluh:
Das völlige Leben umfaßt es
nach dem Gesetz des Kontrastes,
und man stimmt musikalisch zu.
DER REISENDE
Auf einer Reise geschrieben, fiir den aus unerschöpflichem
Vertrauen mitwirkenden Freund so vieler Jahre,
Wege und Wandlungen
Wie sind sie klein in der Landschaft, die beiden,
die sich gegenseitig mit dem bekleiden,
das sie mit zärtlichen Händen weben;
und der Zug, der nicht Zeit hat, zu unterscheiden,
wirft einen Wind von Meineiden
über diese unendlichen Leben.
Ach das Vorbei, das Vorbei der zahllosen Züge,
und die Wiesen wie widerrufen;
Abschiede streifen die Straßen und Stufen,
wo noch eben in heiler Genüge
Menschen sich halten. Wer sie doch größer
machte, mindestens wie die Gebäude,
diese einander Freude-Einflößer,
diese offenen Opfer der Freude.
Kenn ich sie nicht, diese innig Beschwingten,
die von den plötzlich unbedingten
Herzen in endlose Räume gerissen,
schweben –,
oder die eben
von der gemeinsamen Wasserscheide
niedergleiten ins Weiche der Täler?
War ich nicht immer ihr leiser Erzähler?
Bin ich nicht einer? Bin ich nicht beide?
Bin ich nicht täglich ihr Aufstehn zum Ganzen,
ihr unsäglich reines Beginnen
und das kleine Besinnen mitten im Tanzen,
das sie vergessen?
Laß uns an ihnen langsam ermessen,
was ein Grab ist, ein Grab in der Erde
und die Beschwerde dessen,
was unterm Fuß war, nun überm Herzen für immer.
Schlimmer kann es nicht kommen. Aber auch an den bangen
Gräbern fahren die Züge vorüber,
und Über des Lebens
stehn unbefangen
an zitternden Fenstern.
Nach welchen Klimaten
ziehn wir im Reisen? Wer giebt uns den Wink?
Woher wissen wir, daß die Stete verging,
und lassen uns plötzlich weiterweisen
von Ding zu Ding?
Wer wirft unser Herz vor uns her, und wir jagen
dieses köstliche Herz, das wir nur in der Kindheit ertragen,
das uns seither trug.
(Aber wer war ihm Flug genug?)
Wie sehn sie die Landschaft, die rascheren hohen
Herzen, die uns im Schwung übertrafen,
diese Landschaft aus trüben und frohen
Blicken und Schlafen.
Wie mag sie den freien
Herzen erscheinen, die sich entzweien
von unserem Zögern …
Wie sehn sie die Häuser,
wie jene Gräber und wie die zu kleinen
Gestalten der Liebenden, abseits, –
wie aber die Bücher, die von dem Winde der Sehnsucht
aufgeschlagenen Bücher der Einsamen?
IMAGINÄRER LEBENSLAUF
Erst eine Kindheit, grenzenlos und ohne
Verzicht und Ziel. O unbewußte Lust.
Auf einmal Schrecken, Schranke, Schule, Frohne
und Absturz in Versuchung und Verlust.
Trotz. Der Gebogene wird selber Bieger
und rächt an anderen, daß er erlag.
Geliebt, gefürchtet, Retter, Ringer, Sieger
und Überwinder, Schlag auf Schlag.
Und dann allein im Weiten, Leichten, Kalten.
Doch tief in der errichteten Gestalt
ein Atemholen nach dem Ersten, Alten …
Da stürzte Gott aus seinem Hinterhalt.
ZWEI GEDICHTE
(Für E. S.)
Ex Voto
Welches, unter dein Bild, heft ich der Glieder, der kranken,
Schweigende du, die ich lang, die ich langsam beschwor?
Häng ich die Hände dir hin, die vom Herzen mir sanken,
oder selber das Herz, das diese Hände verlor?
Heilest du mir meinen Fuß, der zu der armen Kapelle
schmerzhaft
Weitere Kostenlose Bücher