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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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ihr 140-Quadratmeter-Wohnzimmer nannte, schaltete die
Ewigjunge das Bandgerät ein. Becker ließ sich in einen Clubsessel fallen und
stellte erschrocken fest, dass er ein Königreich gegeben hätte — für eine
Zigarette. Leider hatte er keine. Und Anna rauchte nicht, weil’s ja bekanntlich
die weibliche Gesichtshaut ruiniert. Nicht so rasch wie Salzsäure oder
Beulenpest — aber auf lange Sicht garantiert.
    Das Tonband spulte ab. Ein
Knacken. Dann Annas Stimme.
    „Anna Bolgakow-Feuchtweg.“
    „Da haben wir ja gleich die
Richtige“, sagte eine knotige Männerstimme.
    „Wie bitte?“, fragte Anna.
    „Bist du allein, Mädchen?“
    „Ich... Wer spricht dort?“
    „Ob du allein bist?! Es geht um
das Leben deiner Schwester.“
    „Wie... was... Ja, ich bin
allein. Aber warum...“
    „Du hörst zu“, fiel er ihr ins
Wort, „und redest nur, wenn du gefragt wirst. Klar?“
    Anna schwieg. Ob
eingeschüchtert oder gekränkt, war nicht auszumachen.
    „Ob das klar ist?“, brüllte der
Mann.
    „Ja.“
    „Dann pass auf. Wir — ich bin
nicht allein — haben deine Schwester Irma Heinze entführt. Sie ist in unserer
Gewalt. Heinze wird gleich mit dir reden, damit du’s auch glaubst. Wir fordern Lösegeld.
Klar? Eine Million. Deine Schwester hat kein Geld. Aber du wirst für sie
zahlen.“
    „Ich... ich...“
    „Halt den Mund! Ich übergebe
erst mal an deine Schwester. Und wehe ein falsches Wort, Heinze!“ Er sprach
jetzt abgewandt. „Dann schlage ich dich nieder.“
    Verdammte Kacke!, dachte
Becker. Das klingt echt. Eine Million! Schön wär’s. Da müsste Anna ihr Haus
verkaufen.
    „Anna!“, hörten sie jetzt die
Stimme der Kommissarin. „Ich bin’s. Du erkennst mich, nicht wahr?“
    „Natürlich, Irma. Ja.“
    „Es stimmt, was der Mann sagt.“
    „Aber wie kann... Das ist doch
Wahnsinn!“
    „Anna, wenn das Lösegeld für
mich nicht gezahlt wird, werden sie mir die Finger abschneiden. Einen nach dem
andern. Und dir zuschicken. Ich kann dich nur bitten... es für mich zu tun.“
    „Irma, ich habe keine Million.
Schon lange nicht mehr. Du weißt das. Ich habe nur noch die Aktien. Wie... wie
soll ich das machen?“
    Irma antwortete nicht. Offenbar
wurde ihr der Hörer weggenommen. Jetzt war wieder der Erpresser am Rohr. „Wie
viel kannst du aufbringen, Mädchen?“
    „Höchstens... ich weiß nicht...
vielleicht 100 000.“
    „Soll ich mal lachen? Ich
sagte: eine Million! Also, besorg dir das Geld! Du hast doch einen Macker,
diesen Baulöwen. Lass dir’s vorstrecken von ihm.“
    „Ich... ich weiß nicht, ob
Norbert... ich weiß nicht...“ Jedenfalls hat sie nicht gleich zugesagt, dachte
Becker. Dieser Typ hat wohl Restmüll im Schädel. Was interessiert mich die
Heinze! Wenn ich Geld vernichten will, könnte ich ja gleich ‘ne ehrliche
Steuererklärung machen.
    „Morgen um die gleiche Zeit“,
verhieß der Erpresser, „rufe ich wieder an. Dann erfährst du, wann, wo und wie
ich die Kohle sehen will. Und noch etwas, Mädchen: Kein Wort zu den Bullen!
Nicht ein Sterbenswörtchen! Sonst kommen die Päckchen mit den Fingern. Die
Bullen wissen zwar, dass wir deine Schwester haben — wissen aber nichts von
unserem Kontakt. Sollten sie bei dir anfragen — du hast keine Ahnung. Klar?“
    „Ja“, erwiderte Anna mit der
kläglichsten aller Stimmen. Dann wieder ein Knacken. Der Erpresser hatte die
Verbindung unterbrochen. Vermutlich, dachte Becker, hat er ein Handy benutzt.
    Anna schaltete das Bandgerät
aus. Tränen zogen Furchen durch ihr unauffälliges Make-up. So wie sie jetzt
aussah, gefiel sie Becker überhaupt nicht.
    Schweigen lastete in dem
riesigen Raum.
    „Ein verdammter Mist!“, sagte
Becker nach einer Weile. „Wir müssen davon ausgehen, dass alles so stimmt.“ Ihn
beschlich Unbehagen, als er sagte: „Was wirst du tun?“
    „Irma helfen. Das ist doch
klar. Ich löse sie aus.“
    „Hm.“
    „Und ich rechne mit deiner
Hilfe, Norbert.“
    „Selbstverständlich.“
    „Bitte, borg mir das Geld.“
    „Eine Million... äh, 900 000?
Das ist viel.“
    „Du bekommst dieses Haus und
das Grundstück als Pfand. Wenn ich das Geld nicht zurückzahlen kann, gehört
alles dir. Und du weißt, es ist viel mehr wert.“
    „Nicht doch!“, murmelte er. Und
setzte hinzu: „Aber das machen wir schriftlich. Weil... äh... wir sind ja nicht
verheiratet. Und ich muss meinem Partner Lothar Henrich Rechenschaft geben. Und
unserer Bank“, meinte er lahm, „denn die muss das Geld vorstrecken... für

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