Die Gefährtin Des Lichts erbin2
Vielleicht hörten sich die Lehren der Priester in diesen Tagen deswegen so konfus an.
Madding kam zu mir und setzte sich neben mich. Er ließ seinen Blick über die Schwimmbecken schweifen. Er wirkte bedrückt.
Ich musste begreifen. »Was hat er getan?« Dieselbe Frage hatte ich Si'eh gestellt.
»Etwas Furchtbares.« Während meines Schweigens war sein Lächeln verblasst. Sein Ausdruck war verschlossen, beinahe zornig. »Etwas, das die meisten von uns nie verzeihen werden. Er ist für eine Weile davongekommen, aber jetzt ist seine Schuld fällig. Er wird noch lange Zeit daran abzahlen.«
Manchmal machten sie gewaltige Fehler. »Ich verstehe es nicht«, flüsterte ich.
Er hob eine Hand, streifte mit den Fingerknöcheln über meine Wange und schob eine vereinzelte Locke beiseite.
»Er hat solches Glück gehabt, dich zu finden«, sagte er. »Ich muss zugeben, ich war ein bisschen eifersüchtig. Ein wenig von seinem alten Selbst ist noch vorhanden. Ich kann mir schon vorstellen, was dich zu ihm hinzieht.«
»So ist es nicht. Er mag mich nicht einmal.«
»Ich weiß.« Er ließ seine Hand fallen. »Ich weiß nicht einmal, ob er in der Lage ist, sich aus irgend) emandem etwas zu machen. Jedenfalls nicht aufrichtig. Er war noch nie gut darin, sich zu verändern oder anzupassen. Stattdessen zerbrach er. Dabei hat er uns alle mitgerissen.«
Der Schmerz, den er offensichtlich spürte, ließ ihn schweigen. Da verstand ich, dass Madding im Gegensatz zu Si'eh Sonnenschein immer noch liebte. Oder den, der Sonnenschein einmal gewesen war.
Mein Geist kämpfte gegen den Namen, den mein Herz flüsterte.
Ich suchte nach Maddings Hand und verschränkte unsere Finger ineinander. Madding sah mich an und lächelte. In diesem Lächeln lag so viel Trauer, dass ich mich zu ihm beugte und ihn küsste. Er seufzte den ganzen Kuss hindurch und lehnte seine Stirn an meine, als wir uns voneinander lösten.
»Ich möchte nicht mehr über ihn reden«, sagte er.
»In Ordnung«, sagte ich. »Worüber sollen wir stattdessen reden?« Ich glaubte, es bereits zu wissen.
»Bleib bei mir«, flüsterte er.
»Ich bin nicht weggegangen.« Ich versuchte es mit Leichtigkeit und scheiterte auf der ganzen Linie.
Er schloss seine Augen. »Bis jetzt war es anders. Jetzt ist mir bewusst, dass ich dich sowieso verlieren werde. Du wirst die Stadt verlassen, oder du wirst alt und stirbst. Aber wenn du bleibst, habe ich dich länger.« Er suchte nach meiner anderen Hand. Er war nicht so gut darin, Dinge ohne die Hilfe seiner Augen zu tun, wie ich. »Ich brauche dich, Oree.«
Ich leckte über meine Lippen. »Ich will dich nicht in Gefahr bringen, Mad. Und wenn ich bleibe ...« Jeder Krümel Nahrung, den ich zu mir nahm, jeder Fetzen Kleidung, den ich am Leibe trug, würde von ihm stammen. Könnte ich das ertragen? Ich hatte den Kontinent durchquert, meine Mutter und mein Volk hinter mir gelassen und hatte mich mehr schlecht als recht durchgeschlagen, damit ich so leben konnte, wie ich es für richtig hielt. Wenn ich in Schatten blieb, wo der Orden mich jagte und mir ein Mord auf Schritt und Tritt nachhing - konnte ich da überhaupt Maddings Haus verlassen? Es hieß Freiheit alleine oder Gefangenschaft mit dem Mann, den ich liebte. Das waren zwei schreckliche Alternativen.
Er wusste das. Ich spürte, wie er zitterte. Das alleine hätte fast schon gereicht. »Bitte«, flüsterte er.
Beinahe hätte ich nachgegeben.
»Lass mich nachdenken«, bat ich. »Ich muss ... ich kann nicht denken, Mad.«
Er öffnete seine Augen. Weil er so nah bei mir war und mich berührte, spürte ich, wie die Hoffnung in ihm verging. Er zog sich zurück und ließ meine Hand los. Ich wusste, er hatte begonnen, auch sein Herz zurückzuziehen und sich gegen meine Ablehnung zu wappnen.
»In Ordnung«, sagte er. »Nimm dir die Zeit, die du brauchst.«
Wäre er wütend geworden, wäre es so viel einfacher gewesen.
Ich wollte etwas sagen, aber er hatte sich abgewendet. Was gab es auch schon zu sagen? Nichts konnte den Schmerz, den ich ihm gerade zugefügt hatte, lindern.
Ich seufzte, stand auf und ging nach oben.
Maddings Haus war riesig. In der zweiten Etage, in der sich sein Zimmer befand, arbeiteten er und seine Geschwister auch. Sie stachen sich selbst, um winzige Fläschchen mit ihrem Blut zu produzieren, die sie dann an die Sterblichen verkauften. Durch dieses und andere Geschäfte war er reich geworden. Die Gottkinder hatten viele Fähigkeiten, für die Sterbliche nur zu
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