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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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was sie erlebt hatte, war es wohltuend, dass diesmal ihre Zähne klapperten, weil sie fror – und nicht aus Angst und Ekel und Hilflosigkeit und Grauen.
    Als sie das Ufer erreichte, fühlte sie sich erfrischt. Sie wusste, dass sie nach Aurel sehen musste, sich vergewissern sollte, ob er noch lebte. Doch sie konnte sich noch immer nicht dazu aufraffen.
    »Ich bin hungrig, könntest du …?« Sie wandte sich an Sancho, den sie an ihrer Seite wähnte, doch dann sah sie, dass er zu dem dünnen, großen, hoheitsvollen Mann getreten war, den sie auf dem Schiff gesehen hatte. Wie am Tag zuvor trug er einen Turban um den Kopf gewickelt und jenes kleidförmige Gewand. Sancho sagte etwas zu ihm, doch der dunkle Mann, der – wie sie nun wusste – den Namen Akil trug, schien ihn nicht wahrzunehmen, sondern starrte fortwährend auf sie.
    Schnell senkte sie den Blick, dachte an Sanchos widersinnige Worte, wonach dieser Heide sie von den anderen Heiden freigekauft hätte. Immer noch fiel es ihr schwer zu glauben, dass er es allein aus Menschenfreundlichkeit getan hatte.
    Mit gebeugtem Kopf blieb sie stehen, bis Sancho den Dunklen verließ und wieder zu ihr trat. Sie spürte, wie sein Blick über ihre Gestalt glitt. Der nasse Stoff klebte auf ihrer Haut. Sie fröstelte wieder, und diesmal war es nicht angenehm.
    »Was … was wird nun mit uns geschehen?«, fragte sie.
    Sancho gab keine Antwort darauf, sondern reagierte vielmehr mit einer überaus sonderbaren Frage.
    »Akil will wissen, wie deine Eltern heißen! Sag’s mir!«
     
    Sie verbrachte den Abend auf dem Schiff, nicht in einer engen, kleinen, stinkenden Kammer, sondern in einem hochgelegenen Raum des dreistöckigen Kastells, das auf dem Heck errichtet war und in dem kleine Tonkrüge mit Minzeblättern einen angenehmen Geruch verbreiteten. Akil, der nach den Namen ihrer Eltern hatte fragen lassen, schien großen Wert auf Reinlichkeit zu legen. Vor dem Abendessen kam ein Diener mit einer kupfernen Schüssel, in der Wasser stand – und noch etwas anderes, das einen säuerlichen Geruch verbreitete, das Alaïs jedoch nicht erkannte. Darin wusch sich der dunkle Mann lange und bedächtig die Hände. Sie waren feingliedrig und schmal und sahen nicht schwielig aus wie die eines Seefahrers.
    Als sie den Raum betreten hatte, hatte sie nicht gewagt, ihn anzusehen, zu groß war ihr Unbehagen. Obwohl die Bucht und die dortigen Häuser ihr fremd gewesen waren, hatte sie sich an Land sicher gefühlt. Doch dann hatte ihr Sancho erklärt, dass Akil auf das ankernde Schiff zurückkehren wollte, um dort den Abend und die Nacht zu verbringen, und dass er sie zum gemeinsamen Mahl bitten wollte. Obwohl er ihr beteuert hatte, dass es ein Wunsch war, kein Befehl, ein Zeichen der Gastfreundschaft auch, nicht der gewaltsamen Unterwerfung, war sie misstrauisch geblieben. Dass Akil den Namen ihrer Eltern wissen wollte, hatte sie nicht beruhigt, im Gegenteil. Immer sonderbarer schienen ihr die Menschen, in deren Hände sie geraten war, mochte Sancho auch noch so oft grinsend die Zähne blecken, als wäre das Leben ein lustiges Spiel.
    »Aurel …«, hatte sie gestammelt, obwohl die Aussicht, an dessen Seite zurückzukehren, genauso bedrohlich schien wie jene, wieder dieses fremde Schiff zu besteigen.
    »Habe eben nach ihm gesehen«, meinte Sancho. »Ist in tiefer Ohnmacht gefangen, der Glückliche. Für ihn hast du heute genug getan.«
    Da hatte sich Alaïs gefügt, um auf dem Schiff zu erleben, dass ihr fürs Erste tatsächlich kein neues Ungemach drohte, sondern nur ein reichhaltiges Essen.
    Obwohl sie immer noch nicht wagte, jenem Akil offen ins Gesicht zu sehen, begann sie schließlich, ihn aus den Augenwinkeln zu mustern. Sie rätselte, wie alt er wohl sein mochte. Da sämtliche Haare unter dem Turban verborgen waren, konnte sie nicht erahnen, ob sie schon grau waren. Die Haut wirkte gegerbt, aber das war sie womöglich schon in jungen Jahren gewesen. Seine Bewegungen glichen ob ihrer Langsamkeit denen eines sehr alten Menschen, doch anders als ein solcher wirkte er nicht von Schmerzen gebeugt, und er ächzte auch nicht vor Anstrengung. Vielleicht hatte er sich immer schon so bewegt – verhalten, geduldig, voller Hingabe an ein Schicksal, das auch dann ungerührt schaltet und waltet, wenn der Mensch keine Eile bekundet.
    Von jenem Schicksal begann er schließlich zu sprechen. San – cho hatte sich bereits gierig vom Essen genommen – flache Brot – fladen, Schafskäse, Oliven und

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