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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Hammelfleisch standen auf dem Tisch, Letzteres so weich gekocht, dass es förmlich im Mund zerschmolz. Akil hingegen schien keinen Appetit zu haben.
    »Gütig ist der Allmächtige und zugleich undurchschaubar, dass er mich mit Caterinas Tochter zusammenführt.«
    Alaïs erschauderte – weil er von seinem heidnischen Gott sprach und weil er Caterinas Namen in den Mund nahm, als stünde er ihr nahe. Mehr als je zuvor reute es sie, dass sich ihre Mutter, ja selbst der geschwätzige Vater, als so verschwiegen erwiesen hatten, wenn es um ihre Vergangenheit ging, um die geheimnisvolle Reise, die sie von ihrer Heimat im Languedoc in ein Fischerdorf in der Provence geführt hatte.
    »Mein Name ist Akil«, stellte sich der Fremde vor.
    Alaïs schaute verwirrt. »Das sagte Sancho bereits.«
    »Und du kennst diesen Namen nicht? Hat Caterina nie von mir erzählt?«
    Sie schüttelte benommen den Kopf und wusste nicht, ob ihn das kränkte. Wenn es so war, konnte er es gut verbergen. Ein Diener schenkte Wein ein – nur ihr und Sancho, nicht Akil – und sie ergriff den Becher und schüttete ihn rasch hinunter, nicht nur, um die Verlegenheit herunterzuspülen, sondern auch die Erinnerungen an den Nachmittag, die wellenartig in hier hochstiegen, nun, da sie so ruhig saß.
    »Und Gaspare … weißt du von Gaspare?«
    Alaïs zuckte die Schultern, der Wein war ihr heiß ins Gesicht gestiegen.
    »Akil meint, deine Eltern haben ihn gekannt«, schaltete sich Sancho ein, der ihre Verwirrung bemerkte. Er hörte nicht zu essen auf, kaute vielmehr sprechend weiter. Sie konnte förmlich sehen, wie seine ungewöhnlich weißen Zähne das Fleisch zermalmten. »Gaspare war ein weitgereister Mann. Einmal wollte er sogar die gleiche Route nehmen wie vor ihm Marco Polo: von Venedig über Syrien und Persien bis nach China, ungeachtet der endlosen Wüsten und gefährlichen Gebirgspässe, der tosenden Flüsse, der sengenden Hitze und der bitteren Kälte. Doch er hat Schiffbruch erlitten, ist irgendwo in einem Land, wo die Sonne aufgeht, gestrandet.«
    Alaïs verstand nicht, was das mit ihren Eltern zu tun hatte. Sie dachte wieder an Pio Navale, seine Neugierde auf die Welt und dass sich jener gewiss gut mit diesem Gaspare verstanden hätte.
    Akil aß und trank immer noch nichts.
    »Nun«, meinte er, »vielleicht ist es richtig, dass deine Eltern dir nichts von mir oder Gaspare erzählt haben. Manchmal ist es besser, nach vorne zu schauen, nicht zurück. Lange Jahre meines Lebens habe ich mich vom Gedanken an meine verlorene Heimat grämen lassen. Ich stamme aus Collo, einer Stadt in der Nähe von Tunis, musst du wissen. Lange Zeit träumte ich davon, zurückzukehren. Erst als ich einsah, dass meine Familie nicht mehr lebte und sich die Heimat verändert, wenn man zu lange davon entfernt lebt, kam ich in meinem neuen Leben an, meinem Leben als Seefahrer.«
    »Was … was treibt Euch hierher … auf diese Insel?«, stammelte Alaïs, obwohl ihr andere Fragen drängender schienen.
    »Nach den weiten Reisen an Gaspares Seite fahre ich … fahren wir«, er bedachte Sancho mit einem flüchtigen Blick, den Alaïs nicht zu deuten wusste – er war wohlwollend, aber auch vonoben herab –, »fahren wir also zwischen den Küsten Nordafrikas und Granadas hin und her. Diese Insel dient uns wie allen Händlern als Zwischenstation, nur dass wir nicht den Hafen der Ciutat nutzen, sondern geheime Buchten.«
    »Unsere Besatzung ist halb maurisch, halb christlich!«, fiel Sancho ihm ins Wort, immer noch kauend. »Und manchmal bin ich mit meinem eigenen Schiff unterwegs.«
    Er schluckte, bleckte seine Zähne. Das eigene Schiff schien ihn ungemein stolz zu machen. Wieder traf ihn Akils Blick, diesmal von einem nachsichtigen, leicht spöttischen Lächeln begleitet.
    »Aber warum … warum habt Ihr uns aus den Händen der Heiden … der Angreifer befreit? Ihr konntet nicht ahnen, dass ich Caterinas Tochter bin.«
    Akil antwortete nicht, sondern schien darüber ebenso einen Mantel des Schweigens breiten zu wollen wie über die Vergangenheit, die ihn mit ihren Eltern zusammengeführt hatte. Doch Sancho, der sich nun mit einer Hand über den fettigen Mund fuhr und rasch mit Wein nachspülte, rief: »Akil verabscheut den Sklavenhandel. Was denkst du, wie viel Geld er schon verbraucht hat, um Unschuldige vor diesem Schicksal zu bewahren?«
    Akils Blick blieb ausdruckslos, aber er widersprach Sancho nicht.
    »Ich … ich danke Euch«, stammelte Alaïs.
    Akil hob den Kopf, und jene

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