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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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dass die Brüste der Frauen mit dem Uterus verbunden sind«, erklärte er, »und das wiederum durch Venen, die das menstruelle Blut zu ihnen bringen. Jene Venen verändern die Farbe des Bluts von Rot in Weiß – denn das Fleisch der Brust ist weiß und nicht rot.«
    In einer fremden Sprache hätte er sprechen können, und sie hätte nicht weniger verstanden. Alles in ihr drängte dazu, sich umzudrehen, fortzulaufen, aber sie blieb wie angewurzelt stehen, als wäre sie in einen Bannkreis geraten, der auch sie zur Mitschuldigen, zur Frevlerin machte. Sie konnte nicht einfach gehen. Sie würde fortan mit der Entscheidung leben müssen, entweder schreiend die Wahrheit über dieses Treiben herauszuposaunen oder aber es zu verschweigen, weil es so ungeheuerlich war.
    »Lieber Himmel, wie könnt ihr nur?«, brachte sie nun endlich krächzend hervor.
    Aurel betrachtete Louises schlaffe Brüste nicht länger. »Der Uterus …«, fuhr er fort. »Der Uterus befindet sich über dem Rectum und hinter der Blase, ganz anders als bei den Tieren, dort hockt er hinter den Brüsten. Ist das so, weil der Mensch aufrecht geht? Ich denke doch. Der Fötus ist solcherart geschützter.«
    Seine Hände gruben in Louises Leib wie zu jener Stunde, da er das Kind geholt hatte, nur schienen Alaïs seine Bewegungen nun forscher und rücksichtsloser. Er musste ihren Körper ja auch nicht schonen. Blicklos starrten Louises geöffnete Augen auf die Scheunendecke, als gehörten sie nicht mehr zu dem Leib, der aufs Schauderlichste geschändet wurde.
    »Der Uterus hat einen langen Kanal, der an beiden Enden weit geöffnet ist. Das innere Ende ist besonders während einer Schwangerschaft fast geschlossen, das äußere Ende hingegen, dieVulva, ständig offen. Tastet man sich zu der inneren öffnung, findet man die Eierstöcke, desgleichen Venen, die davon wegführen. Während des Koitus werden in der Eierstöcken weibliche Spermien produziert, die schließlich – durch die Venen gejagt – auf die männlichen treffen.«
    Alaïs nahm eine Bewegung aus der Ecke wahr. Kurz streifte ihr Blick Emy, der immer noch die Fackel hielt und Alaïs nicht gleichmütig wie sonst, sondern ängstlich anstarrte.
    »Wie könnt ihr nur?«, fragte sie wieder, und diesmal klang es nicht heiser, sondern kreischend. »Ihr habt sie … ihr habt sie ausgegraben? Ihr habt ihren toten Leib einfach aus der Erde geholt?«
    Sie hörte nicht, wie Emy sich ihr näherte, spürte seinen heißen Atem erst, als er schon bei ihr stand. »Du … Du wirst uns doch nicht verraten, oder?«
    »Aber …«, setzte sie an.
    Emy zuckte hilflos die Schultern, blickte hilfesuchend in die Richtung seines Bruders. »Nun erklär es ihr doch!«, forderte er.
    Wieder hob Aurel nur kurz den Blick von Louises Unterleib, wieder sah Alaïs darin keinen Hauch von schlechtem Gewissen, nur Ungeduld, weil andere das Offensichtliche nicht begriffen. »Henri de Mondeville sagt, dass Gott und die Natur nichts umsonst tun. Alles hat seinen Sinn, alles seine Bedeutung. Und deswegen muss man alles ergründen, man muss es ganz genau betrachten … Hier, siehst du: Hier sind noch Reste des Mutterkuchens. Das beweist, dass sie niemals überlebt hätte, selbst wenn ihre Wunde verheilt wäre. Wenn er nicht restlos ausgespuckt wird, vergiftet er den Leib der Gebärenden.« Er zuckte die Schultern, als hielte er Louises Tod zwar für eine unnütze Verschwendung von Leben, aber nicht weiter bedauerlich. »Warum kommt ein Kind auf die Welt?«, fragte er plötzlich. »Geschieht es tatsächlich, weil es im Mutterleib ab einer gewissen Zeit an Nahrungsmangel leidet? So erklärt es Mondeville. Dann zerreißt es die Eihäute, und auf der Suche nach frischer Luft bewegt es sich Richtung Geburtskanal.«
    »Sie war schon begraben!«, rief Alaïs und versuchte den Gestank zu ignorieren, der in der Luft lag. Sie war nicht die Einzige, die ihn bemerkte. Fliegen und Mücken waren davon angelockt worden und umsurrten die Tote. Aurel wedelte unruhig mit den klebrigen Händen, um sie zu vertreiben.
    »Eben!«, sprach er, und das erste Mal sah er Alaïs beim Reden an. »Sie war schon begraben. Das heißt: Sie war mausetot. Ihr können wir nicht mehr helfen. Aber vielen anderen Menschen, ergründe ich nur ihren Leib. Sieh doch …« Er machte sich jetzt weiter oben im Körper zu schaffen, schnitt etwas heraus und hielt es gegen das Licht. Alaïs senkte rasch den Blick, um es nicht sehen zu müssen. »Hier die Membran. Sie trennt die Atemorgane

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