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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Ärzte verbunden und außerdem die Chirurgie von Abulcasis einbezogen, die ihrerseits auf Aegina fußt.«
    Wie immer ermüdete Alaïs die Aufzählung von so vielen Namen, doch auf den Papst hatten sie eine ganz andere Wirkung. Nur knappe Worte machte er, nachdem Aureis lange Rede geendet hatte. »Hoffärtig, aber nicht unwissend.«
    Offenbar war dies als Aufforderung zu verstehen, ihn zu behandeln. Der
Apothecarius
schnappte mit rotem Gesicht nach Luft, die Pagen kicherten wieder erstickt, der päpstliche Kämmerer jedoch trat auf Aurel zu und flüsterte ihm etwas ins Ohr, vielleicht eine Warnung, sich keinen Fehler zu erlauben. Aurel schnaubte nur verächtlich, ehe er sich um den höchsten und wichtigsten all seiner Patienten kümmerte.
     
    Alaïs konnte nicht erkennen, was Aurel mit dem verletzten Arm anstellte. Falls es ihm Schmerzen bereitete, so zeigte es der Heilige Vater nicht. Lediglich die Stirn runzelte sich unwillig, als würde eine hartnäckige Fliege um seinen Kopf schwirren.
    Wer hingegen nicht zu grummeln aufhören konnte, war Iaquetus Mêlions. Er schritt den Kreis ab, der sich um den Papst und den Medicus gebildet hatte, suchte die einen lediglich mit Blicken aufzufordern, gleichen Ärger über die Anmaßung des Fremden zu bekunden wie er selbst, andere, indem er sich vorbeugte und ihnen etwas zuraunte. Keiner rührte sich. Nur der Papst hob nach einer Weile die eine heile Hand, und diese schlichte Geste genügte. Iaquetus zog den Schädel ein, drängte mürrisch zwei der Edelknappen auseinander und verschwand hinter dem Gefolge. Nun, ohne sein Grummeln, war es totenstill. In der Ferne raschelte Wind im Geäst, Vögel sangen und die Schafe blökten noch immer aufgeregt. Aber vom Hofstaat kam kein Laut.
    Klar und deutlich stach darum Aureis Stimme hervor, als er sich flüchtig umwandte, Alaïs zu sich winkte und hinzusetzte: »Ich brauche …«
    Sie wartete nicht ab, bis er zu Ende gesprochen hatte, ergriff den Lederbeutel und wollte zu ihm hasten. Sie kam ganze drei Schritte, dann schloss sich vor dem Papst eine Mauer aus Menschen. Die bewaffneten Ritter stellten sich ihr ebenso in den Weg wie die dunklen Priester und die bunt gekleideten Pagen.
    Sie starrte sie verwirrt an. »Aber ich muss doch …«
    »Keine Frau kommt in die Nähe des Papstes.«
    Sie konnte nicht genau erkennen, wer diesen Satz gesagt hatte. Vielleicht der strenge Kämmerer? Nun, da sie seinen Blick suchte, starrte er allerdings hoheitsvoll an ihr vorbei. An ihrer statt trat nun Emy vor, übernahm schweigend den Beutel – und auch die Pflicht, Aurel zu assistieren. Alaïs öffnete den Mund, wollte protestierten, doch da packte Giacinto Navale sie am Arm und zerrte sie fort. Erst als sie bei einem der Wagen seines Kaufmannszugs angekommen waren, ließ er sie wieder los.
    »Was fällt dir ein, dich so aufzuführen!«, herrschte er sie an.
    »Ich?«, entfuhr es Alaïs gekränkt. »Aber ich habe doch nur …«
    »Hast es doch gehört. Der Papst duldet keine Weiber in seinem Umfeld.«
    Trotzig kniff sie die Lippen aufeinander und verbiss es sich mit Mühe zu sagen, dass sie entsprechend geschult sei, Aurel zu helfen.
    Giacinto interessierte sich ohnehin nicht für das, was in ihrem Kopf vorging, sondern ließ sie einfach stehen.
    Ärgerlich stampfte Alaïs auf und ging dann unruhig umher. Sie war die Einzige, die sich bewegte, denn das Gefolge des Papstes beobachtete Aurel ebenso steif wie Giacintos Männer. Im gleichen launischen Takt, wie sie auf den Boden trampelte, kamen ihr Flüche in den Sinn: dass man es wagte, sie zurückzuweisen, obwohl sie an Aureis Seite so viel gelernt hatte! Dass man vor allem aber auch glaubte, es wäre Gunstbezeugung, ließe man sie in die Nähe des blutenden Alten, anstatt ein Opfer für sie! Welchen Kitzel versprach es schon, schlaffe Haut zusammenzuflicken? Ihretwegen konnte sie gerne drauf verzichten – ja, sie konnte auf all die eitrigen, zahnlosen Kopfwunden, stöhnenden, speienden, sich windenden Kreaturen verzichten! Konnte auf diesen Fausto verzichten, auf Giacinto Navale, auf den sonderbaren Emy, auch auf …
    So weit zu denken, dass sie auch auf Aurel verzichten wollte, kam sie nicht, denn endlich setzte Getuschel ein und sie vermeinte, den
Cyrurgicus
wieder eifrig sprechen zu hören.
    An seiner statt schälte sich Emy aus der Menge, mit gleichmütigem Gesicht wie immer, als machte es keinen großen Unterschied, ob er nun die offenen Füße einer Bauersfrau verband oder die Armverletzung

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