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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Es war wohl an ihr, sich aus dieser vermurksten Situation herauszuwinden. Immerhin hatte ihr Vater den Gedanken an ein Konvent oder Stift inzwischen wohl aufgegeben; er hatte nie wieder davon gesprochen. Und Bänder und Stoff für ein neues Gewand hatte er ihr auch geschenkt.
    Also gut, mit ihm würde sie morgen reden. Bis dahin war ihr vielleicht eingefallen, wie sie es am geschicktesten anstellte.
    Dem Äffchen war es jetzt gelungen, den Kater vom First zu locken, und als der sich auf einen unsicheren Abstieg machte – das fehlende Hinterbein störte sein Gleich­gewicht – streckte sie die Arme nach ihm aus. Er rutschte, landete an ihrer Schulter und krallte sich fest.
    »Aua!«, entfuhr es ihr. Aber dennoch kraulte sie dem kleinen Kater, der jetzt seine Angst verloren hatte, das sonnenwarme Fell.
    »Komm, Matti, wir klettern nach unten.«
    »Mau.«
    Es war nicht so schwierig, die Fischweiber zum Tratschen zu bringen, stellte Laure fest. Bisher hatte sie sich selten an den Klatschereien beteiligt, meist, weil sie viel zu viel zu erledigen hatte, zum anderen, weil das üb­liche Geschwätz aus Gerüchten, Lästereien und üblen Nachreden ihr nicht gefiel. Aber heute, an einem dieser wunderbar sonnigen Oktobertage, war alles in Schwatzlaune. Das gestrige Gespräch mit Martine war ihr noch im Sinn, und so begann sie eine Unterhaltung mit den Frauen, die ihr damals dafür gedankt hatten, dass sie sie mitgenommen hatte. Man freute sich tatsächlich zu hören, dass die stumme Magd arbeitsam und anstellig war und auch inzwischen viel gesünder wirkte. Über die Gäste im Wirtshaus kam man unweigerlich auch wieder zu den spektakulären Zwischenfällen dort, und es brauchte nur wenig Anstoß, um den Herringsstetz ins Spiel zu bringen.
    Dass er bekannt dafür war, immer mal wieder in Tauf­becken zu pinkeln, gab offensichtlich Anlass zu den stän­digen Witzen, die über ihn gerissen wurden. Eine der Frauen wusste sogar, dass er wegen dieser Freveltaten schon ein paarmal von seinem Pfarrer exkommuniziert worden war.
    »Der war ein armer Kerl, der Evert. War mal gut verheiratet, aber die Frau ist früh gestorben und hat ihn mit zwei Töchtern allein gelassen.«
    »Die sind aber gut verheiratet, trotz allem«, wusste eine andere zu berichten.
    »Ja, im Grunde war er ein guter Mann, der Herringsstetz. Nur mänchmol ein bessche verdötsch. Fing an, nachdem die Trud jestorve es.«
    Andere nickten. Vor fünfzehn Jahren hatte er die irr­witzige Idee entwickelt, er sei Johannes der Täufer, der, wenn er ins Taufbecken pinkelte, den Täuflingen seinen besonderen Segen erteilte. Danach war er immer zutiefst unglücklich darüber, bereute aufrichtig, gelobte Besserung. Und dann passierte es doch wieder.
    »War aber viel auf Reisen, der Herringsstetz. Nach Deventer, gesalzenen Hering einkaufen. Da hat man’s vielleicht nicht so gemerkt. Wenn er gut drauf war, war er ein geselliger Kerl.«
    »Stimmt«, bestätigte Laure. »Er konnte launig erzählen, aber hin und wieder suchte er auch Händel.«
    »Hätt besser wieder geheiratet. So isser immer zu den Schwälbchen gegangen.«
    »Muss man einem Mann doch lassen. So sind sie eben.«
    Tja, so waren sie eben. Laure hörte noch eine Weile zu, aber was sie in Erfahrung bringen wollte, hatte sie gehört. Sie bezahlte die Händlerinnen, lud ihren Eselskarren voll und verabschiedete sich von den Fischmengerschen. Auf dem Heimweg sann sie über das Gehörte nach.
    Wenn es stimmte, dann passte der Herringsstetz in das gleiche Muster wie auch Stephan, der auch von seiner Schuld bedrückt war. Er verhielt sich in Zeiten der Verwirrung gotteslästerlich, wenn man ihn erwischte, bereute er, schien aber nach einiger Zeit wieder dem Zwang zu unterliegen, weiterzufreveln. Gut verdient hatte er auch: Kölner Heringe galten als Markenware.
    Kurzum, er suchte sicher Erlösung von diesem Trieb, die Taufbecken zu entweihen – oder in seinem Sinne zu weihen. Die Dirnen würden ihn damit schon an die richtigen Mittelsmänner verwiesen haben.
    Er mochte tatsächlich diesem Geheimbund angehört ha­­ben, und vielleicht hatte er darüber mit jemandem gesprochen. Weshalb man die beiden Söldner auf ihn angesetzt hatte.
    Die ihn nun ausgerechnet in ihrem Gasthaus entdeckt hatten.
    Und deshalb musste auch der Merheimer Pfarrer, Pater Elias, sterben.
    Wenn der Herringsstetz bei ihm gewesen und von ihm erwischt worden war, wie er das Taufbecken befleckte, und ihm gebeichtet hatte, dann mussten die Söldner

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