Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
säufst du tagein, tagaus das Bier weg, das ich für die Gäste braue.«
    »Halt bloß dein dummes Maul, Weib. Ihr habt mir alle nichts zu sagen.« Schwankend kam Goswin wieder auf die Füße. Sein Gesicht war rot, seine Kleider und Haare nass. Ernüchtert hatte ihn das Wasser nicht. »Und du verdammte Schlampe hältst dich da ganz raus. Das hier ist nicht dein Geschäft«, blaffte er Laure an und machte einen Schritt auf sie zu.
    Olaf stand ihm im Weg.
    »Du wirst meiner Schwester mit Achtung und Höflichkeit begegnen, Goswin. Oder ich setze bei dir den Hobel an, um die rauen Kanten zu glätten. Glaub mir, darauf verstehe ich mich!«
    Goswin, in seinem trunkenen Gefühl der Macht, versuchte, Olaf die Faust ins Gesicht zu schlagen. Laure schrie leise auf, aber da lag der Wagner auch schon am Boden.
    »Hat in der letzten Zeit wenig Glück mit den Fäusten«, murmelte Inocenta neben Laure.
    »Er ist ein Idiot«, knurrte sie.
    Das allerdings hatte Goswin gehört, kam wieder auf die Füße, schüttelte sein nasses Haupt und ging erneut auf Laure los.
    Elseken trat dazwischen. Sie bekam den nächsten Schlag ab.
    Sie schwankte, fiel aber nicht. Und mit einer Stimme, die wie das Zischen einer Schlange klang, sagte sie: »Du bist kein Mann, du bist ein Trottel.«
    »Ich bin dein Ehemann. Du hast mir zu gehorchen!«
    Wieder wollte er auf sie einschlagen. Elseken wich aus und spie: »Du warst noch nie ein Mann. Es ist ja wohl nicht meine Schuld, dass ich kinderlos geblieben bin.«
    »Du verdammte Hure, du Miststück, du elende alte Geiß. Du und die alte Hexe da oben, ihr habt mich mit einem Zauber belegt. Die mit ihrem bösen Blick …«
    Eine Pfanne traf ihn. Eine schwere, gusseiserne Pfanne, geschwungen von Martine.
    Elseken sah auf ihren Ehemann am Boden.
    »Schwein«, sagte sie und trat ihm mit dem Holzschuh in die Rippen.
    »Na, heute ist aber der Tag der Wahrheit gekommen!«, flüsterte Inocenta neben Laure.
    »Wahrlich. Kümmern wir uns um die Verletzten.«
    Der Streit und die Schlägerei hatten Laure für eine Weile von ihren Sorgen abgelenkt. Sorgen, die sie so recht niemandem anzuvertrauen wagte. Sie sorgte sich nämlich um Hagan. Seit vier Tagen hatten sie keine Nachricht von ihm er­­halten. Er war am Samstag nach Köln aufgebrochen, um den Priester Tilmanus zu suchen und über ihn Einlass in den Konvent zu erlangen. Sie hatte versucht, ihm dieses Un­­terfangen auszureden, und ihn gebeten, wenigstens zu warten, bis Piet wieder zurück war, aber er hatte sich durch­gesetzt.
    Und dann hatte er ihr noch einmal über die Wange gestrichen.
    »Sorgt Euch nicht, Frau Laure. Ich komme wieder. Haltet mir ein Mahl warm, ja?«
    Sie hätte ihm gerne mehr warm gehalten. Sogar ihr einsames Bett.
    Es war seltsam, aber irgendwie hatte er sich in ihre Gedanken und Gefühle eingesch­lichen. Er trug eine Last mit sich, unter der andere vermutlich zusammengebrochen wären. Sie hatte den Verdacht, dass sie noch um einiges größer war, als er ihr, ja selbst Piet, anvertraut hatte. Und dennoch bewahrte er sich eine Freundlichkeit gegen alle, gleichgültig ob Herr oder Knecht, Magd oder Dame. Und ihr gegenüber zeigte er beinahe mehr als nur Höflichkeit. Mög­licherweise bildete sie sich das auch nur ein, weil sie sich durch seine Art ernst genommen und geschmeichelt fühlte. Und hin wie her, er war ein Bischof und ein Mann von hoher Geburt. Und nicht für sie. Genauso wenig wie ein Ritter.
    Oder vielleicht doch?
    Heiraten würde er sie nicht – konnte er nicht. Er musste im Zölibat leben. Was aber nicht bedeutete, dass er, wie so viele Geist­liche, nicht auch eine Frau an seiner Seite haben konnte. Trotz aller Sorge musste Laure leise lachen.
    Konkubine? – Nein, das passte wirklich nicht zu ihr.
    Aber vielleicht Freundin.
    Doch die Zukunft war viel zu ungewiss, um sich darüber Gedanken zu machen. Hagan war in Köln, Piet mit Bertrand, dem Löffelschnitzer nach Lindenthal zu Upladhin aufgebrochen, und beide wollten dann nach Poppelsdorf reiten. Sie hoffte nur, dass sie bald zurückkämen.

35. Peinliche Befragung
    Aus tiefer Not schrei ich zu dir …
    Psalm 129
    Schmerzen, unablässige Schmerzen brannten in seinem Leib. Wie lange er schon in dem lichtlosen Gelass angekettet war, wusste Hagan nicht mehr. Nur einmal war die Frau aufgetaucht, in Begleitung zweier ihrer schwarzen Folterknechte. Sie hatte ihn kalt angesehen und ihm dann eine Wunde über dem Herzen gebrannt.
    Aber bevor sie ihn gebrannt hatten, hatte er einen

Weitere Kostenlose Bücher