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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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sich, leise schnatternd, an ihren Hals, wie so oft, wenn sie abends am Feuer saßen.
    »Wenn wir ein paar Wochen bleiben wollen, ist es besser, wir kennen die Umgebung. Und darum werden wir unser Lager für einige Tage gut versteckt im Wald aufschlagen und auf Streifzüge gehen.«
    »Was wollen wir herausfinden?«
    »Wohin die Wege führen, wer sich so im Forst herumtreibt, wo man Unterschlupf finden kann.«
    »Werden wir angegriffen, meinst du das?«
    »Keine Ahnung. Aber Fahrende werden gerne als Sündenböcke angesehen, und wenn irgendwo ein Einbruch passiert, ein Unfall geschieht oder eine Krankheit ausbricht, dann sind sehr schnell ein paar Klugscheißer der Meinung, dass nur wir es gewesen sein können.«
    »Und dann kennt man besser die Wege und Verstecke im Wald. Versteh ich.«
    »Außerdem lernst du Pilze sammeln und Fährten lesen und Schlingen legen«, ergänzte Inocenta.
    »Besser sie lernt Letzteres nicht«, warf der Magister ein. »Wir sind im Bannwald.«
    »Na und?«
    »Wenn du erwischt wirst, ist die Hand ab.«
    »Dann werden wir eben nicht erwischt, nicht Piet?«
    »Wir legen keine Schlingen«, antwortete der nüchtern. »Auch du nicht, Inocenta.«
    Die Zwergin blies zwar die Backen auf, aber sagte nichts weiter dazu.
    Am Abend hatten sie dann eine geeignete Stelle gefunden, um ihr Lager aufzuschlagen. Ein Rinnsal floss in der Nähe vorbei, mächtige Buchen bildeten ein dichtes Blätterdach, weiches Laub bedeckte den Boden.
    In den nächsten Tagen zogen sie auf Piets Geheiß in Zweiergruppen aus, die Gegend zu erkunden, und abends trugen sie ihre Erkenntnisse zusammen.
    Auch an diesem Abend saßen sie zusammen an einem kleinen Feuer. Inocenta und Janna, die Flickschneiderin, hatten Pilze gesammelt, die zusammen mit Speck und Zwiebeln in der flachen Pfanne schmorten. Brot hatte die Rattenfängerin aus einem kleinen Dorf am Waldrand mitgebracht, und als Getränk diente ihnen das klare Wasser aus dem Rinnsal. Melle hatte reife Brombeeren gesammelt und sie zum Mahl beigesteuert.
    »Ich denke, wir haben nun einen guten Überblick über den Wald und seine Wege«, sagte der Magister und häufte sich von dem Pilzragout auf eine Brotscheibe. »Was meinst du, Piet?«
    »Denke auch. Morgen früh will ich noch mal zum Florsbach hoch, da habe ich ein paar Spuren gesehen, die ich überprüfen will. Ansonsten können wir das Lager abbrechen und in das Gasthaus ziehen.«
    »Was für Spuren?«, wollte Melle wissen.
    »Wolfsspuren. Und solche von Jägern.«
    »Jägern? Ich dachte …«
    »Richtig, Jäger, die nicht hier sein sollten.«
    »Darf ich mitkommen?«
    »Nein«, sagte der Magister.
    Sie sandte ihm einen wütenden Blick. Meist kümmerte er sich überhaupt nicht um sie, aber dann, wenn etwas Aufregendes anstand, mischte er sich ein.
    »Piet hat hier das Sagen, Magister. Nicht Ihr.«
    »Weshalb du ständig um ihn herumschwänzelst, Melle?«
    »Es ist für ein Weib besser, wenn ein Mann von Ansehen ihm Schutz bietet.«
    »Das hat dich vermutlich deine Mutter gelehrt«, sagte der Magister, doch Vorwurf klang nicht in seinen Worten. Melle aber wollte Vorwurf hören und fauchte zurück: »Das hat mit meiner Mutter gar nichts zu tun. Aber was könnt Ihr mir schon bieten, Magister Vater? Ihr wackelt mit der Feder und kratzt auf Pergament, aber ein Messer nutzt Ihr nur zum Essen.«
    Piet grinste, zeigte aber gleich darauf wieder ein unbewegtes Gesicht.
    Magister Hagan antwortete gleichmütig: »Natürlich, Melle. Zum Essen ist es doch sehr nützlich. Was sollte ich sonst damit tun? Es auf harmlose Äpfel werfen?«
    Melle knirschte mit den Zähnen.
    »Vielleicht Eure Tochter beschützen?«
    »Gegen was? Gefähr­liche Brombeerranken? Giftige Pilze? Eichhörnchen, die dir die Nüsse aus dem Korb stehlen?«
    »Piet hat gesagt, es gibt Wölfe«, sagte sie, und ihre Stimme überschlug sich vor Wut. »Aber vor denen würdet Ihr ja doch nur Reißaus nehmen.«
    »Ein kluges Verhalten, Kind«, brummte Piet.
    »Warum habt Ihr diesen Magister Hasenfuß nur in Eure Truppe aufgenommen?«, zischte Melle nun auch ihn an.
    » Manus manum lavat .«
    Verwirrt sah sie den Anführer an.
    »Hand wäscht Hand?«
    »Man hat dich Latein gelehrt?«
    »Ja, und? Pfarrer Daniel war ein gelehrter Mann. Aber ich zeig’s nicht. Trotzdem, welche Hand hat dieser Federfuchser hier gewaschen?«
    »Du musst nicht alles wissen, Kind«, sagte der.
    Piet nickte.
    »Dein Vater hat recht, Melle. Es ist an der Zeit, den Mund zu halten. Hilf den Frauen, die

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