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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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glaube, er gibt sich die Schuld an dem, was geschehen ist. Weil sie sich zuvor gestritten hatten und er ihn nicht mehr um Verzeihung bitten konnte. Ach, es ist traurig, Hagan. Ich weiß nicht, wie ich ihm helfen kann. Er geht seiner Arbeit nach, das ja, aber mir will es vorkommen, als ob das Licht in seiner Seele erloschen ist.«
    »Das tut mir leid, Frau Bela. Aber die Zeit vermag viele Wunden zu heilen.«
    »Diese schwärt nun schon seit zwei Jahren in ihm. Je nun, er geht wieder auf Reisen, und ich erwarte ihn in den nächsten Tagen zurück. Vielleicht willst du dich einmal mit ihm treffen, Hagan?«
    »Wenn es meine Zeit und die Umstände zulassen, gerne.«
    Er ließ sich auch von dem dritten Sohn berichten, der geheiratet hatte und nach Aachen gezogen war. Frau Belas Stimmung wurde wieder heiter, als sie von ihren Enkeln sprach. Auch über die weitere Verwandtschaft wusste sie viel zu berichten, und der Abend sank schon, als es Hagan endlich gelang, sich von ihr zu verabschieden. Nicht ohne das Versprechen, seine Tochter alsbald zu ihr zu bringen.
    So kam es, dass es schließlich zu spät war, als er am Rheinufer ankam. Die Fähre lag auf der anderen Seite und würde ihn erst am Morgen wieder übersetzen, beschied man ihm. So musste er mit einer überfüllten Kammer in einem lauten Gasthaus am Hafen vorliebnehmen.
    Und während sein Bettgenosse sich die Flohbisse kratzte, ein anderer Knoblauchatem rülpste und ein dritter sich stöhnend in einem Albtraum wand, dachte er sehnsüchtig an seine ruhige Kammer in der »Bischofsmütze«.
    Er dachte auch an die Wirtin, die mit unglaub­licher Arbeitskraft und Zähigkeit darauf achtete, dass ihr Haus gut geführt wurde. Es war eine bemerkenswerte Erkenntnis für ihn. Frauen sorgten für das Haus – Haushälterinnen, Eheweiber, Mütter, Töchter oder Schwestern übernahmen diese Aufgaben. Er hatte einst in Efferen gelebt, wo Frau Bela dem Hauswesen vorstand, aber als Junge hatte er sich nie Gedanken darüber gemacht, was das bedeutete. Er hatte die Domschule besucht, war zusammen mit anderen Jungen untergebracht gewesen, und dort hatten Bedienstete für ihr Wohl gesorgt. Er hatte im Feld gelebt, auch mit Männern zusammen, mehr recht als schlecht Unterkunft und Verpflegung erhalten. Dann war er wieder auf einer Burg gelandet, bei Sibert von Schlebusch, dort hatten ein Majordomus und eine Haushälterin nach dem Rechten gesehen. Und in Speyer hatte ebenfalls eine Hausfrau, ein rechter Drachen, sich um seine Bedürfnisse gekümmert. Was die Fähig­keiten dieser Frauen ausmachte, hatte er nie hinterfragt. In der »Bischofsmütze« aber erlebte er es erstmals Tag für Tag mit, und er empfand immer mehr Achtung vor der Arbeit, die die Wirtin leisten musste.
    Außerdem war sie niedlich.
    Viel zu niedlich für eine Wirtin. Jene, die er bisher kennengelernt hatte, waren stämmige Weiber, laut, oft derb, fett vom Verkosten des Essens und nicht selten trunken von Bier und Wein. Oder sie waren zänkisch und mager und habgierig.
    Laure war nichts davon, obwohl sie durchaus deut­liche Worte fand, wenn Gäste sich danebenbenahmen. Aber sie kam immer mit einem Lächeln in den Schankraum und bereitete fast jeden Tag eine kleine Besonderheit zu, die sie den Leuten anbot. Außer den beiden Söldnern, die mit ihrem Stiefsohn herumhingen, benahmen sich die Besucher fast immer gesittet, was sicher auch ihr Verdienst war.
    Allerdings war da dieser Todesfall gewesen, fiel ihm eben ein. Von dem der Drugwarenhändler Overrath gesprochen hatte. Die beiden Söldner hatten sie im Verdacht.
    Der Mann neben ihm keuchte im Schlaf.
    Und Hagan war plötzlich hellwach.
    Der Pfarrer von Merheim und der Heringshändler waren umgebracht worden. Sollte Laure mit ihrem Verdacht recht haben, dann verbarg sich dahinter vielleicht noch ein weiterer Zusammenhang. Man hatte sich mit der billigen Erklärung zufriedengegeben, der Herringsstetz habe den Pfarrer erschlagen und sich dann, von Gewissensnöten geplagt, selbst erhängt oder sei von Overrath im Streit erdrosselt worden. Mög­licherweise aber könnte doch noch mehr da­­hinterstecken.
    In der »Bischofsmütze« liefen ein paar eigenartige Fäden zusammen.
    Mehr, als es zunächst den Anschein hatte.
    Lothar von Hane – Frau Bela kannte die Familie dem Namen nach. Ein altes, angesehenes Rittergeschlecht, das eine Wasserburg bei Dünnwald besaß. Sie waren von den Herzögen von Berg belehnt, und wie es hieß, hatte sich ein Konstantin von Hane vor langer

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