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Die Gefährtin des Vaganten

Die Gefährtin des Vaganten

Titel: Die Gefährtin des Vaganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wissen.
    »Habe ich noch nicht herausgefunden. Ich kenne keine Fernhändler. Aber das wäre jetzt mein nächster Schritt. Ich habe den Verdacht, dass dieses alte Leinen«, Piet holte den Fetzen hervor, den er letzthin erstanden hatte, »aus diesen Binden stammt, mit denen man die Mumia eingewickelt hat. Sie sind harz- oder pechgetränkt, von ungewöhn­licher Webart und ganz offensichtlich sehr alt. Diese Fetzen als Grabtuch Christi auszugeben ist keine schlechte Idee.«
    »Aber wer macht so was? Und warum?«
    »Ihr seid eine sehr gläubige Frau, Laure?«, fragte Piet sanft.
    Laure druckste ein wenig. Ja, sie glaubte an einen allmächtigen Gott, und sie betete oft inbrünstig zur Jungfrau Maria. Sie hielt die Feiertage ein und freute sich an Weihnachten über die Geburt des Erlösers und trauerte an Karfreitag über seinen grausamen Tod. Aber sie wusste auch, dass diejenigen, die die Worte Gottes verkündeten, nur Menschen waren. Und manche von ihnen sogar sündige, gar böse.
    »Es ist nicht alles gut, was im Namen Gottes getan wird«, sagte sie schließlich leise.
    »Nein, nicht alles. Obwohl auch Gutes in seinem Namen geschieht, dürfen wir nicht die Augen davor verschließen, dass mit eben diesem Namen Schindluder getrieben wird. Und höchst gewinnträchtige Geschäfte gemacht werden.«
    »Also gibt es jemanden, vermutlich einen Mann der Kirche, der diesen Handel betreibt.«
    »Richtig. Und zwar auf sehr geschickte Weise, Frau Laure. Es muss ein Mann mit Einfluss sein, denn schon auf unserem Weg von Konstanz hierher haben wir immer wieder Wanderprediger gehört, die eine neue Geschichte verbreiten. Mög­licherweise habt Ihr sie auch schon vernommen?«
    »Über das Grabtuch? Nur was Elseken davon erzählt hat. Von einem Priester noch nicht.«
    »Nun, man berichtet allerorten von den frommen Kreuzrittern, die Leintücher aus dem Grab Christi gefunden und sie nach Köln gebracht hätten. Das deckt sich mit dem Auftauchen dieser wundertätigen Reliquien in der letzten Zeit.«
    »Und gleichzeitig predigt man über den Joseph von Arimathäa, der den Leichnam des Herrn mit Myrrhe und Aloe salbte und in Leinen band«, ergänzte der Magister.
    »Ja, aber … aber, was habe ich mit all dem zu tun? Oder das Gasthaus?«
    »Wo unlautere, geheime Geschäfte abgewickelt werden, Frau Laure, kommt es zu Gewalttätigkeiten. Ein Händler starb und ein Pfarrer. Einer Frau wurde die Zunge heraus­gerissen, eine alte Einsiedlerin gehetzt und bedroht. Der Mann, der Letzteres tat, steht in Verbindung mit einem Damenstift in Köln, das angeblich über jenes Grabtuch wacht«, erklärte Piet in eindring­lichem Ton. »Ritter Lothar von Hane ist in diese Angelegenheit tief verwickelt.«
    »Und der Pfarrer Tilmanus, über den Ihr mit Recht äußerst ergrimmt seid, dient diesen Stiftsdamen als Beichtiger. So er denn der näm­liche ist.«
    »Heilige Jungfrau Maria!«
    »Es wird uns auch erst so ganz allmählich klar, Frau Laure, was sich hier abspielt. Und es ist ein großes Spiel, das schon in Konstanz begonnen hat.«
    »Das sieht so aus.«
    Laure reckte sich. Es war ungeheuerlich, was die beiden Männer da vermuteten. Es war irrwitzig und furchterregend. Es war, als sei eine fremde, bedroh­liche Welt in ihr bescheidenes Gasthaus eingebrochen. Sie konnte das Entsetzen in der Stimme unterdrücken, als sie fragte: »Warum, um Gottes willen, habt Ihr hier Obdach gesucht, Magister Hagan?«
    »Wir wussten nicht, Frau Laure, dass es Verbindungen gab. Sollen wir fortziehen?«
    Beide Männer sahen sie ernsthaft an.
    Es würde nichts nützen. Was geschehen war, war geschehen. Es konnte noch weit Schlimmeres geschehen. Ihr Fortgehen würde daran nichts ändern.
    Aber sie musste ihnen vertrauen können, und zum Vertrauen gehörte auch, dass sie ihr verrieten, welches Geheimnis sie mit sich trugen.
    »Ihr könnt bleiben. Aber sagt mir die Wahrheit über Euch«, flüsterte sie.
    »Das ist nur gerecht«, murmelte Piet. »Hagan, sie ahnt es sowieso schon.«
    Der Magister sah sie lange an, dann lächelte er wieder.
    »So ein nied­liches Gesicht, und so eine Schlauheit dahinter.«
    »Lacht nicht über mich!«
    »Nein, Frau Laure, ich lache nicht über Euch. Ich bewundere Euch vielmehr. So hört denn meine erbärm­liche Ge­­schichte.«
    Später, bei dem flackernden Schein des Nachtlichts, saß Laure über ihrem Büchlein und zeichnete. Anders wollten ihre Gedanken nicht zur Ruhe kommen. Sie war mitten in einen Wirbel von Ereignissen geraten, die ihre

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