Die Gegenpäpstin
beten.
Lieber Gott, wie kannst du so etwas zulassen? Wenn es dich wirklich gibt: Hol mich und mein Kind hier raus!
Wie betäubt kehrte sie zu ihrem spartanischen Bett zurück, setzte sich mutlos und zog sich schützend die Decke über die Schultern.
Den Kopf in beide Hände gestützt, begann sie nachzudenken.
Immer wieder sah sie die Bilder vor sich, wie Bergman redete, ruhig und scheinbar abgeklärt, und wie er sich bereitwillig
hatte zur Schlachtbank führen lassen, beinahe wie ein Lamm, das zum Paschafest geopfert wird.
Plötzlich wurde die Tür geöffnet und eine grelle Lampe eingeschaltet.
Begleitet von zwei ganz in Schwarz gekleideten Wachen, die mit modernen deutschen Maschinenpistolen bewaffnet waren, trat
ein kleiner grauhaariger Mann in einem weißen Kittel ein. Er selbst war unbewaffnet und trug ein Stethoskop um seinen kurzen,
faltigen Hals, was ihn neben seiner weißen Hose und den passenden Schuhen auf den ersten Blick als Arzt auswies. Seine schmalen
Lippen bemühten sich vergeblich um ein freundliches Lächeln.
Der lauernde Blick und auch seine abgehackten Bewegungen erinnerten Sarah an eine uralte Echse.
»Wie geht es Ihnen?« fragte er harmlos. Seine Begleiter sicherten derweil in reichlich übertriebener Weise den Ausgang. »Haben
Sie gut geschlafen?«
|352| Sarah wunderte sich, daß er Hebräisch sprach. »Sie machen Scherze«, erwiderte sie, während sie all ihre Angst überwand, um
ein ironisches Grinsen zustande zu bringen. »Aber wenn Sie sich schon erkundigen, dann sagen Sie mir doch, was das alles soll!
Wer hat mich entführt und warum?«
»Ich muß Sie leider enttäuschen«, entgegnete der alte Mann nun deutlich ernster. »Ich bin hier, um Sie zu untersuchen. Alles
weitere erfahren Sie zu einem späteren Zeitpunkt.« Dann zückte er einen eleganten Personal-Digital-Assistent, der im krassen
Gegensatz zu seinen knochigen, mit Altersflecken übersäten Händen stand, und tippte etwas ein. »Wann hatten Sie das letzte
Mal Ihre Periode?«
Sarah spürte, wie sie zusammenzuckte, dann taxierte sie den Mann vorsichtig. »Warum müssen Sie das wissen?« wagte sie vorzubringen.
»Sind Sie schwanger?«
»Nein«, antwortete sie prompt.
»Gut«, sagte der seltsame Arzt. »Andernfalls hätten wir eine sofortige Abtreibung einleiten müssen. Also, wann war Ihre letzte
Periode?«
»Vor einer Woche«, log sie.
Der Alte schaute auf und streckte seine Hand nach ihr aus, um ihr die Decke von den Schultern zu nehmen. »Stehen Sie auf!
Ich muß sehen, ob Sie irgendwelche Gebrechen haben.«
Sarah erhob sich unwillig. Der Alte schob ihre langen Haare beiseite und begann, sie kritisch zu mustern.
»Sehr schön«, sagte er mehr zu sich selbst. »Haben Sie irgendwelche gesundheitlichen Probleme, die einer Schwangerschaft im
Wege stehen könnten?«
Sarah rang nach Atem. Diese ganze Prozedur, die ihr wie eine Fleischbeschau auf einem Viehmarkt erschien, rief ihren Zorn
hervor. Und doch versuchte sie, ruhig zu bleiben. Trotz des augenscheinlichen Wahnsinns, der sie umgab, mußte sie versuchen, |353| einen klaren Kopf zu behalten. Vielleicht konnte sie, wenn sie die richtigen Antworten gab, verhindern, daß man sie noch eingehender
untersuchte.
»Nein«, sagte sie fest. »Und ich nehme weder die Pille noch andere Verhütungsmittel.«
»Ich muß Sie loben.« Der Arzt lächelte spöttisch. »Es wird den Erhabenen freuen zu hören, wie kooperativ Sie sind.«
Seine knochigen Finger tippten wieder etwas in den Computer ein.
»Ich muß noch Herz und Lunge abhören und Ihren Blutdruck messen.« Er nahm sein Stethoskop in die Hand. »Sie sind ein braves
Mädchen und machen uns keine Schwierigkeiten, nicht wahr?« Sein Blick wanderte zu den beiden Gorillas, die mit finsterem Blick
jede Bewegung registrierten, die Sarah machte.
Das kalte Rund des Stethoskops zwischen ihren Schulterblättern verursachte ihr eine Gänsehaut. Sie konnte sich nicht erinnern,
wann sie sich jemals so unwohl gefühlt hatte. Ihr Fluchtinstinkt war beinahe übermächtig, aber sie wußte auch, daß sie gegen
die beiden Wächter nichts würde ausrichten können.
»Ihr Herz flattert ja wie bei einem Vögelchen«, amüsierte sich der Alte. »Sie müssen nicht so aufgeregt sein. Es wird Ihnen
nichts geschehen, was man als unangenehm bezeichnen könnte. Viele Frauen wären stolz darauf, die Auserwählte unseres Erhabenen
zu sein und sein Kind zur Welt bringen zu dürfen.«
Sarah hielt die Augen
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