Die Gegenpäpstin
seinem Beistelltischchen lag eine Sonderausgabe einer italienischen Boulevardzeitung.
Geheime Sekte plante den Vatikan zu übernehmen,
lautete die Schlagzeile. Darüber war das Konterfei Angelo Neros zu sehen.
Sarah erklärte ihren ahnungslosen Freunden in wenigen Worten die von Schwartz vorgetragenen Zusammenhänge.
Rolf schüttelte ungläubig den Kopf. »Wer hätte das gedacht? Dein Professor war ein perfekter Schauspieler, selbst als die
Sache in die Katastrophe steuerte, hat er seine Rolle gespielt.«
»Wobei ich nicht glauben will, daß er tatsächlich mit seinem grausamen Tod gerechnet hat«, fügte Sarah mit düsterer Miene
hinzu.
Regine von Brest nahm sie in den Arm. »Vor diesem Hintergrund wird eure Rettung zu einem wahren Gottesgeschenk«, sagte sie
ernst. »Nicht auszudenken, wenn euch niemand gefunden hätte.« Mit einem Seitenblick auf Padrig, der schweigend in seinem Bett
lag und erschöpft wirkte, fuhr sie fort. »Es tut mir leid, Padrig, wenn ich Sie zu Unrecht verdächtigt habe. Sie
sind
genau der Mann, für den ich Sie von Beginn an gehalten habe. Zuverlässig, mutig und gewissenhaft.«
Für einen Moment senkte die Beginenchefin den Kopf. Dann hob sie ihn erneut und schaute Sarah mit ihren ernsten grünen Augen
an. »Ich muß dir diese Frage stellen, Sarah. Selbst wenn sie |444| dir nach all dem, was du erlebt hast, unpassend erscheint. Bist du immer noch bereit und in der Lage, auf unserer Kundgebung
morgen zu sprechen?«
»Mehr als jemals zuvor«, erwiderte Sarah mit fester Stimme. »Wenn die ganze Geschichte einen Sinn gehabt haben soll, dann
den, daß die Wahrheit über Mirjam von Taricheae und ihre Botschaft ans Licht kommt.«
Plötzlich läutete Morgensterns Mobiltelefon. Er sprach schnell, dann sah er auf und blickte Sarah mit einem hintergründigen
Lächeln an. »Ich habe noch eine Überraschung für Sie.« Die Vorfreude in seiner Stimme war kaum zu überhören.
»Und ich hoffe, dieses Mal ist sie angenehmerer Natur«, erwiderte Sarah mit einem angespannten Lächeln.
Im Hinausgehen wandte er sich dem erstaunten Militärattaché zu. »Draußen steht ein guter Freund. Seine Unterstützung hat entscheidend
zu unserem Ermittlungserfolg beigetragen.«
Als er wenig später zurückkehrte, hätte Sarah weinen können vor Glück. Es war ihr Vater, der, von sorgenvoller Blässe gezeichnet,
zusammen mit Morgenstern im Türrahmen erschien. Sie lief ihm entgegen und umarmte ihn stürmisch.
Moshe Rosenthal begleitete seine Tochter mit sichtbarem Stolz zu ihrem Bett zurück und stellte unter einem leisen Schnaufen
seine schwarze Tasche ab. Seine Begrüßung fiel ein wenig verhalten aus, und insbesondere Padrig galt sein leicht kritischer
Blick.
Morgenstern organisierte einen weiteren Stuhl, damit sich der Rabbi aus Haifa neben seine Tochter setzen konnte. Rosenthal
bückte sich ein wenig mühsam und zog eine goldene Kette mit einem großen Amulett hervor, das er in die Höhe hielt, als wolle
er seiner Tochter einen Orden verleihen.
»Liebes Kind«, begann er mit getragener Stimme. »Deine Mutter hätte gewollt, daß du dies trägst. Ihre Mutter hat es getragen
und deren Mutter davor. Und das, obwohl eine immerwährende |445| Gefahr der Entdeckung von diesem Schmuckstück ausging. Nach dem Tod deiner Mutter war meine Angst zu groß, es an dich weiterzugeben.
Ich befürchtete, du könntest Fragen stellen. Und ich hatte Angst, die damit verbundene Prophezeiung könnte sich erfüllen.
Deshalb habe ich dir die Existenz des Amuletts und seine Bedeutung verschwiegen und den Schmuck statt dessen in einem Schweizer
Schließfach verborgen gehalten. Doch nach allem, was nun geschehen ist, ergibt es keinen Sinn mehr, dir deine wahre Herkunft
zu verschweigen.«
Geradezu feierlich streifte er ihr die lange Kette über das nachtschwarze Haar und richtete den goldenen Herzskarabäus auf
ihrem Dekolleté aus. »Der Schmuck ist sehr alt«, gab er seiner erstaunten Tochter zur Erklärung. »Beinahe zweitausend Jahre.
Ich habe ihn erst vor wenigen Jahren nach der Radiokarbondatierung untersuchen lassen, weil ich nicht glauben wollte, was
deine Großmutter mir einst über dieses Familienerbstück anvertraut hat. Es wurde über unzählige Generationen immer von der
Mutter an die erstgeborene Tochter weitergegeben.«
Mit der gebotenen Ehrfurcht nahm Sarah den beinahe fünf Zentimeter großen Skarabäus aus purem Gold in die Hand und drehte
ihn unter den staunenden
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