Die Gegenpäpstin
verlassen.«
Am frühen Nachmittag wurde Padrig in ein modern ausgestattetes Privatzimmer verlegt. Helle Möbel, pastellfarbene Gardinen
und bunte Picassodrucke sorgten für eine angenehme Atmosphäre. Sein Zustand war stabil, und er durfte sich sogar ein wenig
aufrichten, während Sarah es ihm mit Kissen und Decken so gemütlich wie möglich machte. Sie selbst hatte ein Bett im selben
Zimmer erhalten. Draußen vor der Tür wachte noch immer ein Beamter der italienischen Polizei.
Der Sprecher des römischen Polizeipräfekten hatte wegen der Erstürmung des Castellos und der Verhaftung Neros und seiner |439| Anhänger zu einer Pressekonferenz geladen, die im Nachmittagsprogramm eines großen Fernsehsenders ausgestrahlt wurde. Das
Presseamt des Heiligen Stuhls hatte unterdessen eine Stellungnahme zu den Vorfällen abgelehnt, mit dem Hinweis, daß es wohl
außer Frage stünde, daß man die Machenschaften eines Angelo Nero und seiner Anhänger aufs schärfste verurteilte.
Wie gebannt verfolgten Padrig und Sarah das Geschehen auf dem Bildschirm des kleinen TV-Gerätes, das man ihnen eigens zu diesem
Anlaß auf einem Tischchen ins Zimmer geschoben hatte. In einem ersten Geständnis hatten einige von Neros Jüngern offenbart,
daß ihr Orden in einer nicht allzu fernen Zukunft die Übernahme des Vatikans geplant habe, um den in einer Prophezeiung genannten
Antichristen als letzten Vertreter des Heiligen Stuhls einzusetzen, bevor eine höhere Macht die Weltherrschaft übernehmen
sollte. Im Zuge dieser absurden Vorstellung hatten einige Anhänger über Jahre hinweg junge Frauen verschleppt, um sie während
ritueller Handlungen zu mißbrauchen und umzubringen. Meist kamen diese Frauen aus ärmlichen Regionen in der Welt, wo deren
Verschwinden kaum aufgefallen war.
Der Polizeisprecher fügte mit ernster Stimme hinzu, daß aus taktischen Gründen nicht alle Ermittlungsergebnisse preisgegeben
werden könnten, da sich immer noch Mitglieder der Sekte in Freiheit aufhielten.
In Absprache mit der israelischen Botschaft hatte man darauf verzichtet, Hinweise zum Grabungsfund auf dem Jebel Tur’an vorschnell
an die Öffentlichkeit zu geben. Die Verhaftung des Sektenführers war auch ohne Hinweis auf die Entdeckung des Grabes der Maria
Magdalena schon spektakulär genug.
Morgenstern und der israelische Geheimdienst hatten in der Zwischenzeit die sterblichen Überreste der Mirjam von Taricheae
und des Jaakov von Nazareth in Sicherheit bringen lassen. Dabei hatte man auch die originalen Pergamente sicherstellen können.
|440| Am frühen Nachmittag traf Regine von Brest zusammen mit Rolf und Volker in der Klinik ein. Sarah erwartete ihre Freunde bereits
auf dem langen Flur. Einer herzlichen Umarmung folgten die Glückwünsche der drei Besucher, weil die ganze Aktion glimpflicher
abgelaufen war als zunächst befürchtet. Danach begrüßten sie Padrig in seinem Krankenzimmer. Daß Regine ihm verziehen hatte,
war an der Art zu spüren, wie sie ihm anerkennend über den Arm streichelte. Dabei sagte sie nichts, sondern übergab Sarah,
als ob nichts weiter geschehen wäre, eine Tasche mit Kleidung.
Vom Klinikanzug befreit, fühlte sich Sarah wie neu geboren, als sie sich dicht neben Padrig ans Bett setzte.
Nur Minuten später klopfte es erneut an der Tür, und Gabriel Leon, der Militärattaché, steckte seinen Kopf herein, um nach
Sarahs eindeutiger Aufforderung zusammen mit Inspektor Morgenstern den Besucherkreis zu erweitern. Nachdem die beiden Männer
alle Anwesenden begrüßt und sich vorgestellt hatten, holte Leon zu einer kleinen Ansprache aus.
»Im Namen des Staates Israel möchte ich mich zunächst bei Ihnen, Frau Doktor Rosenthal, in aller Form entschuldigen«, begann
er mit feierlicher Stimme. »Es tut uns leid, daß Sie so viele Unannehmlichkeiten über sich ergehen lassen mußten. Selbstverständlich
sind Sie aller Verdächtigungen in ihrem Heimatland enthoben, und Ihre Universität erhält die Freigabe, den Fund nunmehr zu
veröffentlichen.« Er lächelte und deutete zur Zimmertür. »Draußen steht übrigens jemand, den ich soeben vom Flughafen abgeholt
habe. Er kann erheblich mehr zur Aufklärung der ganzen Angelegenheit beitragen, als ich es vermag. Allerdings ist er unsicher,
ob Sie ihn sehen wollen, nach allem, was geschehen ist.«
Sarah hob erwartungsvoll den Kopf. »Wer soll das sein?«
Leon ging zur Tür und öffnete sie. Doktor Eli Schwartz, Chef der Israel
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