Die Gegenpäpstin
Verwandtschaftsverhältnisse
unter den vorgefundenen Skeletten über die Analysierung der DNA-Sequenzen zu bestimmen.
»Im Gegensatz zur übrigen DNA macht die Mitochondrien-DNA nur ein Prozent der menschlichen Gene aus«, erläuterte Aaron auf
Markerts Frage, woran man die Unterschiede zwischen der DNA aus der herkömmlichen Körperzelle und der aus den Mitochondrien
festmachen könne. »Sie ist erstaunlich konstant. Ihre genetischen Bestandteile vererben sich über Hunderte von Generationen
ohne nennenswerte Veränderung von der Mutter auf deren direkte Nachkommen und können nur über die nächste Generation von Töchtern
wiederum an deren Töchter weitervererbt werden. Männer besitzen unter anderem die Mitochondrien-DNA der Mutter in der Schwanzspitze
ihrer Spermien. Dabei verhalten sich die Mitochondrien an diesem Ort wie kleine Kraftwerke. Sie sorgen dafür, daß sich die
Spermien mit der ihnen eigenen Energie voranbewegen können. Aber dann fällt der |53| Schwanz ab, sobald ein Ei befruchtet worden ist. Somit erhält die Mitochondrien-DNA des Vaters keinen Zugang zum befruchteten
Ei.« Aaron lächelte. »Die Frauen waren uns schon immer eine Nase voraus. Um sicherzugehen, ob ein Kind tatsächlich von einer
Familie abstammt, sollte man stets die mütterliche Linie untersuchen. Väter sind mit ihren vererbbaren Y-Chromosomen eher
unsichere Kandidaten, zumal deren DNA sich im Laufe der Zeit rekombinieren kann, also nicht nachvollziehbare Veränderungen
aufweist, bei denen es nahezu unmöglich ist, deren Ursprung zu lokalisieren.«
»Das wußte bereits meine Großmutter«, schmunzelte Markert. »Ohne die geringste Ahnung von Genetik zu haben, sagte sie stets,
kein Mann könne vor einem Kuckucksei sicher sein.«
Bevor Aaron zu einer erweiterten Ausführung ansetzen konnte, öffnete Sarah ihren Mund gerade so weit, daß die junge Assistentin
mit dem Bürstchen ein paar Hautzellen abschaben konnte.
»Wann werdet ihr die Skelette bergen?« wollte Sarah wissen, als Markert an der Reihe war, seinen Mund für die Probe zu öffnen.
»Heute nachmittag«, erwiderte Aaron. Er blickte seiner Assistentin nach, die den Raum wieder verließ. »Hat Bergman dich noch
nicht in seine weiteren Pläne eingeweiht?«
»Nein«, sagte Sarah verärgert. »Ich hab den ganzen Morgen vergeblich versucht, ihn auf dem Mobiltelefon zu erreichen. Offenbar
will er nicht gestört werden. Dabei benötigen wir von der IAA dringend eine Grabungslizenz für den Fundort.«
»Ich habe Philippe Habimah heute morgen getroffen«, bemerkte Aaron betont arglos. »Das ganze Team ist um sechs Uhr früh aufgebrochen,
um die Arbeit fortzusetzen. Anscheinend will Bergman zunächst sämtliche Oberflächenfunde katalogisiert haben und die Skelette
abtransportieren, bevor er die IAA informiert.«
»Das kann er nicht machen«, widersprach Sarah. »Mir hat er gestern erzählt, er wolle es sich mit der IAA nicht verscherzen. |54| Die flippen aus, wenn sie erfahren, daß wir sie bei einem solchen Fund nicht unverzüglich informiert haben.«
»An deiner Stelle wäre ich schon auf dem Weg zum Jebel Tur’an.« Aaron war ins Hebräische verfallen, während Markert ahnungslos
an einem Kaffee schlürfte, den eine Sekretärin ihm gebracht hatte. »Der Alte führt dich an der Nase herum. Das, was du da
entdeckt hast, hat ohne Zweifel internationale Bedeutung, sonst würde Bergman nicht ein so großes Geheimnis darum machen.
Wenn es tatsächlich die Gebeine der Mirjam von Taricheae sind, kann unser guter Professor sich eine goldene Krone aufsetzen
– egal, ob er die IAA rechtzeitig informiert hat oder nicht.«
Nachdem Markert seinen Kaffee ausgetrunken hatte, machte sich Sarah unverzüglich auf den Weg. »Kommen Sie«, sagte sie und
gab dem deutschen Kollegen ein Zeichen, daß er ihr zum Wagen folgen sollte.
Der Grabungsort glich mittlerweile einer Festung. Die patrouillierenden Sicherheitskräfte, deren Kalaschnikow in der Morgensonne
glänzten, hatten nicht nur ein paar neugierige Jugendliche aus dem Nachbardorf angelockt. Auch die Presse hatte bereits Wind
davon bekommen, daß hier etwas Ungewöhnliches vor sich ging. Als Sarah aus ihrem Wagen stieg, wurde sie von einem Mann in
einer abgetragenen Armeejacke aufgehalten, der ihr ein Mikrofon hinhielt. Sein schmerbäuchiger Begleiter versuchte derweil
ein paar Fotos zu schießen.
»Haut endlich ab!« brüllte einer der Wachmänner und hob drohend seine
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