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Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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denen das katholische
     Priesteramt verschlossen bleibt. Sie dürfen nicht schwul sein, und Sie dürfen keine Frau sein. Was mir blieb, war die Archäologie.«
    Sarah lächelte bitter. »Meine Erfahrungen mit Bergman waren denen bei Ihrer Priesterweihe recht ähnlich. Er hat etwas gegen
     Frauen in diesem Beruf. Was er sich heute mit uns beiden geleistet hat, war ziemlich unschön. Ich hoffe, Sie denken nicht,
     daß wir Israelis von Haus aus so unfreundlich sind.«
    »Nein.« Markert schüttelte den Kopf. »Ich fand es ausgesprochen nett, daß Sie sich heute so intensiv um mich gekümmert haben.
     Ich hoffe, ich darf weiterhin Ihre Unterstützung in Anspruch nehmen?«
    »Natürlich«, sagte Sarah. »Wenn Sie wollen, können Sie mich morgen früh in die molekularbiologische Abteilung begleiten. Eigentlich
     haben wir frei. Morgen abend beginnt der Shabbat, aber Aaron muß ein paar genetische Reihenuntersuchungen an den Leuten vornehmen,
     die mit den Skeletten in Berührung gekommen sind.«

|48| 4.
62 n. Chr – Zeitwende
    Hoch über dem See Tiberias strich der Wind warm über den Hügel. In einem dunkelgrünen, golddurchwirkten Gewand stand Mirjam
     da und spähte in die Ebene. Es war der Tag vor dem Beginn des Sabbats. Ein Händler hatte sich angekündigt, auf den sie sehnsüchtig
     wartete, weil er ihr endlich die Tinte und das Pergament bringen würde, auf das sie so dringend angewiesen war. Und Seife,
     wohlriechende Seife aus Ägypten. Außerdem sollte er Ilan zurück zu seiner Mutter geleiten, die mit ihrem Mann und sechs weiteren
     Kindern unten in Taricheae wartete, nicht weit entfernt von dem kleinen Palast, in dem Mirjam vor mehr als einem halben Jahrhundert
     geboren und aufgewachsen war.
    Ilan spielte unweit der Hütte mit einem Lamm, das eigentlich morgen geopfert werden sollte, weil Jaakov dem Jungen das Augenlicht
     hatte zurückgeben können. Doch der Junge hatte den alten Mann nicht lange überreden müssen, daß der kleine Bock, der munter
     zwischen den Felsen umhersprang, am Leben bleiben durfte.
    Mirjam hatte ihn dabei unterstützt. Sie aß kein Fleisch mehr – seit sie Jeschua das erste Mal getroffen hatte.
    Wie lange war das her? So lange, daß sie sich kaum erinnern konnte, wie sie sich plötzlich vor allem geekelt hatte, dessen
     Blut nur deshalb vergossen wurde, damit es in einem Kochtopf landete. Überhaupt war ihr jegliches Blut zuwider.
    Später, viel später war in
seiner
Gegenwart immerzu von Blut geredet worden. Er selbst hatte aber nie davon gesprochen. Er hielt nichts vom Blutvergießen. Bis
     zu jenem unseligen Abend, an dem er sich von allen verabschiedet hatte, und es sein Blut war, das nun für alle vergossen werden
     sollte.
    Jaakov war hinter sie getreten. Sanft legte er seine schwieligen |49| Hände auf ihre Schultern. Er war so zärtlich, und sie hatte diese Zärtlichkeit so vermißt. Auch wenn es jemand ganz anderes
     war, der dabei aus ihrer Erinnerung auftauchte. Jaakov war
sein
Bruder.
    »Mirjam«, sagte er leise. »Komm ins Haus. Das Abendmahl wartet.«
    »Das Abendmahl«, wiederholte sie leise. Wie viele Abendmahle hatte sie begangen, seit sie auf dieses eine, letzte verzichtet
     hatte. Alles hatte nach Abschied geschrien. Wie hätte sie da noch etwas essen können? Und wenn Jeschua ihr hundertmal erklärt
     hatte, daß es nicht für immer sein würde, so war es doch für unsagbar lange. »Wenn wir uns das nächste Mal sehen, wirst du
     mich vielleicht nicht gleich erkennen«, hatte er gesagt. »Und doch werde ich es sein, der zu dir spricht.«
    Mirjam rührte sich nicht. Sie spürte, wie Jaakov, der soviel größer war als sie, ihr einen Kuß auf den Scheitel drückte. Sie
     wußte, daß er Gedanken lesen konnte, obwohl sie nie darüber gesprochen hatten. Vor ihm hatte sie sich stets in acht nehmen
     müssen. Ihm konnte sie nichts vormachen. Er erriet jedes noch so kleine Gefühl, das aus ihren bernsteinfarbenen Augen sprach.
    »Mirjam?« Jaakovs dunkle Stimme zitterte.
    Sie wandte sich langsam zu ihm um, schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Dann ließ sie sich von ihm umarmen, wie von einem
     alten Baum, der sein schützendes Geäst über eine zarte Pflanze legt. Er seufzte leise und schwieg.
    »Ich dich auch, Jaakov«, flüsterte sie und schmiegte sich an seine Brust.

|50| 5.
Januar 2007 – Schädeltrauma
    Der Name von Doktor Aaron Messkin hing auf einem Plexiglasschild neben der Tür zum molekularbiologischen Labor der Universität
     Haifa. Das Fenster zur

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