Die Gegenpäpstin
gegen eine
Tür geprallt. Weit und breit war niemand zu sehen. Sarah spürte eine Gänsehaut und hatte mit einem Mal das Gefühl, als ob
jemand hinter ihr stehen würde. Dann beugte sie sich vor und gab dem Toten einen Kuß auf die kalten Lippen. »Mach’s gut, Chico.«
Nachdem sie sich mit einem Kaffee gestärkt hatte, begab sich Sarah zusammen mit Rolf zur Polizeistation von Tel Haschomer.
Sie wollte es zumindest versuchen und ihren Verdacht vorbringen, daß jemand die Infusionsflaschen vertauscht hatte, um Aaron
zu töten.
Der Polizeibeamte zeigte sich jedoch wenig kooperativ. »Um Nachforschungen anstellen zu können«, erklärte er, »müssen wir
einen begründeten Anfangsverdacht und die Erlaubnis zur Obduktion haben. Beides haben wir aber nicht. Nur auf eine vage Vermutung
des Vaters hin, die er noch nicht einmal selbst vorgebracht |112| hat, können wir nichts veranlassen, was eine weitere Untersuchung rechtfertigt.«
Sarah schüttelte unzufrieden den Kopf. »Kann ich Ihren Chef sprechen?«
Der Beamte grinste süffisant, wurde dann aber wieder ernst. »Selbstverständlich«, entgegnete er steif. »Im übrigen sollen
Sie sich ohnehin im Büro des diensthabenden Offiziers melden. Es liegt eine Anfrage der Shin Bet über Messkins Zugehörigkeit
zu einer terroristischen Vereinigung vor.«
»Das ist doch vollkommen absurd!« rief Sarah wenig später im Büro des örtlichen Dienststellenleiters, als sie nach Aarons
Sympathien für den palästinensischen Widerstand befragt wurde. »Er war halber Syrer, ja, aber Sie wollen doch nicht ernsthaft
behaupten, daß seine Herkunft und sein Engagement in der Friedensbewegung automatisch etwas mit Terrorismus zu tun haben?«
»Sie haben sich beide in der Friedensbewegung engagiert. Unter anderem für die Freilassung einer libanesischen Kommilitonin,
die seinerzeit als eine Sympathisantin des Islamischen Jihad angesehen wurde.«
»Wie sich später herausgestellt hat, wurde sie völlig zu Unrecht beschuldigt«, widersprach Sarah erregt.
»Messkin hatte zahlreiche palästinensische Freunde.«
»Ist das schon ein Verbrechen?«
»Sie kannten diese Leute auch?«
»Zum Teil, aber wie Ihnen und Ihren Spürhunden bekannt sein dürfte, hatte ich mit Aaron Messkin seit geraumer Zeit nur noch
beruflich zu tun.«
»Frau Doktor Rosenthal«, verkündete der Beamte abschließend, »wir haben den dringenden Verdacht, daß Doktor Messkin in ein
Komplott gegen staatliche Institutionen verwickelt gewesen sein könnte, und solange wir nicht wissen, wo sich Professor Bergman
aufhält, steht jeder, der mit der Sache zu tun hatte, ebenfalls |113| unter Verdacht. Ich möchte Sie bitten, sich für weitere Befragungen bereitzuhalten.«
Rolf hatte sich entschlossen, den BMW zu fahren, weil Sarah viel zu aufgewühlt war, um sich hinter ein Steuer zu setzen. Als
kurz vor Haifa ihr Mobiltelefon klingelte, nahm sie das Gespräch nach kurzem Zögern entgegen.
»Wer ist da?« fragte sie. Plötzlich strafften sich ihre Schultern. Sie hörte, wie jemand atmete, dann sagte eine heisere Stimme:
»Ich muß dich warnen. Du hast den Fluch der Toten von Jebel Tur’an auf dich gezogen. Am besten beschäftigst du dich nicht
mehr mit dem Fund, sondern verschwindest, so schnell du kannst!«
»Yitzhak, bist du das?«
Rolf steuerte den Wagen an den Straßenrand, wo er ihn für einen Moment stoppte.
»Yitzhak«, rief Sarah erneut, doch die Stimme sagte nichts mehr. »Yitzhak, wenn du es bist, so sag doch was!« Dann hörte sie
es klicken, und die Verbindung brach ab.
»Aufgelegt«, sagte sie und blickte Rolf an.
»Wer war das?«
»Ein Mann – er klang wie Bergman, ein wenig heiser und sehr aufgeregt. Ja, ich bin fast sicher, daß es Yitzhak war.«
»Und was hat er gesagt?«
»Er wollte mich warnen, wortwörtlich sagte er, ich hätte den Fluch der Toten von Jebel Tur’an auf mich gezogen und solle verschwinden.«
»Das mußt du sofort der Polizei mitteilen«, schlug Rolf vor.
Sarah schüttelte ihre schwarzen Locken. »Die denken bestimmt, ich hätte das erfunden, um den Verdacht von Aaron wegzulenken.
Solange Bergman sich nicht bei einer offiziellen Stelle meldet, habe ich schlechte Karten.«
»Vielleicht wurde er doch entführt.«
|114| »Und warum verlangt dann niemand Lösegeld oder einen Gefangenenaustausch?«
»Vielleicht geht es gar nicht um Geld und auch nicht um politische Hintergründe. Hast du nicht neulich von einer Knochenpolizei
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