Die Gegenpäpstin
Syrerin sei. Und nun wollen sie ihm eine Zusammenarbeit mit einem arabischen Terrorkommando anhängen. Angeblich
habe er sein Wissen um den Transport an den Feind verkauft.« Beinahe ohnmächtig vor Trauer rang Elias Messkin nach Atem.
Sarah ergriff seine Hand. »Es muß sich um einen Irrtum handeln«, flüsterte sie.
»Aaron war doch überall beliebt«, klagte Elias weiter. »Er hatte etwas geschafft, was sonst nur ganz wenige schaffen, die
einer muslimisch-jüdischen Familie entstammen. Er war ein international anerkannter Wissenschaftler. Warum sollte er so etwas
tun? Warum sollte er alles zerstören, was ihm heilig war?«
»Du mußt die Polizei informieren«, stieß Sarah hervor. »Es hat jede Menge Ungereimtheiten bei dem Unfall gegeben. Professor
Bergman wurde entführt und ist bis jetzt nicht wieder aufgetaucht. Aaron hat mir gesagt, daß er noch gesehen hat, wie der
Professor ohne Zögern mit den Tätern mitgegangen ist. Bergman war es offenbar völlig gleichgültig, was mit Aaron und dem Fahrer
geschehen ist. Das ist doch Beweis genug, daß da etwas nicht stimmt.«
»Sie würden mir nicht glauben, Sarah«, erwiderte Elias und sah sie treuherzig und zugleich unendlich traurig an. »Ich habe
genug Ungerechtigkeiten erlebt, um zu wissen, wie die Welt funktioniert. Wenn ein Geheimdienst sich erst einmal auf einen
vermeintlichen Täter eingeschossen hat, wird jede Form der Verteidigung gegen ihn verwandt. Es würde das Ansehen Aarons nur
noch mehr beschädigen.«
|110| Elias hatte immer ein gutes Verhältnis zur ehemaligen Freundin seines Sohnes gehabt, selbst nachdem Sarah die Verbindung beendet
hatte; ganz im Gegensatz zu seiner Frau, die Sarah von Beginn an nicht gemocht hatte.
»Und was wäre, wenn er tatsächlich die falsche Medizin bekommen hat?« gab Sarah zu bedenken. »Man müßte es nur beweisen.«
»Sie wollten ihn obduzieren«, fuhr er verzweifelt fort. »Aber Yeminah möchte das nicht. Sie sagt, es sei eine Sünde, daß er
an toten Menschen herumgedoktert habe, aber er soll diese Sünde nicht sühnen, indem ihm das gleiche widerfährt.«
»Aber wenn es tatsächlich Mord war, Elias?« Sarah sah ihn eindringlich an. »Vielleicht sind sie auch hinter mir her. Was ist,
wenn alle, die mit dieser Grabung betraut waren, sterben müssen?«
»Dann solltest du schnellstens das Land verlassen«, entgegnete Elias in seiner ihm eigenen Logik, die immer noch stark von
südamerikanischen Traditionen durchdrungen war, in denen man lieber die Flucht ergriff, anstatt sich mit undurchsichtigen
Kartellen anzulegen. »Was würde es helfen, wenn man herausfindet, daß Aaron ermordet wurde? Vielleicht würden sie sagen, es
seien seine eigenen Leute gewesen, die keine Mitwisser duldeten.«
»Darf ich ihn noch einmal sehen?« fragte Sarah. Sie gab es auf, Elias von einer Aussage bei der Polizei überzeugen zu wollen.
Er würde nichts gegen den Willen seiner Frau unternehmen.
»Natürlich, meine Kleine«, sagte er sanft und strich ihr über die Wange. »Ich werde mit der Ärztin sprechen. Ich würde mich
freuen, dich morgen auf Aarons Beerdigung zu sehen. Yeminah hat es nicht so gemeint. Du weißt doch, er ist ihr ein und alles.
Sie hat dir nie verziehen, daß du ihn nicht heiraten wolltest. Nach dir hat er sich nicht mehr ernsthaft für eine andere Frau
interessiert. Er hatte jede Menge Weibergeschichten, ja, aber es war nicht dasselbe.« Der alte Mann seufzte, und nun füllten
sich seine Augen mit Tränen.
|111| Sarah fiel ihm unvermittelt um den Hals. Er war viel kleiner als Aaron, und als er ihr unbeholfen den Rücken tätschelte, begann
sie hemmungslos zu weinen.
Die Ärztin, die Sarah wenig später in den Leichenkeller führte, bot ihr ein Beruhigungsmittel an, das sie jedoch ausschlug.
»Kann ich einen Augenblick mit ihm alleine sein«, sagte sie, als der Leichnam Aarons aus einer der Kühlkammern geschoben wurde.
»Selbstverständlich, wenn es nicht zu lange dauert«, erwiderte die Ärztin. »Wir haben leider viel zu tun.«
Einen Moment lang starrte Sarah wie gelähmt auf Aarons bleiches Gesicht. »Aaron, verdammt«, stammelte sie und ließ ihren Tränen
freien Lauf. »Warum habe ich die Nacht nicht bei dir im Krankenhaus verbracht? Verdammte Scheiße.« Sie schluchzte, während
ihre Finger zärtlich über seine schwarzen Locken strichen.
Ein lautes Scheppern ließ sie dann zusammenfahren. Hinter ihr hatte sich ein Rollwagen selbständig gemacht und war
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