Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Gegenpäpstin

Titel: Die Gegenpäpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
war drauf und dran, entrüstet aufzuspringen, hätte ihm der Erzbischof nicht beruhigend
     die Hand auf den Arm gelegt.
    |169| »Über jeden, der unserem Hause beitreten soll, wird zuvor ein Dossier angefertigt«, verkündete Lucera kalt. »Denken Sie ernsthaft,
     man ließe Sie ohne eine Sicherheitsüberprüfung für den Heiligen Stuhl arbeiten?« Er sah Padrig aus zusammengekniffenen Augen
     an. »Es gibt kaum etwas, das ich über Sie nicht weiß. Um nur ein Beispiel zu nennen: Sie haben sich in Ihrer dunklen Vergangenheit
     als Kickboxer in der Belfaster Unterwelt ein Zubrot verdient. Ein Grund mehr, warum Sie der richtige Mann für diese anspruchsvolle
     Aufgabe sind. Sie haben einen charmanten Akzent, gute Manieren und sind nach wie vor ein äußerst sportlicher Typ. Frauen lieben
     so etwas. Mit diesen Vorzügen werden Sie die Ordenschefin auf sich aufmerksam machen und es darauf anlegen, mit ihr eine Liaison
     zu beginnen, um herauszufinden, was die Damen vorhaben. Daß Sie es in dieser Zeit mit der Keuschheit nicht so genau nehmen
     müssen, versteht sich wohl von selbst. Im übrigen werden Sie bei dieser Sache ganz auf sich allein gestellt sein, und für
     den Fall, daß Sie scheitern sollten, erwarten Sie nicht, daß wir in dieser Angelegenheit Stellung beziehen.«
    Padrig lächelte freudlos. »Bei allem Respekt, Exzellenz, ich habe ein Gelübde abgelegt. Ich bin in jedem Fall der falsche
     Mann für diese Geschichte.«
    Erzbischof Mendez räusperte sich verhalten. Es war offensichtlich, daß er sich nicht wohl fühlte in seiner Haut. »Hat man
     nicht auch einen anderen Kandidaten für diese Mission in Erwägung gezogen?« fragte er zaghaft und um Ausgleich bemüht.
    »Nein«, erklärte Kardinal Lucera fest. »Es gibt keinen anderen Kandidaten.« Dann nahm er Padrig wieder ins Visier. »Ich kann
     Ihnen nur raten, sich Ihrer neuen Aufgabe nicht zu verweigern. Das Wohlergehen Ihres Ordens hängt auch von meinem Wohlwollen
     ab. Außerdem sind Sie unserer Kirche noch etwas schuldig. Oder glauben Sie wirklich, es ist selbstverständlich, wenn ein Orden
     die Ausbildung eines Terroristen noch während dessen |170| langjähriger Inhaftierung mit Unsummen fördert, nur um ihn nach der Entlassung als Priester aufnehmen zu können?«
    Padrig mußte unwillkürlich schlucken. Jeder Mensch hat eine schwache Stelle, wo er besonders verwundbar ist, hatte sein Vater
     immer gesagt. Und diese Stelle hatte der Kardinal soeben bei ihm bloßgelegt.
    »Also, verehrter Pater«, erklärte Kardinal Lucera gnadenlos. »Übermorgen reisen Sie nach Deutschland.« Ohne weiteren Kommentar
     überreichte er ihm einen nagelneuen irischen Reisepass, ausgestellt auf den Namen Padrig Lacroix.

|171| 18.
62 n. Chr. – die Apostelin
    Am nächsten Morgen war Mirjam die erste, die das Licht der Sonne erblickte. Jaakov lag nicht weit entfernt auf einem Strohlager
     und schlief selig, wie ein Mann, der mit sich und seinem Leben im reinen war.
    Mirjam erhob sich leise. Es ging ihr ein wenig besser. Der Tee hatte über Nacht seine Wirkung entfaltet. Draußen vor der Tür
     füllte sie ihre Brust mit der klaren, frischen Luft und belohnte ihre Augen mit einem Blick auf den glitzernden See. Nicht
     weit entfernt lag das Haus ihrer Eltern. Sie hatte es verkauft, kurz vor ihrer Flucht nach Jeschuas Tod, und nun waren die
     Mauern verfallen und von Ranken und Sträuchern überwachsen, weil die neuen Besitzer auch verstorben waren. Keinem seiner Bewohner
     hatte das Haus Glück gebracht.
    Mirjams Vater war ein reicher, hellenistischer Kaufmann gewesen. In Taricheae hatte er ihre schöne, zurückhaltende Mutter
     kennengelernt, deren Familie einem alten Priestergeschlecht entstammte. Mirjams Vater trat noch vor der Hochzeit zum jüdischen
     Glauben über, nicht nur, um der Familie ihrer Mutter zu gefallen, sondern auch, um von den Kaufleuten akzeptiert zu werden,
     mit denen er Geschäfte machen wollte.
    Von ihrer Mutter hatte Mirjam die Schönheit geerbt. In ihrem Wesen jedoch glich sie eher ihrer Großmutter väterlicherseits,
     die ihrem Sohn nach Judäa gefolgt war. Heimlich betete die alte Frau zu Astarte, einer griechischen Fruchtbarkeitsgöttin,
     die den Juden zwar bekannt war, deren Verehrung jedoch nach Meinung der Strenggläubigen gegen das erste Gebot der Bibel verstieß.
     Doch weder die Liebe noch der Zorn des Vaters hatten geholfen, die Großmutter von ihrem Glauben abzubringen. Eines Tages war
     die Großmutter an einer unbekannten

Weitere Kostenlose Bücher