Die Gegenpäpstin
Geborgenheit. Aaron war einer von diesen Männern gewesen, und bei Padrig erging es ihr ähnlich, obwohl die beiden unterschiedlicher
nicht hätten sein können. Padrig wirkte viel seriöser, zuverlässiger und vor allem zurückhaltender.
Erstaunt war Sarah jedoch, als Padrig die Tür zu seinem Domizil aufschloß. Überall gediegener Luxus, der zwar einen erlesenen
Geschmack erkennen ließ, aber oberflächlicher nicht hätte sein können. Erst recht, als er sie in ihr Gästezimmer begleitete,
war die Enttäuschung komplett. Ein riesiges Wasserbett mit einem echten Leopardenfellüberzug. Am liebsten hätte sie ihn gefragt,
wie viele Frauen er hier schon verführt hatte.
Ein ungutes Gefühl beschlich sie. Was wäre, wenn Regine und sie Padrig vollkommen falsch eingeschätzt hatten? Offenbar ging
es ihm finanziell nicht schlecht. Personaltrainer. Bodyguard. Schöne Frauen. Möglichweise verdingte er sich als Callboy bei
einem Escortservice, wenn die Zeiten schlecht und die Damen einsam waren.
»Ich habe die Wohnung möbliert gemietet«, sagte er, als hätte er ihre Gedanken erraten. »Ich bin noch nicht lange in Köln
und konnte mich nicht richtig einrichten.« Er lächelte sie entschuldigend an, und sie beobachtete ihn, wie er seine Jacke
abstreifte und sie auf einem Bügel an den Garderobenständer hängte.
Seine breiten Schultern ließen ihn ziemlich beeindruckend erscheinen. Daß er im Ernstfall jegliche Hemmschwelle überwand,
wenn es darum ging, sich zu verteidigen, hatte er bereits unter Beweis gestellt. Aber wer konnte es wissen? Vielleicht war
er trotz seiner sympathischen Art ein Schlägertyp. In jedem Fall hatte seine ansonsten aristokratische Nase irgendwann einmal
einen Schlag abbekommen und war später offenbar nicht ganz gerade verheilt.
»Ich hoffe, das Zimmer gefällt dir trotzdem.« Er wandte sich um und sah sie fragend an. Da war wieder dieser gutmütige Blick,
der ihr Herz schneller schlagen ließ.
|232| »Kein Problem«, sagte sie, »für eine Nacht wird es schon gehen.«
»Du kannst ruhig länger bleiben.« Seine klaren blauen Augen und sein Lächeln wirkten absolut aufrichtig.
Warum eigentlich nicht? schoß es ihr durch den Kopf, als er schließlich an ihr vorbeiging, zurück in den langgezogenen Flur.
»Das Bad ist am Ende des Gangs«, rief er ihr zu. »Ich schlafe im zweiten Gästezimmer. Es ist etwas kleiner und liegt direkt
neben der Toilette. Falls du etwas brauchst.«
Wie meinte er das? Sein Blick kam ihr merkwürdig vor, und sie folgte ihm in die Küche, wie von einem Magneten angezogen.
Er öffnete den Kühlschrank, und für einen Moment schien es ihr, als ob ihn der Inhalt überraschte. »Was haben wir denn da?«
sagte er. »Möchtest du eine Pizza?«
»Ehrlich gesagt, habe ich kaum Appetit, nach allem, was heute abend passiert ist.«
»Oh«, er schaute schuldbewußt auf. »Tut mir leid. Möchtest du wenigstens etwas trinken? Ich habe da einen hervorragenden Rotwein
entdeckt.«
Entdeckt?
Offenbar wußte er wirklich nicht, was er alles so bei sich zu Hause hatte.
»Ich habe jemanden, der sich um die Wohnung kümmert und alles einkauft, deshalb weiß ich nicht, was gerade vorrätig ist.«
Der Kerl konnte tatsächlich Gedanken lesen! Sie mußte vorsichtig sein. »Ein Glas Rotwein und ein Glas Wasser wären nett«,
sagte sie.
Er entkorkte eine Flasche Rotwein. Die Suche nach Gläsern dauerte beinahe fünf Minuten, dann erst wurde er fündig. Eine Flasche
Mineralwasser und ein Glas standen bereits auf dem Tisch, als er sie mit einem entschuldigenden Lächeln aufforderte, ihm ins
Wohnzimmer zu folgen. Er setzte die Weingläser behutsam auf einer Glasplatte ab und wandte sich einem offenen Kamin zu, wobei
er in die Hocke ging und Holz auflegte. Mit einem |233| automatischen Anzünder, etwas Reisig und zerknülltem Papier, das er in einem Beistellkorb fand, entfachte er rasch ein Feuer.
Im Nu wurde es warm und heimelig. Sarah versank in der weißen Couchgarnitur, und Padrig reichte ihr fürsorglich eine braune
Wolldecke, die auf einem Sessel lag. Wie selbstverständlich setzte er sich neben sie, füllte die Gläser mit Wein und zündete
eine Kerze an, die ebenfalls auf dem Tisch stand. Dann lehnte er sich zurück, das Glas in der Hand, und schloß für einen Moment
die Augen. Als er sie wieder öffnete, fühlte sich Sarah von neuem dabei ertappt, wie sie ihn beobachtete.
»
Sláinte mhath
, Miss Sarah«, sagte er lächelnd und erhob
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