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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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der toten Margaretha vergleichen«, sagte Cranach. »Stück für Stück. Vielleicht finden sich ja gemeinsame Anhaltspunkte. Der Kur prinz jedenfalls will alles darüber wissen. Und Sibylle von Sach sen wird es auch wollen – wenn sie erst einmal aufgehört hat zu weinen.«
    »Die eine wurde halb im Wasser gefunden«, murmelte Jan. »Die andere halb unter der Erde …«
    Diesen leblosen Körper zu zeichnen, der noch vor Kur zem in seinen Armen gebebt und gestöhnt hatte, war mehr als unheimlich. Lebend hatte Dilgin ihn immer wieder angezogen und gleichzeitig abgestoßen. Jetzt, wo sie tot war, verstärkte sich dieses Gefühl.
    Und dennoch gelang ihm schließlich ein Resultat, das ebenso Dilgins frühere Schönheit zeigte wie die Verletzungen, die ihr zugefügt worden waren.
    »Ich denke, ich bin so weit«, sagte Jan. »Ihr könnt sie wieder bedecken.«
    »Gerade zur rechten Zeit«, sagte Cranach, als die Tür aufgestoßen wurde. »Die Herren Professoren sind da.«
    Jetzt konnte Jan zum ersten Mal das anschauen, was neben der Bahre stand: Die Kiste maß nicht einmal drei Ellen in der Länge und zwei in der Höhe. Der Boden war vom feuchten Erdreich durchnässt, in die breiten Ritzen hatte jemand nachlässig Werg gestopft.
    »Das mag ihr Leiden verlängert haben.«
    Anatom Winsheim, der allen vorangeeilt war, deutete erst auf die Kiste, dann auf die Leiche, die nun wieder ein wei ßes Tuch von Kopf bis Fuß verhüllte. Nur für einen kurzen Moment hatte er den Versammelten einen Blick auf Dilgins bleiches Antlitz gegönnt. Einen Moment freilich, der tiefe Betroffenheit auf den so verschiedenartigen Männergesichtern hervorrief.
    »Denn so kam etwas Luft in die Kiste«, fuhr er fort. »Eine Zeitlang war es ihr also wohl noch möglich zu atmen, wenngleich unter eingeschränkten Bedingungen. Ich behaupte mit Fug und Recht: Dilgin von Thann hat noch gelebt, als man sie in diese Kiste zwang.«
    Im Anatomiesaal der Leucorea wurde es unglaublich still.
    »Wie kommt Ihr darauf, Collega?«, flüsterte Melanchthon schließlich. »Eine lebendig begrabene Tote – welch ein Albtraum!«
    Winsheim schob das Leichentuch an beiden Seiten ein klei nes Stück zurück.
    »Seht Ihr das?«, fragte er. »Die abgebrochenen Nägel? Und auf den Knöcheln befindet sich kaum noch Fleisch.« Er deutete auf die Kiste. »Im Deckelinneren dieses … Sarges finden sich dazu die jeweils passenden Spuren. Die Arme waren erhoben, so gut es in der Enge eben ging. Sie muss geklopft, gekratzt und gescharrt haben und hat offenbar mit aller Macht versucht, sich aus dem tödlichen Gefängnis zu befreien – vergeblich.«
    Jan, ein wenig abseits, hielt die Köpfe der Versammelten, die um die Bahre standen, in seinem Skizzenbuch fest, doch er tat es unauffällig, damit keiner der Professoren sich daran störte.
    »Gibt es weitere Verletzungen?«, fragte Hunzinger.
    »Blutergüsse an den verschiedensten Körperpartien – und das reichlich. Sie wurde offenbar geschlagen und mehrmals ge stoßen. Am linken Oberschenkel befindet sich zudem eine längliche Brandwunde. Und man hat ihr auf der rechten Seite eine Locke abgesäbelt. An all den Verletzungen ist sie jedoch nicht gestorben.« Winsheim bedeckte die Leiche erneut. »Nein, sie muss erstickt sein – qualvoll erstickt.«
    »Erstickt?«, murmelte Block. »Eine grauenhafte Vorstellung! War diese Kiste denn schon ganz unter der Erde?«
    »Dazu ist es offenbar nicht mehr gekommen«, sagte Winsheim. »Nur ein Teil steckte im Erdreich, der andere ragte noch heraus. So haben die Bauern sie gefunden. Als wäre der Täter gestört worden. Oder er wollte später noch einmal zurückkehren, um sein grausiges Werk zu vollenden.«
    »Auf ganz ähnliche Weise wurden in früheren Zeiten Ehebrecherinnen hingerichtet«, murmelte Theologe Schöneberg. »In alten Dokumenten habe ich mehrmals darüber gelesen. Frauen, die ihren Mann zum Hahnrei gemacht haben. Auch Kindsmörderinnen drohte häufig dieses Schicksal. Doch diese Frau, so edel und schön …« Seine Stimme erstarb. »Eine junge Braut. Bald schon wollte sie Hochzeit feiern.«
    »Zum Glück leben wir heute in anderen Zeiten«, ließ Pis tor sich vernehmen. »Jetzt herrschen Vernunft und Gerech tigkeit.«
    Luther schickte ihm einen skeptischen Blick.
    »Ich wünschte von ganzem Herzen, dem wäre so«, sagte er. »Doch leider kann davon keine Rede sein. In weiten Teilen des Reichs regiert noch immer dunkelster Aberglaube. Und auch bei uns haben wir, wie Ihr seht, mit den

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