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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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vorbeigegangen.«
    »Du kennst mich?«, fragte er.
    »Das tut doch jedes Kind in Wittenberg«, erwiderte sie. »Die ganze Stadt ist stolz auf Euch.«
    Der Trupp kam wieder die Treppe heraufgestapft.
    »Unten ist nichts«, sagte Altenstein. »Nur Unrat, Ratten und halbleere Weinfässer. Die Zimmer im Erdgeschoss haben wir bereits gefilzt. Machen wir also oben weiter!«
    Die Männer polterten ihm nach. Griet wies die Frauen an, in ihren Kammern zu verschwinden, und folgte ihnen.
    Mitten auf der Treppe drohte der Schwindel sie zu überwältigen. Ihre Stirn glühte. Alles vor ihren Augen verschwamm, aber sie zwang sich, langsam weiterzugehen.
    »Das hier sind eure elenden Hurennester?«, knurrte Altenstein, während er mit seinen Männern durch die kleinen Räu men fegte. »In solch einem Dreck und Mief könnte ich es keine Stunde aushalten!«
    Was deinesgleichen bislang noch nie gestört hat, dachte Griet und bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen. Manch einer bezahlt sogar extra für strenge Gerüche.
    »Was ist dort oben?« Altenstein starrte hinauf zum Dach.
    »Die Kammer des Patron.« Griet schluckte.
    »Wer soll das sein?«, fragte Altenstein gereizt.
    »Der Besitzer dieses Hauses«, sagte sie, während er schon halb die Treppe hoch war. »Er ist allerdings nur sehr selten hier.«
    Oben angekommen, rüttelte Altenstein an der Tür.
    »Schließ auf!«, forderte er Griet auf. »Und beeil dich gefälligst – wir müssen weiter!«
    »Ich habe leider keinen Schlüssel.« Die Lüge ging einfach und glatt über ihre Lippen.
    »Und das sagst du erst jetzt?«, fuhr er sie an. »Aber es hilft ja nichts. Männer – da müssen wir hinein!«
    Den Äxten der Gardisten hielt das alte Holz nicht lange stand. Ein paar kräftige Schläge, und die Tür sprang auf und baumelte halb geborsten in den Angeln.
    Altenstein betrat die Kammer. Cranach folgte ihm, blieb aber schon nach ein paar Schritten stehen.
    »Leer«, rief der Edle von Altenstein. »Bis auf diesen jämmerlichen Hocker.« Er versetzte ihm einen wütenden Tritt, der ihn in die nächste Ecke fegte. »Irgendwo muss sie doch sein!«
    »Habt Ihr das hier gesehen?« Cranach deutete auf die rie sigen rötlichen Buchstaben, mit denen die Wände entstellt waren. »Das sieht ja aus wie Blut.«
    Er ging näher, strich mit dem Finger darüber, beugte sich vor und schnüffelte.
    »Das ist eindeutig Blut! M und D – durchgestrichen. Und zweimal K. Was hat das alles zu bedeuten?«
    »Woher soll ich das wissen?«, knurrte Altenstein. »Ich sehe nur eines, das zählt: Dilgin ist nicht hier.« Er stieß einen kurzen Pfiff aus. Die Gardisten formierten sich. »Abzug, Männer! Noch so viel liegt vor uns, bevor es dunkel wird. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Cranach packte Griet am Handgelenk und hinderte sie daran, den anderen zu folgen.
    »Halt, nicht ganz so hastig!«, sagte er. »Kannst du dir darauf einen Reim machen?« Er schüttelte sich. »Es sieht so – unheimlich aus!«
    »Das tut es. Und das ist es auch«, sagte Griet.
    Cranach musterte sie eindringlich.
    »Du weißt doch mehr«, sagte er. »Dann rede!«
    »Fragt Herrn Luther.« Griet lehnte sich Halt suchend an die einzige Wand, die kein blutiger Buchstabe verunzierte. »Alles, was ich weiß, habe ich heute zu ihm ins Schwarze Kloster getragen.«
    Plötzlich lauschten sie beide nach unten, denn eine Frauen stimme hatte zu schreien begonnen, in einem schrillen, un natürlich hohen Ton, den man kaum ertragen konnte.
    »Isa!«, rief Griet streng. »Was ist denn auf einmal in dich gefahren? Beruhige dich! Du schreist uns ja noch die ganze Stadt zu sammen!«
    Doch Isa schien sie gar nicht zu hören.
    »Eine nackte tote Frau«, winselte sie. »Begraben in einer Holz kiste. Das hat der Bote soeben gesagt, kaum waren die Soldaten weg. Erst die Leiche an der Elbe – und jetzt das! Wisst ihr denn nicht, was das bedeutet? Der Teufel geht um in Wittenberg. Und schon bald wird er uns alle holen.«
    *
    So bleich, so stumm, so nackt – so tot.
    Das sollte Dilgin sein, die freche Quellnymphe, die ihn gelockt und genarrt hatte?
    Ihm blieben nur wenige Augenblicke, das wusste Jan – und doch musste auf der Zeichnung alles so genau wie möglich sein.
    Ob Cranach wusste, was er da von ihm verlangte?
    Wenn ja, so ließ er es sich nicht anmerken.
    Ruhelos lief der Meister im Anatomiesaal auf und ab und warf immer wieder einen prüfenden Blick auf Jan, der in seine Skizzen vertieft war.
    »Wir werden das Resultat mit den Zeichnungen

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