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Die geheime Braut

Die geheime Braut

Titel: Die geheime Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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allen Grund gehabt, um gründlich zuzusperren.«
    »Das hat er ja auch getan, aber es gibt noch einen zweiten Schlüssel«, gestand Griet. »Den habe ich schon vor längerer Zeit zufällig gefunden und heimlich an mich genommen. Dann hörte ich in meinen Fieberträumen auf einmal Marleins Hilferufe und bin nach oben gelaufen, um sie zu befreien.«
    »Wir müssen sie aufnehmen, Martin«, sagte Muhme Lene bewegt. »Siehst du das denn nicht? Sie ist blutjung und in größter Not, welchem Gewerbe auch immer sie nachgehen mag. Der gütige Gott liebt alle seine Kinder. Besonders jene, die gestrauchelt sind und sich voller Vertrauen an ihn wenden. Gib ihr Obdach – zumindest bis der Unhold gefangen ist!«
    »Nenn mir seinen Namen!«, verlangte Luther von Griet. »Der Rat muss Bescheid bekommen. Und natürlich Cranach und von Altenstein, die mit den Gardisten des Kurprinzen gerade die Wittenberger Häuser durchkämmen.«
    »Aber den weiß ich doch nicht.« Griet schüttelte den Kopf. »Ich hab ihn stets nur mit Patron anreden dürfen. So und nicht anders hat er es verlangt. Ich weiß lediglich, dass das Haus am Elstertor ihm gehört. Das hat er einmal ganz zu Anfang gesagt.«
    »Ein Mann ohne Gesicht und Namen?«, sagte Luther. »Er hat immerhin ein Haus in unserer Stadt erworben. So etwas geht doch nicht ohne Spuren!«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Was in den Büchern steht, weiß ich nicht. Wohnen muss er jedenfalls anderswo, denn bei uns im Frauenhaus hat er noch nie übernachtet. Und zum Abholen der Wochenerträge kommt er immer erst so spät, dass die Frauen längst schlafen. Außer Marlein hat keine andere ihn jemals gesehen …« Ein Hustenanfall schüttelte sie. »Er darf sie nicht finden. Das wäre ihr sicheres Ende!«
    »Ich stecke sie in eine der alten Zellen, ganz oben am Ende des Flurs«, sagte Muhme Lene, die immer munterer zu werden schien. »Da ist sie so gut wie unsichtbar. Unsere Mägde stammen aus dem Kloster und wissen zu schweigen. Und die Studenten sind ohnehin bald ausgeflogen. Von uns wird also niemand etwas erfahren.«
    Sie streckte ihre Hand aus und berührte Griets Schulter.
    »Aber was ist mit dir?«, sagte sie. »Willst du denn nicht lieber auch hier unterschlupfen? Du bist krank, und er könnte versuchen, sich an dir zu rächen.«
    Griets Augen schimmerten plötzlich verdächtig, während Luther wie versteinert wirkte.
    »Ich danke Euch, aber ich gehe auf jeden Fall wieder zurück«, sagte sie bewegt. »Die anderen Frauen brauchen mich doch. Was sollten sie ohne mich schon anfangen?« Sie warf ihren Zopf zurück und wischte sich mit dem Ärmel die schweißnasse Stirn trocken. Dann sah sie Luther eindring lich an.
    »Eine Bitte hätte ich doch noch: Könntet Ihr die Gardisten so schnell wie möglich ins Haus am Elstertor schicken, Herr Luther?«, bat sie. »Würdet Ihr das für Marlein tun?«
    *
    Eine seltsame Stimmung herrschte im Luther-Haus, als Susanna und Bini mit der Wäsche zurückkehrten, um sie im Garten auf die Leine zu hängen. Muhme Lene hatte rote Fle cken im Gesicht, wie stets, wenn etwas sie aufregte oder quälte, Hansi quengelte, und Katharina wirkte so abwesend, als wären ihre Gedanken noch immer bei Barbara Cranach, die sie wegen neuer Heilkräuter für die kleine Elisabeth aufgesucht hatte. Matt und blass lag die Kleine in ihrer Wiege und wimmerte leise vor sich hin.
    »Wie soll ich nur Barbels neuen Tee in sie hineinbekommen?«, fragte sie hilflos. »Sie dreht den Kopf weg, sobald sie ihn nur riecht.«
    »Gib reichlich Honig dazu«, riet die Muhme. »Und du, Susanna, nimm deine Laute und spiel!«
    Susanna setzte sich neben die Kleine, bis diese ein paar Schlucke getrunken hatte. Zuerst fielen ihr nur geistliche Weisen ein, dann aber wurde ihr Spiel freier und muti ger. Waren es schließlich nicht sogar die übermütigen Tanzweisen, die bei Hochzeiten üblich waren, die sie anschlug? Ein ganzer Reigen an Melodien schien aus ihr herauszufließen.
    Irgendwann hielt sie inne und schaute in die Wiege.
    »Ich würde ja gerne auch für dich singen, kleiner Schatz«, sagte sie. »Aber ich kann es nicht mehr.«
    Elisabeth lag da mit offenen Augen, wach und entspannt. Als Susanna zart ihre Wange streichelte, begann sie zu lä cheln.
    »Leben sollst du, kleines Mädchen!«, flüsterte Susanna, bevor sie ihren vorigen Platz wieder einnahm. »Bitte lebe – für uns alle!«
    Sie war so vertieft in den Anblick des kleinen Gesichts, dass sie erst aufschaute, als jemand hinter ihr

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